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Erneut, so überlegte ich, hatte meine Reise in einer Welt der völligen Dunkelheit geendet — einer Welt, die den Morlocks sicher zugesagt hätte. Aber die Wesen, die dieses große Bauwerk errichtet hatten, waren keine Morlocks: sie gehörten meiner eigenen Rasse an und waren durch den Krieg dazu gezwungen worden, aus dem ihnen als Geburtsrecht zustehenden Licht zu flüchten! Ich wurde von einer tiefen und langanhaltenden Depression befallen, eine Stimmung, die meinen Aufenthalt im Jahre 1938 zum größten Teil prägen sollte.

Hier und da sah ich deutlichere Hinweise auf den Schrecken des Krieges. In der Kensington High Street sah ich, wie ein Mann die Straße entlangging — er mußte von einer dünnen jungen Frau an seiner Seite geführt werden — seine Lippen waren schmal und langgezogen, die Augen lagen wie Perlen in geschrumpften Höhlen. Die Gesichtshaut war ein Mosaik aus Purpur und Weiß auf grauem Grund.

Filby schnaufte nur, als ich ihm das erzählte. »Der Krieg verbrennt«, konstatierte er. »Sie sehen alle gleich aus… Ein Luftkämpfer vielleicht — ein junger Gladiator, dessen Leistungen wir alle loben, wenn die Sprech-Maschinen sie herausschreien! — aber was bleibt ihnen denn sonst noch?« Er sah mich an und legte eine faltige Hand auf meinen Arm. »Ich wollte nicht herzlos klingen, alter Freund. Es ist nur — mein Gott! — es ist nur so, daß man einfach abstumpfen muß.«

»Ihr habt einen Panzer um eure Herzen gelegt«, stellte Nebogipfel in einem fließenden Tonfall fest, der uns alle überraschte. »Genauso, wie ihr einen Schild über eurer Stadt errichtet habt.«

Filby musterte ihn. »Du wirst es auch noch lernen«, prophezeite er düster.

Die meisten alten Londoner Bauwerke schienen überlebt zu haben, obwohl ich sah, daß einige der größeren Bauten abgerissen worden waren, um Platz für den Betonpanzer zu schaffen — ich fragte mich, ob die Nelson-Statue noch stand —, und die Neubauten waren klein, häßlich und düster. Aber auch die Anfangsphase des Krieges hatte vor der Konstruktion der Kuppel einige Narben hinterlassen: große Bombenkrater wie leere Augenhöhlen und Schutthalden, für deren Beseitigung man bisher weder die Notwendigkeit erkannt noch die Energie aufgebracht hatte.

Die Kuppel erreichte ihre Scheitelhöhe von etwa sechshundert Fuß direkt über Westminster im Herzen von London. Als wir uns dem Stadtzentrum näherten, sah ich, wie in den Hauptstraßen strahlendes Licht aufflackerte, das dieses gigantische Dach vollständig ausleuchtete. Und überall waren diese Säulen, die aus den Straßen Londons und von riesigen Pontonbrücken auf dem Fluß emporstiegen: grob behauen, dicht gedrängt, mit sich verbreiternden und abgestützten Grundflächen — zehntausend Betonpfeiler, die diesen riesigen Panzer trugen, Säulen, die London in einen immensen maurischen Tempel verwandelt hatten.

Ich fragte mich, wie der aus Kreide und Ton bestehende Untergrund, auf dem London errichtet war, dieses riesige Gewicht überhaupt verkraften konnte! Was, wenn die ganze Konstruktion im Schlick versank und seine wertvolle Fracht von Millionen Leben mit sich hinunterzog? Mit Sehnsucht dachte ich an das zukünftige Zeitalter der Architektur, in dem die Beherrschung der Gravitation eine Konstruktion wie diese Kuppel zu einer Banalität machen würde…

Und dennoch, trotz des fehlenden Feinschliffs, ihrer offensichtlich überstürzten Errichtung und der Profanität ihres Zwecks war ich von der Kuppel beeindruckt. Weil sie zur Gänze aus simplem Stein gehauen und mit wenig mehr als der Expertise meines eigenen Jahrhunderts auf dem Londoner Lehmboden gestellt worden war, wirkte dieses dräuende Bauwerk mehr auf mich als all die Wunder, die ich im Jahre 657208 gesehen hatte!

Wir setzten unsere Fahrt fort, näherten uns aber sichtlich dem Ende der Reise, denn der Zug hatte mittlerweile fast auf Schrittgeschwindigkeit abgebremst. Ich sah, daß Geschäfte geöffnet hatten, aber ihre Schaufenster waren fast dunkel — ich sah Schaufensterpuppen, die mit der zweckmäßigen Bekleidung jener Tage behängt waren, und Kunden, die durch zusammengestoppelte Fensterscheiben schauten — es hatte den Anschein, als ob das Angebot an Luxusartikeln im Verlauf dieses langen und bitteren Krieges gegen Null tendierte.

