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Die Konstrukteure haben die Historien bereist, sagte er. Sie — und wir — sind den Pfaden der Imaginären Zeit gefolgt, Nebenstrecken, die über die Oberfläche des Multiplizitäten-Globus verlaufen, bis wir in dieser neuen Historie angekommen sind…

Jetzt driftete die Wolke aus Konstrukteuren — es mußten wohl Millionen sein — wie Fragmente eines Silvesterfeuerwerks auseinander. Es war, als ob sie versuchten, das jungfräuliche Vakuum mit dem Licht und Bewußtsein anzufüllen, das wir aus einem anderen Kosmos importiert hatten. Und während sich das neue Universum entwickelte, wich das Nachglühen der Genesis einer tiefen Dunkelheit.

Es war das Endergebnis — die logische Folge — meiner Manipulationen an den Eigenschaften des Lichts und infolgedessen der Verzerrung des Raum-Zeit-Gefüges. Das alles, realisierte ich, sogar der Kollaps des Universums und diese große Wanderung quer durch die Historien — das alles hatte sich unausweichlich aus meinen Experimenten ergeben, aus meiner ersten, winzigen Maschine aus Messing und Quarz…

Es hatte dazu geführt: zu einem Transfer von Bewußtsein zwischen den Universen.

Aber wo sind wir jetzt herausgekommen? Welche Geschichte ist das? Ist sie wie die unsere?

Nein, meinte Nebogipfel. Nein, ich glaube nicht, daß sie wie die unsere ist.

Werden wir hier existieren können?

Ich weiß es nicht… diese Historie ist nicht für uns ausgelegt.

Die Konstrukteure hatten, sagte er, ein Universum ausgewählt — aus all den unendlichen Möglichkeiten, aus denen sich die Multiplizität zusammensetzt — ein Universum, das für sie optimale Bedingungen bot.

Ja. Aber welche Bedeutung kann ›optimal‹ wohl für einen Konstrukteur haben? Ich beschwor vage Vorstellungen vom Himmel herauf — von Frieden, Sicherheit, Schönheit, Licht — aber ich wußte auch, daß diese Bilder hoffnungslos anthropomorph waren.

Jetzt sah ich, daß ein neues Licht in der uns einhüllenden Finsternis erschien. Zuerst dachte ich, daß es das neuerliche Glühen des Feuerballs am Anfang der Zeit war — aber es war zu sanft, zu konstant; es war eher wie — Sternenlicht…

Nebogipfel sagte: Unter all den Myriaden Möglichkeiten haben sich die Konstrukteure dieses Universum ausgesucht — dieses eine — das unendlich im Raum und ewig in der Zeit ist: wo diese Grenze am Beginn der Zeit in die unendliche Vergangenheit verlegt worden ist.

Ein unendliches Universum!

Man könnte durch die rauchigen Wolken Londons zu den Sternen sehen, von denen die Kathedralenkuppel des Himmels markiert wird; es ist alles so riesig, so konstant, daß man sich leicht einen unendlichen Kosmos vorstellen kann, der schon ewig besteht.

Aber das kann nicht sein. Man muß sich nämlich nur eine ganz banale Frage stellen: Warum ist der Himmel nachts dunkel? Und die Antwort liegt auf der Hand.

In einem unendlichen Universum, dessen Sterne und Galaxien über eine endlose Leere verteilt wären, müßte, in welche Richtung man auch immer schaut, ein von einem Stern kommender Lichtstrahl das Auge treffen. Der Nachthimmel würde genauso hell strahlen wie die Sonne…

Die Konstrukteure sind keine Menschen, sagte der Morlock. Aber sie sind die Erben der Menschheit. Und die Kühnheit ihrer Leistung ist erstaunlich.

Wir sind bis jenseits der Nukleation gereist, zu den Grenzen von Raum und Zeit selbst. Und affengleiche Finger haben nach der Singularität gegriffen, die sich dort befindet — und haben sie zurückgestoßen!

Jetzt eruptierte das Sternenlicht in der mich umgebenden Dunkelheit; die Sterne wurden überall gezündet; und bald loderte der Himmel so strahlend wie die Sonne.

