Выбрать главу

Ebenfalls habe ich wieder diese schwach beleuchtete und abschüssige Galerie mit den dräuenden Leibern großer Maschinen aufgesucht, denn von hier bezog ich improvisierte Werkzeuge aller Art — und nicht nur Waffen, wie ich es anfangs getan hatte. Ich verbrachte einige Zeit mit der Maschine, die wie ein elektrischer Dynamo aussah, denn ihr Zustand war nicht so desolat, daß man sie nur hätte anschauen können, und ich phantasierte schon davon, sie wieder zu aktivieren und Strom für die zerbrochenen Lampen zu erzeugen, die an der Decke dieser Kammer hingen. Ich überlegte, daß dieses Auflodern elektrischen Lichts und das Geräusch des Dynamos den Morlocks das Wiederkommen wohl gründlich verleiden würde! — aber ich hatte weder Treib- noch Schmierstoffe zur Verfügung, und außerdem sind die kleinen Teile der Maschine festgefressen und korrodiert, und so legte ich dieses Projekt ad acta.

Im Verlauf meiner Erkundung des Palastes stieß ich auf ein neues Exponat, das meine Neugier weckte. Es befand sich in der Nähe der Galerie mit dem Modell einer Zinnmine, das ich mir zuvor angeschaut hatte, und es wirkte wie das Modell einer Stadt. Dieses Ausstellungsstück war sehr detailliert und so groß, daß es fast die ganze Fläche der Kammer bedeckte, und das ganze Arrangement war durch eine gläserne Pyramide geschützt, von der ich den Staub von Jahrhunderten wegwischen mußte, um überhaupt etwas sehen zu können.

Diese Stadt war offensichtlich weit in meiner eigenen Zukunft entworfen worden, doch das Modell war seinerseits schon wieder so alt, daß seine einst leuchtenden Farben vom staubgefilterten Sonnenlicht dieses sonnigen Zeitalters ausgebleicht worden waren. Ich stellte mir vor, daß dieses Modell ein zukünftiges London zeigte, denn ich sah, daß das charakteristische Profil der Themse durch ein gläsernes Band symbolisiert wurde, das sich durch den Mittelpunkt des Exponats schlängelte. Aber es war ein London, das sich stark von der Stadt meiner Zeit unterschied. Es wurde von sieben oder acht großen Glaspalästen dominiert — wenn Sie sich den Kristallpalast deutlich vergrößert und mehrmals kopiert vorstellen, kommt das dem Bild ziemlich nahe —, und diese Paläste wurden durch eine Art gläserner Haut verbunden, die sich über die ganze Stadt spannte. Der Anblick hatte nichts von der düsteren Londoner Kuppel des Jahres 1938 an sich, denn dieses riesige Dach hatte offensichtlich den Zweck, das Sonnenlicht einzufangen und zu verstärken, und Bänder elektrischer Lampen zogen sich über die Stadt — obwohl keine dieser stecknadelkopfgroßen Glühbirnen dieses Modells mehr funktionierte. Das Dach wurde von einem Wald riesiger Windmühlen bestanden — die Flügel drehten sich jedoch nicht mehr — und große Plattformen waren hier und da über das Dach verteilt, über denen Spielzeugversionen von Flugmaschinen schwebten. Diese Maschinen vermittelten irgendwie den Eindruck von großen Libellen, über denen große, gestaffelte Segel mit darunter aufgehängten Gondeln schwebten, in denen mehrere Reihen von Spielzeugfiguren saßen.

Ja — Menschen! — Frauen und Männer, die mir nicht unähnlich waren. Denn diese Stadt hatte sich offenbar in einer Zeit befunden, die von meiner eigenen noch nicht so weit entfernt war, daß die unerbittliche Hand der Evolution die Menschheit bereits umgeformt hätte.

Breite Straßen durchzogen die Landschaft und verbanden dieses zukünftige London mit anderen Städten des Landes — oder so stellte ich es mir jedenfalls vor. Diese Straßen wurden von großen Mechanismen belebt: Einräder, von denen jedes viele Menschen beförderte, große Lieferwagen, die keinen Fahrer zu haben schienen und deswegen mechanisch gesteuert werden mußten; usw. Die Landschaft neben den Straßen wies jedoch keine Einzelheiten auf, sondern nur eine nichtssagende, graue Oberfläche.