Der Zug kam zum Stillstand. »Da wären wir«, verkündete Bond. »Dies ist Canning Gate: nur ein paar Minuten zu Fuß bis zum Imperial College.« Soldat Oldfield hantierte an der Waggontür — sie öffnete sich mit einem deutlich vernehmbaren Schmatzen, als ob der Luftdruck in dieser Kuppel ziemlich hoch wäre — und eine Flut aus Geräuschen schlug über uns zusammen. Ich sah weitere Soldaten, diesmal in schmucklosen olivfarbenen Infanterie-Kampfanzügen, die uns auf dem Bahnsteig erwarteten.

Also nahm ich meine geliehene Gasmaske und betrat die Kuppel von London.

Der Lärm war betäubend! — das war mein erster Eindruck. Es war, als ob ich zusammen mit Millionen anderer Leute in einer Krypta gestanden hätte. Ein Stimmengewirr, das Quietschen von Eisenbahnrädern und das Rumpeln von Straßenbahnen: all das schien sich in dieser riesigen, dunklen Kuppel zu bündeln und auf mich herabzuregnen. Es war enorm heiß — noch wärmer, als es schon im Raglan gewesen war. Ich erschnüffelte eine ganze Palette von Gerüchen, die nicht nur angenehm waren: es roch nach kochendem Essen, von Maschinen ausgestoßenem Ozon, Dampf und Öl des Zuges — und vor allem nach Menschen, die zu Millionen ein- und ausatmeten, während sie durch diese große, abgeschlossene Lufthülle wanderten.

Hier und da brannten Lichter in der Kuppel; nicht intensiv genug, um die Straßen darunter zu erhellen, aber hell genug, daß man ihren Konturen folgen konnte. Ich sah kleine Schatten dort oben, die zwischen den Lichtern hin- und herflatterten: es waren die Londoner Tauben, wie mich Filby aufklärte — sie hatten überlebt, obwohl sie nach den Jahren in der Dunkelheit jetzt natürlich ziemlich verkümmert waren — zusammen mit einigen Fledermauskolonien, die sich in manchen Bezirken unbeliebt gemacht hatten.

In einem Winkel des Daches, im Norden, lief eine projizierte Lightshow ab. Außerdem vernahm ich aus der gleichen Richtung das Echo einer verstärkten Stimme. Filby bezeichnete sie als ›Sprechmaschine‹ — ich vermutete, daß sie eine Art öffentlicher Kinematograph war —, aber sie war zu weit entfernt, als daß ich irgendwelche Details hätte ausmachen können.

Nun sah ich, daß unsere Bahnlinie grob dem Verlauf der alten Straße folgte; und dieser ›Bahnhof‹ war kaum mehr als ein Betontupfer inmitten von Canning Place. Alle Veränderungen, die in dieser neuen Welt stattgefunden hatten, signalisierten Hast, Panik und Schlampigkeit.

Die Soldaten formierten sich zu einem kleinen Quadrat um uns herum, und wir verließen den Bahnhof und gingen über Canning Place in Richtung Gloucester Road. Moses hatte die Fäuste geballt. In seinem farbenfrohen Clownskostüm wirkte er verängstigt und verletzlich in dieser rauhen Welt aus Metallepauletten und Gasmasken, und ich verspürte den Anflug eines Schuldgefühls, weil ich ihn in diese Lage gebracht hatte.

Ich schaute über De Vere Gardens zum Kensington Park Hotel hoch, wo ich in besseren Zeiten immer gespeist hatte; der Säulengang dieses Gebäudes war noch erhalten, aber die Fassade war heruntergekommen, viele der Fenster waren vernagelt, und das Hotel schien ein Teil des neuen Bahnhofs geworden zu sein.

Wir bogen in die Gloucester Road ein. Hier gingen viele Leute, und das Klingeln von Fahrradschellen war ein aufmunternder Kontrapunkt zum allgemeinen Eindruck der Depression. Unsere kleine Gesellschaft — und insbesondere Moses in seinem auffälligen Kostüm — wurde zum Gegenstand vieler Blicke, aber niemand kam uns zu nahe oder sprach uns an. Es gab hier viele Soldaten, in ähnlich dunklen Uniformen, wie sie die Besatzung des 'Nauts trug, aber zum größten Teil waren die Männer in Anzüge gekleidet, die — wenn auch ziemlich schlicht und schlecht geschnitten — selbst im Jahre 1891 nicht ungewöhnlich gewirkt hätten. Die Frauen trugen dünne Röcke und Blusen, ganz schlicht und funktionell, und das einzige, was mich schockierte, war, daß die Röcke zumeist sehr kurz geschnitten waren, so daß sie höchstens vier Zoll unter die Knie reichten. So kam es, daß ich auf wenigen Yards mehr weibliche Waden und Knöchel zu sehen bekam als in meinem ganzen bisherigen Leben! (Vor dem Hintergrund der allgemeinen Situation war dieser letztere Punkt nicht von so großem Interesse für mich; aber für Moses war er offensichtlich um einiges faszinierender, und ich fand, daß die Art und Weise, wie er hinstarrte, einem Gentleman nicht angemessen war.)