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Quellen sagte ruhig: »Ich könnte einen Laserstrahl durch Ihren Kopf jagen und behaupten, Sie hätten mich angegriffen.«

»Nützt nichts, Quellen. Die Hohe Regierung will ja das Zeittransport-Verfahren. Wenn Sie mich umbringen, kriegen Sie es nie.«

»Wir könnten es durch eine Neuroabspielung aus Ihrem Hirn herausholen, tot oder lebendig.«

»Nicht, wenn Sie mir einen Laserstrahl durch den Kopf jagen«, sagte Lanoy. »Außerdem würde die Neuroabspielung auch das mit Afrika preisgeben, nicht? Abgesehen davon würden Sie zu leiden haben, wenn ich sterbe. Wußten Sie nicht, daß Brogg die Geschichte in eine Reihe von selbsttätigen Anzeigern eingespeichert hat, die darauf programmiert sind, zur Zentrale zu laufen, sobald ihm etwas passiert?«

»Doch, aber —«

»Er hat sie kurz vor seinem Sprung alle auf mich umgestellt. Ihr Schicksal ist mit dem meinen verbunden, Quellen. Sie tun gut daran, mich gehen zu lassen.«

Quellen spürte, wie seine Gesichtsmuskeln schlaff herabsanken, als ihm aufging, in welcher Lage er sich befand. Wenn er nicht für eine Anklage gegen Lanoy sorgte, lief er Gefahr, degradiert zu werden. Wenn er Lanoy ans Messer lieferte, würde dieser ihn bloßstellen. Er konnte Lanoy aber auch nicht einfach laufenlassen. Es war schon registriert, daß Lanoy mit den Springern zu tun hatte. Koll wußte es, Spanner wußte es. Quellen konnte dieses Wissen nicht leicht aus der Welt schaffen. Wenn er versuchte, Lanoy zu decken, würde er sich in einem Lügengespinst verirren. Er lebte ohnehin schon mit einem Betrug; er konnte die Belastung eines zweiten nicht aushalten.

»Bekomme ich, was ich will?« fragte Lanoy.

Ein gewaltiger Adrenalinstoß durchflutete Quellen. Er saß in der Falle, und jemand, der in der Falle sitzt, kämpft verzweifelt. Er fand unerwartete Kraftreserven.

Es gab eines, was er versuchen konnte, etwas unfaßbar Kühnes, etwas so ungeheuerlich Riskantes, daß es auf seine Art beinahe schon wieder vernünftig erschien. Vielleicht scheiterte es, sogar wahrscheinlich. Aber es war besser, als mit Lanoy einen Handel abzuschließen und immer tiefer in den Morast von Bestechung und Zugeständnissen zu versinken.

»Nein«, sagte er. »Sie bekommen nicht, was Sie wollen. Ich lasse Sie nicht frei, Lanoy. Ich überstelle Sie dem Gericht.«

»Sind Sie wahnsinnig?«

»Ich glaube nicht.«

Quellen ließ Mitarbeiter kommen. »Tun Sie den Mann wieder in den Gewahrsamstank«, sagte er knapp. »Lassen Sie ihn bis auf weiteres dort.«

Lanoy wurde fortgeschleppt, trotz seiner Proteste.

Nun den Köder für den Leviathan festmachen, den er fangen wollte.

Quellen drückte auf Tasten.

»Die Unterlagen Donald Mortensen«, befahl er.

Man brachte ihm die Spule. Er schob sie in den Projektor und ließ Broggs Ermittlungsarbeit an sich vorüberziehen. Das Gesicht Mortensens schimmerte ihn an, jugendlich, rosig. Er sah aus wie ein Albino, dachte Quellen, mit dem weißen Haar und den weißen Brauen. Aber Albinos haben rötliche Augen, nicht? Die von Mortensen waren blau. Nordisch. Wie hatte er seine Herkunft so rein erhalten können? fragte sich Quellen. Er ging die Aufzeichnungen durch.

Mortensen hatte mit seiner Frau gestritten, wie sich aus den Tonaufnahmen ergab. Er hatte verhandelt um einen Zeitsprung in einigen Wochen; er hatte eine Summe angezahlt und strengte sich an, den Rest von Lanoys Honorar aufzubringen. Dann endete die Aufzeichnung mit Broggs Vermerk: ERMITTLUNGEN AUF ANWEISUNG VON OBEN EINGESTELLT.

Quellen rief im Abhörraum an. Er nannte die Nummer des Ohrs, das Mortensen in die Handfläche gedrückt worden war, und fragte, ob es noch funktioniere.

»Das Ohr ist abgeschaltet worden, KrimSek«, hörte er.

