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Aber ich habe für Ironie nichts übrig, und außerdem war ich ziemlich verärgert, weil ich mich überhaupt solchen schöngeistigen Erwägungen hingegeben hatte!

»Es ist zufällig Donnerstag. Nein, es war Donnerstag — wir haben bereits Freitag. Aber was soll das überhaupt? Wissen Sie das denn nicht selbst? Wer sind Sie, Sir?«

»Ich werde Ihnen sagen, wer ich bin«, versprach ich. »Und…« — ich zeigte auf den Morlock, woraufhin unser unfreiwilliger Gastgeber große Augen machte — »…wer das ist. Und weshalb ich nicht genau weiß, wie spät es ist und welchen Wochentag wir haben. Aber zunächst — dürfen wir eintreten? Ich würde nämlich gerne einen Schluck von Ihrem Brandy probieren.«

Er stand vielleicht eine halbe Minute da. Am Kerzenhalter erstarrten Wachsperlen, und in der Nähe rauschte die Themse, während sie träge unter den Brücken von Richmond hindurchfloß. Dann meinte er schließlich: »Ich sollte euch auf die Straße setzen! —, aber…«

»Ich weiß«, sagte ich verständnisvoll. Ich betrachtete meine jüngere Ausgabe mit Wohlgefallen; ich hatte schon immer einen Hang zu gewagten Spekulationen und konnte mir durchaus vorstellen, welche wilden Hypothesen bereits in diesem agilen, undisziplinierten Geist wucherten!

Er hatte eine Entscheidung getroffen. Er trat von der Tür zurück.

Ich bedeutete Nebogipfel, mir zu folgen. Die bis auf eine Haarschicht nackten Füße des Morlocks patschten über den Parkettfußboden des Foyers. Mein jüngeres Ich machte erneut große Augen — Nebogipfel erwiderte den Blick interessiert — und sagte: »Es ist… äh… es ist spät. Ich will die Diener nicht aufwecken. Kommt mit ins Eßzimmer; dort ist es wahrscheinlich am wärmsten.« Der Flur war dunkel, mit einem angestrichenen Sockel und einer Reihe Kleiderhaken; die Konturen des breiten Schädels unseres Gastgebers wider Willen hoben sich gegen das Licht der einen Kerze ab, als er uns an der Tür zum Raucherzimmer vorbeiführte. Im Eßzimmer glühten die Kohlen noch im Kamin. Unser Gastgeber zündete mit der Kerze, die er trug, weitere Lichter an, und dann erstrahlte der Raum in hellem Schein, denn es gab hier ein gutes Dutzend Kerzen: zwei in Messinghaltern auf dem Kaminsims, die eine klotzige und protzige Tabakdose flankierten, und die restlichen in Wandhaltern.

Ich sah mich in diesem warmen und behaglichen Raum um — so vertraut, und doch so anders wegen der subtilen Neuanordnung der Einrichtung und Dekoration! Da stand der kleine Tisch bei der Tür, mit seinem Stapel Zeitungen — sicher angefüllt mit düsteren Analysen von Mr. Disraelis jüngsten Verlautbarungen oder einigen todlangweiligen Berichten über die politische Situation in Osteuropa — und dort, dicht am Kamin, war mein niedriger und bequemer Stuhl. Aber von dem Arrangement kleiner achteckiger Tische und den Glühlampen fehlte jede Spur.

Unser Gastgeber trat auf den Morlock zu. Er beugte sich vor und stützte die Hände auf die Knie. »Was ist das? Es sieht aus wie ein Affe — oder ein mißgebildetes Kind. Ist das Ihre Jacke, die es trägt?«

Ich regte mich über seinen Ton auf — und war selbst darüber erstaunt. »›Es‹«, korrigierte ich, »ist eigentlich ein ›Er‹. Und er kann selbst sprechen.«

»Kann es?« Sein Gesicht ruckte zu Nebogipfel herum. »Ich meine, können Sie? Gütiger Gott!«

Er starrte weiter auf das behaarte Gesicht des armen Nebogipfel, und ich stand da auf dem Eßzimmerteppich und versuchte, meine Ungeduld — um nicht zu sagen Empörung — wegen dieser Unhöflichkeit zu unterdrücken.

