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Moses blickte sich mit lebhafter Neugier um. Er zeigte auf eine über dem Captain angebrachte Anordnung aus Leitern. »Sieh mal da«, sagte er. »Ich möchte wetten, daß er die Leiter nach unten bugsieren — mit diesen Hebeln an der Leiste neben sich, siehst du? — und dann zu dieser Kuppel dort oben aufsteigen kann. So wäre er imstande, seine ganze Festung zu überblicken und die Maschinisten und Kanoniere besser anzuleiten.« Er schien beeindruckt von dem Einfallsreichtum, der sich in diesem Monster des Krieges niedergeschlagen hatte.

Der Captain bewegte sich vorwärts, wobei er stark humpelte. Er nahm die Maske ab und gab den Blick auf sein Gesicht frei. Ich sah, daß diese Person ebenfalls noch recht jung war, von guter Gesundheit — obwohl außerordentlich blaß — und von einer Art, die man mit der Marine assoziiert: fix, ruhig, intelligent — absolut kompetent. Er streifte einen Handschuh ab und streckte mir die Hand entgegen. Ich ergriff sie — sie war klein, und ich umfaßte sie wie eine Kinderhand — und ich starrte mit einem Erstaunen, das ich nicht verhehlen konnte, in dieses klare Gesicht.

Der Captain sagte: »Ich hatte nicht derart viele Passagiere erwartet — ich glaube, daß wir nicht einmal wußten, was uns überhaupt erwartete —, aber Sie sind hier alle willkommen, und ich garantiere Ihnen, daß Sie gut behandelt werden.« Seine Stimme war hell, aber er mußte schreien, um die rumpelnden Maschinen zu übertönen. Mit einem Anflug von Belustigung schweiften blasse Augen über Moses und Nebogipfel.

»Willkommen auf der Lord Raglan. Mein Name ist Hilary Bond; ich bin Captain im Neunten Bataillon des Königlichen Großkampfschiff-Regiments.«

Es stimmte also tatsächlich! Dieser Captain — ein erfahrener und verwundeter Soldat, und Kommandant einer tödlicheren Kampfmaschine, als ich sie mir jemals hätte vorstellen können — war eine Frau.

Die Erneuerung einer alten Bekanntschaft

Sie lächelte, wobei eine Narbe auf ihrem Kinn sichtbar wurde, und ich sah, daß sie nicht älter als fünfundzwanzig Jahre sein konnte.

»Schauen Sie, Captain«, meinte ich, »ich verlange zu erfahren, mit welchem Recht Sie uns hier festhalten.«

Sie schaute ungerührt drein. »Meine Mission hat Vorrang für die Nationale Verteidigung. Es tut mir leid, wenn…«

Aber jetzt trat Moses vor; in seinem schrillen Clownskostüm wirkte er völlig deplaziert in diesem düsteren, militärischen Ambiente. »Madame Captain, es besteht kein Bedarf an Nationaler Verteidigung im Jahre 1873!«

»Aber wir haben das Jahr 1938.« Ich realisierte, daß dieser Captain absolut zielstrebig war; sie strahlte eine Aura unerschütterlicher Autorität aus. »Meine Mission besteht darin, die wissenschaftliche Forschung zu sichern, die in diesem Haus in der Petersham Road durchgeführt wird — insbesondere, um eine anachronistische Interferenz mit ihrem ordnungsgemäßen Ablauf auszuschließen.«

Moses schnitt eine Grimasse. ›»Anachronistische Interferenz‹ — ich vermute, daß Sie von Zeitreisenden sprechen.«

Ich lächelte. »Ein liebliches Wort, dieses auszuschließen! Glauben Sie denn, daß Sie auch genügend Kanonen mitgebracht haben, um wirkungsvoll auszuschließen?«

Nun trat Nebogipfel vor. »Captain Bond«, sagte der Morlock bedächtig, »Sie sehen doch sicherlich ein, daß Ihre Mission eine logische Absurdität darstellt. Wissen Sie überhaupt, wer diese Männer sind? Wie können Sie die Forschungen sichern, wenn ihr originärer Protagonist…« — er deutete mit einer haarigen Hand auf Moses — »…aus seiner eigenen Zeit entführt wird?«

Daraufhin starrte Bond den Morlock für lange Sekunden an, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit Moses zu — und mir — und ich dachte, daß ihr jetzt zum erstenmal unsere Ähnlichkeit auffiel! In knappem Ton stellte sie uns allen Fragen, die darauf abzielten, die Authentizität der Bemerkung des Morlocks und von Moses' Identität zu bestätigen. Ich sagte die Wahrheit — so oder so versprach ich mir davon nicht viel für uns — aber vielleicht, so überlegte ich, sollten sie uns etwas rücksichtsvoller behandeln, wenn sie uns schon eine solche historische Bedeutung zuerkannten. Aber ich ging indessen so wenig wie möglich auf meine gemeinsame Identität mit Moses ein.