»Ja, ich weiß. Aber kann man es wieder in Betrieb nehmen?«

Man prüfte nach. Einige Minuten danach erhielt er die schlechte Nachricht: Das Ohr hatte sich vor ein oder zwei Tagen aufgelöst, wie vorgesehen. Es gab keine weiteren Sendungen von Mortensen. Quellen war enttäuscht, aber der Rückschlag entschied nicht alles. Er ordnete eine Televektor-Suche nach Mortensen an, in der verzweifelten Hoffnung, daß er Appalachia nicht verlassen hatte.

Mortensen hatte es nicht getan. Nach der Televektor-Peilung befand er sich in einem Schnüffellokal, keine zehn Meilen von Quellens Büro entfernt. Ausgezeichnet, dachte Quellen. Er würde die Festnahme selbst durchführen. Die Sache war viel zu delikat, als daß man sie einem Untergebenen hätte überlassen können.

Quellen fuhr mit dem Schnellboot durch die Stadt und stellte sich vor das Schnüffellokal. Er wartete auf der Straße darauf, daß Mortensen von unten heraufkam. Abgerissene, verdächtige Gestalten schlichen immer wieder an ihm vorbei. Quellen unterdrückte sein Mißbehagen und sah sich jeden, der heraufkam, genau an.

Da war Mortensen.

Es war lange her, seit Quellen selbst eine Verhaftung vorgenommen hatte. Er war ein Mann des Schreibtisches, der solche Dinge Untergebene ausführen ließ. Trotzdem blieb er ruhig. Er war gut bewaffnet; an der Handfläche war eine Narkosekralle angebracht, die auf eine Muskelbewegung hin hinauszucken würde, und unter der Achsel befand sich ein Nervenspray für den Fall, daß die Kralle versagte. Er hatte auch eine Laserpistole dabei, aber er dachte nicht im Traum daran, sie bei Mortensen zu verwenden.

Er trat hinter den Mann, als dieser davonschritt, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: »Ruhig weitergehen, Mortensen. Sie sind verhaftet.«

»Was, zum Teufel —?«

»Ich bin vom Sekretariat Verbrechen. Ich habe Anweisung, Sie zu holen. In meiner Hand befindet sich eine Kralle, die Sie sofort spüren, wenn Sie sich zu wehren versuchen. Gehen Sie ruhig vor mir her, bis wir die Schnellboot-Rampe erreichen. Tun Sie, was ich sage, und es passiert Ihnen nichts.«

»Ich habe nichts getan. Ich will wissen, was mir vorgeworfen wird.«

»Später«, sagte Quellen. »Gehen Sie weiter.«

»Ich habe Rechte. Ein Anwalt —«

»Später. Weitergehen.«

Sie stiegen die Rampe hinauf. Mortensen murrte immer noch, leistete aber keinen Widerstand. Er war ein hochgewachsener Mann, größer als Quellen. Er sah aber nicht sonderlich kräftig aus. Quellen hatte die Hand mit der Kralle in Bereitschaft. Seine ganze Zukunft hing vom erfolgreichen Ablauf dieses Manövers ab.

Das Schnellboot brachte sie zu Quellens Wohnhaus.

Mortensen wirkte betroffen. Als sie ausstiegen, murrte er verdrossen: »Das sieht mir nicht nach einem Amtsgebäude aus.«

»Die Rampe hinunter, bitte«, sagte Quellen.

»Was soll das sein, eine Entführung?«

»Ich zeige Ihnen meinen Ausweis, wenn Sie wollen. Ich bin echter Polizeibeamter. Übrigens bekleide ich den Rang des KrimSek. Hier herein.«

Sie betraten Quellens Wohnung. Mortensen drehte sich herum und starrte Quellen ungläubig an.

»Das ist eine Privatwohnung«, sagte er.

»Richtig. Meine.«

»Jemand hat Ihnen einen ganz falschen Hinweis auf meine sexuellen Neigungen gegeben, mein Lieber. Ich bin kein —«

»Ich auch nicht«, sagte Quellen scharf. »Mortensen, haben Sie die Absicht, in der ersten Maiwoche Zeitspringer zu werden?«

Mortensen funkelte ihn böse an.

»Was geht Sie das an?« — »Sehr viel. Ist es wahr?«

»Vielleicht. Ich sage nichts.« — Quellen seufzte.

»Sie stehen auf der Liste der Springer, die zurückgegangen sind, wissen Sie das? Eine vollständig dokumentierte Liste mit Namen, Geburtsdatum, dem Tag, an dem Sie in der Vergangenheit angekommen, an dem Sie hier weggegangen sind. Nach der Liste sind Sie am 4. Mai dieses Jahres zurückgegangen. Wollen Sie jetzt noch bestreiten, daß Sie springen wollen?«

»Ich sage gar nichts. Holen Sie mir einen Anwalt. Verdammt noch mal, ich habe Sie in keiner Weise bedroht. Wie kommen Sie dazu, in meinem Leben herumzupfuschen?«