Die Finale Vision

Meine Eindrücke waren von diamantener Härte: es gab keine durch Weichzeichnung verwaschene Atmosphäre, nichts außer dieser gleißenden Helligkeit mit Myriaden deutlicher Punkte und Lichtflecken. Hier und da glaubte ich Muster und Unterscheidungsmerkmale ausmachen zu können — Konstellationen von helleren Sternen vor dem allgemeinen Hintergrund — aber der ganze Effekt war so blendend, daß ich ein Muster, das ich glaubte wahrgenommen zu haben, kein zweitesmal ausfindig machen konnte.

Meine begleitenden Funken aus Plattnerit-Licht — die Konstrukteure, und Nebogipfel mitten unter ihnen — drifteten aus ihren Positionen oberhalb und unterhalb von mir ab, wie grünlich glühende Fragmente eines Traums. Ich war isoliert, aber ich empfand weder Angst noch Unbehagen. Das Rucken, das ich in dem Augenblick der Nonlinearität gespürt hatte, war wieder verschwunden und ließ mich ohne jedes Gefühl für Raum und Zeit zurück…

Aber dann — nach einem Intervall, das ich nicht messen konnte — registrierte ich, daß ich nicht mehr allein war.

Die Form vor mir verdichtete sich vor dem Sternenlicht, als ob ein Dia einer Laterna Magica vor mir hochgehalten würde. Es begann als bloßer Schatten vor diesem universalen Leuchten — anfangs wußte ich nicht, ob da überhaupt etwas war, abgesehen von den Projektionen meiner eigenen verzweifelten Vorstellung — aber dann gewann es den Eindruck von Solidität.

Es war eine Kugel, offensichtlich aus Fleisch, die genauso frei wie ich im Raum hing. Ich schätzte, daß sie vielleicht acht oder zehn Fuß von mir entfernt war (wo auch immer und was auch immer ich war) und einen Durchmesser von etwa vier Fuß hatte. An ihrer Unterseite baumelten Tentakel herab. Ich hörte einen leisen, undeutlichen Laut. Da war ein fleischiger Schnabel ohne Anzeichen von Nasenlöchern und zwei große Augenlider, die nun wie Jalousien hochgezogen wurden und Augen freigaben — menschliche Augen! — die mich musterten.

Nun schwebte das Ding näher auf mich zu. Er streckte seine Tentakel aus, und ich sah, daß diese Extremitäten über Gelenke verfügten und in zwei Bündel gegliedert waren, die wie verkrümmte, überlange Hände aussahen. Die Tentakel waren keine weichen und knochenlosen Anhängsel wie bei einem Tintenfisch, sondern wiesen einige Gelenke auf und schienen in Nägeln oder Hufen auszulaufen — aber eigentlich wirkten sie eher wie Finger.

Natürlich erkannte ich ihn; er war eines der Wesen, die ich Beobachter getauft hatte — diese rätselhaften Visionen, die mich auf meinen Reisen durch die Zeit besucht hatten.

Jetzt hatte es den Anschein, als ob er mich berührte. Das alles konnte doch überhaupt nicht real sein — überlegte ich verzweifelt —, denn ich war ja selbst nicht mehr real. Ich war ein Bewußtseinspunkt; es gab nichts mehr an mir, das man auf diese Art hätte berühren können…

Und doch fühlte ich, wie er mich wiegte — seltsam sicher.

Der Beobachter hing groß vor mir. Sein Fleisch war glatt und mit feinen, daunenartigen Härchen bedeckt; seine Augen waren riesig — himmelblau — mit all der schönen Komplexität menschlicher Augen — und jetzt konnte ich ihn sogar riechen; er roch leicht nach Moschus, irgendwie milchig. Mich überraschte, wie menschlich er war. Es mag sich komisch anhören, aber dort — so nahe an dem Wesen, und in dieser großen unstrukturierten Leere gestrandet — waren seine Gemeinsamkeiten mit der menschlichen Gestalt relevanter als die größeren Unterschiede. Ich gelangte zu der Überzeugung, daß er wirklich menschlich war: möglicherweise durch die riesigen Zeitabschnitte der Evolution mutiert, aber dennoch mein Verwandter.

Bald gab der Beobachter mich wieder.frei, und ich fühlte, daß ich von ihm wegdriftete.