Schließlich flüsterte Hilary dem Soldaten einige kurze Befehle zu, und er suchte einen anderen Sektor des Fahrzeugs auf.

»Ich werde das Luftfahrtministerium davon informieren, wenn wir zurück sind. Ich bin sicher, daß es mehr als nur interessiert an euch sein wird — und ihr werdet reichlich Zeit haben, das Thema nach eurer Rückkehr mit den Behörden zu diskutieren.«

»Rückkehr?« erwiderte ich heftig. »Rückkehr? Meinen Sie in Ihr 1938?«

Sie blickte gequält drein. »Ich befürchte, daß ich mit den Paradoxien der Zeitreise nicht so vertraut bin; aber die gebildeten Herren im Ministerium werden damit ohne Frage umzugehen wissen.«

Ich vernahm Moses' Gelächter neben mir — laut und mit einem Anflug von Hysterie. »Oh, das ist wirklich gut!« meinte er. »Oh, das ist wirklich gut — jetzt muß ich mir überhaupt keine Gedanken über den Bau der verdammten Zeitmaschine mehr machen!«

Nebogipfel betrachtete mich nüchtern. »Ich fürchte, daß diese multiplen Verzerrungen der Kausalität uns immer weiter von der ursprünglichen Version der Geschichte entfernen — von derjenigen, die vor der Inbetriebnahme der Zeitmaschine bestanden hatte…«

Da unterbrach uns Captain Bond. »Ich kann Ihre Aufregung verstehen. Aber ich kann Ihnen auch versichern, daß Sie in keinerlei Hinsicht den geringsten Schaden erleiden werden — im Gegenteil, meine Mission dient Ihrem Schutz. Außerdem«, ergänzte sie nonchalant, »habe ich es auf mich genommen, jemanden mitzubringen, der Ihnen helfen wird, mit uns zu kooperieren. Einen Eingeborenen aus der Epoche, wie Sie sagen würden.«

Eine weitere Gestalt arbeitete sich aus dem dunklen Heck langsam zu uns vor. Sie verfügte auch über die obligatorischen Epauletten, eine Faustfeuerwaffe und die an der Hüfte baumelnde Maske; aber die Uniform — schmutzig und schwarz — wies keinerlei militärische Rangabzeichen auf. Diese Person bewegte sich langsam und ziemlich unbeholfen über die schmalen Stege und ließ alle Anzeichen des Alters erkennen; ich bemerkte, daß sich die Uniform über einen Schwabbelbauch spannte.

Die Stimme war schwächlich — sie übertönte kaum den Motorenlärm. »Guter Gott, du bist das«, rief er mir zu. »Ich bin wegen der Deutschen bis an die Zähne bewaffnet — aber weißt du, ich hatte nicht mehr mit deinem Erscheinen gerechnet, nach der Dinnerparty letzten Donnerstag —, und schon gar nicht unter solchen Umständen!«

Als er in das Licht trat, war ich reif für den zweiten Schock. Obwohl die Augen trübe waren, die Haltung gebückt und kaum noch eine Spur von Rot in diesem grauen Haarwuschel zu sehen war — und obwohl die Stirn des Mannes von einer häßlichen Narbe entstellt wurde — handelte es sich hier fraglos um Filby.

Ich sagte ihm, daß ich ein Verdammter der Zeit wäre.

Filby kicherte maliziös, als er sich mir näherte. Ich ergriff seine Hand — sie war zerbrechlich und mit Leberflecken übersät — und ich schätzte ihn auf mindestens fünfundsiebzig. »Magst du verdammt sein. Vielleicht sind wir alle verdammt! — aber trotzdem ist es gut, dich zu sehen.« Er widmete Moses einige schiefe Blicke: wenig verwunderlich, dachte ich mir!

»Filby — mein Gott! — Mensch, ich platze bald vor lauter Fragen.«