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»Ja. In allerletzter Sekunde… Ich muß wohl gelernt haben, deine unbewußte Körpersprache zu interpretieren. Ich wußte, daß du die Maschine in Betrieb nehmen wolltest — ich hätte dich gerade noch packen können, bevor…

Könnten wir uns nicht arrangieren?« flüsterte er. »Ich bin hier in einer ungemütlichen Lage und falle gleich von der Maschine.«

Er schaute mich an, während ich seinen Antrag überdachte. Ich wußte, daß ich auf die eine oder andere Art eine Entscheidung zu treffen hatte; sollte ich ihn als Mitreisenden akzeptieren oder nicht?

Aber ich würde ihn kaum von der Maschine werfen; so gut kannte ich mich dann doch!

»Na schön…«

Und so vollführten wir Argonauten der Zeit ein außergewöhnliches Ballett, hier in inmitten des Gewirrs meiner Maschine. Ich hielt Nebogipfels Arm fest — um ihn vor einem Sturz zu bewahren und zu verhindern, daß er an die Steuerung der Maschine gelangte — und unter diversen Verrenkungen kam ich wieder aufrecht im Sattel zu sitzen. Schon als junger Mann war ich nicht besonders gelenkig gewesen, und als ich endlich wieder an meinem Platz war, keuchte ich ungehalten. Nebogipfel hatte sich mittlerweile in einem freien Abschnitt der Maschine bequem eingerichtet.

»Warum bist du mir gefolgt, Nebogipfel?«

Nebogipfel starrte hinaus in die düstere, verschwommene Landschaft der Zeitreise und antwortete nicht.

Ich konnte mir die Frage aber auch selbst beantworten. Ich erinnerte mich an seine Neugier und Faszination bei meiner Schilderung der Ersten Zukunft, als wir zusammen in der interplanetarischen Kapsel unterwegs waren. Der Morlock war einem Impuls gefolgt und mir hinterhergeklettert — einem durch Neugier motivierten Impuls, der ebenso wie bei mir noch auf die Affen zurückging! Ich fühlte mich dadurch merkwürdig gerührt, und meine Sympathie für Nebogipfel stieg etwas. Die Menschheit hatte sich in den Jahren, die uns trennten, zwar sehr verändert, aber hier war der Beweis, daß die Neugier, dieser unstillbare Drang nach Wissen — und die Skrupellosigkeit, die daraus resultierte — noch nicht ganz gestorben war.

Und dann tauchten wir in ein Licht ein — über meinem Kopf sah ich die Demontage der Sphäre — ungefiltertes Sonnenlicht überflutete die Maschine, und Nebogipfel heulte auf!

Ich setzte die Brille ab. Die befreite Sonne hing zunächst stationär am Himmel, doch nicht lange, und sie begann sich von ihrer fixierten Position wegzubewegen. Mit zunehmendem Tempo zog sie bogenförmig über den Himmel, und der Wechsel von Tag und Nacht kehrte wieder auf die Erde zurück. Schließlich schoß die Sonne so schnell über den Himmel, daß man ihr nicht mehr folgen konnte, sie wurde wieder zu einem Lichtband, und der Tag-Nacht-Rhythmus wich diesem uniformen und kalten, perlmuttartigen Glühen.

Ich sah also, daß die Neigung der Erdachse und ihre Rotation wiederhergestellt wurden.

Der Morlock sackte in sich zusammen und ließ das Gesicht auf die Brust sinken. Er hatte zwar noch die Brille auf, aber ihre Schutzwirkung schien nicht mehr auszureichen; er schien sich in die Innereien der Maschine verkriechen zu wollen, und sein Rücken glühte weiß im verwaschenen Sonnenlicht.

Ich mußte einfach lachen. Ich erinnerte mich, daß er darauf verzichtet hatte, mich zu warnen, als unsere Kapsel von der Sphäre ausgestoßen wurde und in den Raum stürzte: Nun, hier bekam er die Quittung!

»Nebogipfel, das ist nur Sonnenlicht.«

Nebogipfel hob den Kopf. Im verstärkten Licht hatten sich seine Brillengläser zu einem undurchdringlichen Schwarz verfärbt; sein Gesichtshaar war verklebt und schien tränennaß zu sein. Das durch die Haare sichtbare Fleisch seines Körpers glühte in einem blassen Weiß. »Es sind nicht nur die Augen«, sagte er. »Sogar in diesem abgeschwächten Zustand schmerzt mich das Licht. Wenn wir erst in die volle Helligkeit der Sonne eintauchen…«

»Sonnenbrand!« rief ich. Nach so vielen Generationen in der Dunkelheit würde dieser Morlock schon unter der trüben englischen Sonne mehr zu leiden haben als selbst der blasseste Albino in den Tropen. Ich zog die Jacke aus. »Hier«, meinte ich, »das müßte dir als Schutz dienen können.«

Nebogipfel wickelte sich in meine Jacke und verbarg sich unter ihren Falten.