Das ganze Ensemble war so riesig — es war wie ein großes Gebäude —, daß ich mir vorstellte, dort hätten zwanzig oder dreißig Millionen Menschen leben können, im Gegensatz zu den mageren vier Millionen des Londons meiner Zeit. Bei dem Exponat handelte es sich um ein Schnittmodell, und ich konnte die Bevölkerung in Gestalt kleiner Spielzeugfiguren sehen, die sich über die vielen Dutzend Stockwerke der Stadt verteilten. Die Bewohner der oberen Ebenen trugen variantenreiche und farbenfrohe Kleidung mit purpurnen Capes, Hüten so spektakulär und unpraktisch wie ein Hahnenkamm, etc. Diese oberen Schichten schienen mir ein Ort von großem Luxus und des Wohllebens zu sein und stellten ein in viele Ebenen gegliedertes Mosaik aus Geschäften, Parks, Bibliotheken, herrschaftlichen Häusern usw. dar.

Doch an der Basis der Stadt — quasi im Erdgeschoß und Keller — lagen die Dinge etwas anders. Dort arbeiteten träge Maschinen, und zehn bis zwanzig Fuß durchmessende Rohrleitungen und Kabel (im Originalmaßstab) schlängelten sich unter den Decken entlang. Auch hier waren Figuren plaziert, aber diese waren alle mit einer blauen Einheitsuniform bekleidet, und ihr gesellschaftliches Leben spielte sich in großen kommunalen Speise- und Schlafsälen ab; und es hatte den Anschein, daß diese Arbeiter aufgrund der hierarchischen Ordnung kaum jemals das Licht erblicken konnten, in dem sich die oberen Klassen sonnten.

Dieses Modell war alt und alles andere als in einem perfekten Zustand — an einer Ecke war die Pyramidenabdeckung eingebrochen und hatte das Modell bis zu Unkenntlichkeit zertrümmert; und auch an anderen Stellen waren die kleinen Figuren und Maschinen umgeworfen oder durch den Zahn der Zeit zernagt worden; und an einer Stelle waren die blaugekleideten Figuren in kleinen Kreisen und sonstigen Formationen aufgestellt worden, als ob die verspielten Eloi hier am Werk gewesen wären — aber trotzdem war die Spielzeugstadt ein konstanter Quell der Faszination für mich, denn ihre Einwohner und Einrichtungsgegenstände waren denen aus meiner Zeit so ähnlich, daß ich lange Stunden damit verbrachte, neue Details in dieser Konstruktion zu entdecken.

Ich hatte den Eindruck, daß diese Vision der Zukunft ein gewisses Zwischenspiel in der gräßlichen Entwicklung der Dinge darstellte, die ich erlebt hatte. Hier war ein Punkt in der Zeit erreicht, an dem die Trennung der Menschheit in Oben und Unten im Grundsatz noch ein soziales Phänomen gewesen war und noch nicht begonnen hatte, die Evolution der Spezies selbst zu determinieren. Die Stadt war eine schöne und großartige Struktur, aber — wenn sie zu dieser Welt der Morlocks und Eloi führte — stellte sie in meinen Augen ein Monument der größten Dummheit der Menschheit überhaupt dar!

Der Palast befindet sich auf einem hohen, trockenen Hügel, aber in der Nähe gab es Wiesen mit ausreichendem Wasserzufluß. Ich demontierte meine Zeitmaschine und durchsuchte den Palast nach Material, aus dem ich einfache Hacken und Rechen fertigte. Ich grub die Wiesen um meinen Palast um und pflanzte Samen der Morlockfrüchte in das Erdreich.

Es gelang mir, einige Eloi für diese Tätigkeiten zu engagieren. Zunächst waren sie auch motiviert — sie hielten es wohl für ein neues Spiel — als ich sie jedoch längere Zeit für diese monotonen Verrichtungen einspannte, verflog ihr Elan; und ich fühlte mich richtig schuldig, als ich sah, wie ihre feinen Kutten mit Erde verschmiert wurden und Tränen der Frustration über diese schönen ovalen Gesichter kullerten. Aber ich gab ihnen keinen Dispens, und als es wirklich gar zu monoton wurde, animierte ich sie mit Spielen und Tänzen sowie stümperhaften Interpretationen von The Land of the Leal und den Fragmenten der ›Swing‹-Musik von 1944, an die ich mich noch erinnern konnte — die mochten sie besonders —, und bald hatten sie sich wieder mit der Situation arrangiert.