Dann besann er sich wieder seiner Pflichten als Gastgeber. »Oh«, sagte er, »es tut mir leid. Bitte — nehmen Sie Platz.«

Der in meiner Jacke versunkene Nebogipfel stand in der Mitte der edlen Auslegware. Er blickte zuerst auf den Boden und sah sich dann im Raum um. Er schien auf irgend etwas zu warten — und noch im selben Moment begriff ich. Der Morlock war derart an die Technologie seiner Zeit gewöhnt, daß er darauf wartete, dem Teppich Möbel entsteigen zu sehen! Im weiteren Verlauf unserer Bekanntschaft sollte sich der Morlock jedoch als ziemlich lernfähig und flexibel erweisen, wenn er wieder einmal so verblüfft war wie ich, falls ich in einer Steinzeithöhle nach einem mit Gas betriebenen Kamin gesucht hätte.

»Nebogipfel«, instruierte ich ihn, »das ist eine einfachere Zeit. Die Formen sind fest.« Ich deutete auf den Eßtisch und die Stühle. »Du mußt dir einen davon aussuchen.«

Mein jüngeres Ich lauschte dieser Konversation mit augenfälliger Neugierde.

Nach einigen weiteren Sekunden des Zögerns suchte sich der Morlock einen der solideren Stühle aus.

Ich kam vor ihm dort an. »Den bitte nicht«, meinte ich höflich. »Ich glaube nicht, daß du ihn bequem finden würdest — er könnte versuchen, dich zu massieren, aber er ist nicht für dein Gewicht ausgelegt…«

Mein Gastgeber sah mich konsterniert an.

Unter meiner Anleitung — ich fühlte mich wie ein hilfloser Vater, als ich mich so um ihn kümmerte — zog Nebogipfel einen schlichten Lehnstuhl heran und kletterte hinauf; dort saß er mit baumelnden Beinen wie ein haariges Kind.

»Woher wissen Sie von meinen Aktivstühlen?« verhörte mich mein Gastgeber. »Ich habe sie nur ein paar Freunden vorgeführt — die Konstruktion ist noch nicht einmal patentiert…«

Ich antwortete nicht: Ich erwiderte nur seinen Blick, für lange Sekunden. Ich konnte beobachten, wie sich die Antwort auf diese Frage bereits in seinem Gehirn formte.

Er wandte den Blick von mir ab. »Setzen Sie sich«, meinte er. »Bitte. Ich hole den Brandy.«

Ich setzte mich zu Nebogipfel — an meinen eigenen Eßtisch, in der Gesellschaft eines Morlocks! — und schaute mich um. In einer Ecke des Eßzimmers stand das alte gregorianische Teleskop auf seinem Stativ, das ich aus meinem Elternhaus mitgenommen hatte — ein primitives Gerät, das die Objekte nur verschwommen zeigte und mir dennoch in der Kindheit Einblicke in die Wunder des Himmels und die Faszination der Optik eröffnet hatte. Und hinter diesem Raum verlief der dunkle Gang zum Laboratorium, dessen Türen sorglos offenstanden; durch den Korridor konnte ich einen flüchtigen Blick in das Innere meines Arbeitszimmers werfen: die Geräteansammlungen auf den Werkbänken, auf dem Boden verstreute Konstruktionszeichnungen und diverse Werkzeuge und Instrumente.

Unser Gastgeber kehrte zurück; vorsichtig balancierte er drei Whiskygläser und eine Karaffe. Er schenkte uns dreien ordentlich ein, und die Flüssigkeit funkelte im Kerzenlicht. »Bitte«, sagte er. »Ist Ihnen vielleicht kalt? Soll ich Feuer im Kamin machen?«

»Nein«, erwiderte ich, »danke.« Ich hob das Whiskyglas, roch daran und ließ den Brandy über die Zunge rinnen.

Nebogipfel rührte sein Glas nicht an. Er tauchte einen bleichen Finger in das Zeug, zog ihn heraus und leckte einen Tropfen von der Fingerspitze ab.

Mein Gastgeber sah interessiert zu und wandte sich dann mir zu, wobei er sich sichtlich von diesem Anblick losreißen mußte: »Ich bin Ihnen gegenüber im Nachteil. Ich kenne Sie nicht. Aber Sie scheinen mich zu kennen.«

»Ja.« Ich lächelte. »Aber ich weiß nicht so recht, wie ich es Ihnen beibringen soll.«

Mit einem unbehaglichen Blick runzelte er die Stirn. »Ich wüßte nicht, warum das irgendein Problem darstellen sollte. Mein Name ist…«

Ich hob die Hand; mir war gerade ein genialer Einfall gekommen. »Nein. Ich werde Sie — mit Ihrer Erlaubnis — Moses nennen.«

Er nahm einen ordentlichen Schluck Brandy und musterte mich mit echtem Ärger in seinen grauen Augen. »Woher wissen Sie das nun schon wieder?«