»Und außerdem«, ergänzte ich, »wenn ich die Maschine anhalte, werde ich darauf achten, daß wir nachts ankommen, damit wir einen Schutz für dich suchen können.« Als ich darüber nachdachte, fiel mir ein, daß es in jedem Fall ein guter Gedanke wäre, im Schutz der Dunkelheit zu landen: Ich hätte sonst einen schönen Anblick geboten, wenn ich mit diesem Monster aus der Zukunft inmitten einer Horde gaffender Spaziergänger auf dem Hügel aufgetaucht wäre!

Das Dauergrün der Hügelkette verschwand und wurde wieder vom Wechsel der Jahreszeiten abgelöst. Wir reisten jetzt zurück durch das Zeitalter der Großen Bauwerke, das ich schon früher beschrieben hatte. Mit der auf dem Kopf drapierten Jacke schaute Nebogipfel mit offenkundiger Faszination nach draußen, während Brücken und Pylonen wie Nebelschwaden über die flackernde Landschaft zogen. Was mich betraf, so verspürte ich eine enorme Erleichterung, daß wir uns wieder meinem eigenen Jahrhundert näherten.

Plötzlich zischte Nebogipfel — es war ein merkwürdiges, katzenhaftes Geräusch — und preßte sich enger in das Innere der Maschine. Mit großen, starren Augen blickte er nach vorne.

Ich wandte mich von ihm ab und registrierte, daß die außergewöhnlichen optischen Effekte, die ich auf meiner Reise in das Jahr 657208 beobachtet hatte, wieder auftraten. Ich hatte den Eindruck von dichten Sternenfeldern, die versuchten, durch die dünne Oberfläche der mich umgebenden Objekte zu brechen… Und hier, ein paar Yards vor der Maschine schwebend, war der Beobachter: Mein unglaublicher Begleiter. Seine Augen waren auf mich geheftet, und ich ergriff das Geländer. Ich starrte diese verzerrte Parodie eines menschlichen Gesichts und die baumelnden Tentakel an — und erneut war ich betroffen von der Ähnlichkeit mit der hoppelnden Kreatur, die ich dreißig Millionen Jahre später an diesem einsamen Strand gesehen hatte.

Es war komisch — aber meine Brille — die mir in der Dunkelheit der Morlocks so gute Dienste geleistet hatte — versagte hier, als ich diese Kreatur betrachtete. Ich sah sie nicht schärfer, als das auch mit bloßen Augen möglich gewesen wäre.

Jetzt vernahm ich ein leises Nuscheln, wie ein Wimmern. Es kam von Nebogipfel, der sich mit allen Anzeichen des Unwohlseins an seinem Platz in der Maschine zusammenkauerte.

»Du brauchst keine Angst zu haben«, meinte ich etwas unbeholfen. »Ich habe dir doch schon von meiner Begegnung mit diesem Wesen auf dem Weg zu eurem Jahrhundert erzählt. Es sieht zwar fremdartig aus, scheint aber harmlos zu sein.«

Durch sein zitterndes Wimmern sagte Nebogipfeclass="underline" »Du verstehst nicht. Was wir sehen, ist unmöglich. Dein Beobachter verfügt offenbar über die Fähigkeit, zwischen den Korridoren zu wechseln — zwischen potentiellen Versionen der Historie zu kreuzen… und selbst in das Undefinierte Kontinuum einer Zeitmaschine einzudringen. Es ist einfach unmöglich!«

Und dann — so schnell, wie es aufgetreten war — verschwand das Glühen der Sterne wieder, mein Beobachter versank in der Unsichtbarkeit und die Maschine raste weiter auf ihrem Weg in die Vergangenheit dahin.

Schließlich ließ ich den Morlock in ruppigem Ton wissen: »Soviel muß dir klar sein, Nebogipfeclass="underline" Ich habe nicht die Absicht, nach diesem letzten Ausflug noch einmal in die Zukunft zu reisen.«

Er umklammerte mit seinen langen Fingern eine Verstrebung der Maschine. »Ich weiß, daß ich nicht zurückkehren kann«, meinte er. »Ich wußte das schon, als ich die Maschine bestiegen hatte. Selbst wenn du vorgehabt hättest, in die Zukunft zurückzukehren…«