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Koll klappte die Sauerstoffzufuhr ein bißchen stärker auf, mit einer beinahe beleidigende Geste der Freundlichkeit. Das kostbare Gas strömte ins Zimmer. Leise sagte Kolclass="underline" »Dann will ich es Ihnen sagen. Es ist die Ankunft der Springer. Und dies ist das Zeitalter, von dem aus sie den Weg antreten.«

»Versteht sich«, sagte Quellen. Jedermann wußte von den Springern, und er ärgerte sich über sich selbst, weil er Koll nicht einfach das Naheliegende offeriert hatte.

»In den letzten Jahren hat jemand eine Methode entwickelt, durch die Zeit zu reisen«, sagte Spanner. »Er fängt an, die Zeitspringer in die Vergangenheit zurückzuschleusen. Tausende von arbeitslosen Proleten sind schon verschwunden, und wenn wir ihn nicht bald fassen, wird er die Vergangenheit mit allen Wanderarbeitern im Land vollstopfen.«

»Und? Das meine ich doch«, sagte Koll ungeduldig. »Wir wissen, daß sie schon in der Vergangenheit angekommen sind; unsere Geschichtsbücher sagen es. Jetzt können wir uns zurücklehnen und es diesem Burschen überlassen, unseren Abfall über die vergangenen fünf Jahrhunderte zu verstreuen.«

Spanner drehte sich mit dem Sessel herum und starrte Quellen an.

»Was meinen Sie?« fragte er scharf. »Sollen wir uns an den Befehl der Hohen Regierung halten, diesen Kerl ausfindig zu machen und das Verschwinden der Springer zu beenden? Oder sollten wir tun, was Koll meint, und alles einfach so weitergehen lassen, womit nicht nur Denen, sondern übrigens auch dem getrotzt wird, was die Geschichte sagt?«

»Ich brauche Zeit, um den Fall zu studieren«, sagte Quellen argwöhnisch. Das letzte, was er wollte, war, dazu gezwungen zu werden, einen Vorgesetzten dem anderen vorzuziehen.

»Lassen Sie sich Ihren Weg von mir zeigen«, sagte Spanner mit einem Seitenblick auf Koll. »Wir haben unsere Anweisungen von der Hohen Regierung, und es ist sinnlos, daran zu deuteln. Wie Koll sehr genau weiß, hat Kloofman persönlich Interesse an diesem Fall genommen. Unsere Aufgabe ist es, den illegalen Hauptknoten der Zeitreisetätigkeit ausfindig zu machen und ihn unter amtliche Kontrolle zu bringen. Koll, wenn Sie Einwände haben, wenden Sie sich besser an die Hohe Regierung.«

»Keine Einwände«, sagte Koll. »Quellen?«

»Ja, Sir?«

»Sie haben Mr. Spanner gehört. Machen Sie sich sofort an die Arbeit. Spüren Sie den Kerl auf, der die Springer befördert, und räumen Sie ihn aus dem Weg, aber nicht, bevor Sie sein Geheimnis aus ihm herausgeholt haben. Die Hohe Regierung will den Prozeß in die Hand bekommen. Und dieses illegale Vorgehen unterbinden. Zeigen Sie, was Sie können, Quellen.« Er war entlassen.

2

Norman Pomrath sah seine Frau kalt an und sagte: »Wann wird dein Bruder für uns etwas tun, Helaine?«

»Ich hab’ es dir doch schon gesagt. Er kann nichts tun.«

»Er will nicht, meinst du?«

»Er kann nicht. Für wen hältst du ihn? Für Danton? Und würdest du mir, bitte, aus dem Weg gehen? Ich muß duschen.«

»Wenigstens hast du bitte gesagt«, murrte Pomrath. »Ich bin ja schon für Kleinigkeiten dankbar.«

Er trat zur Seite. Aus einem Überrest von Züchtigkeit heraus schaute er nicht zu, als seine Frau ihre grüne Tunika auszog. Sie knüllte das Kleidungsstück zusammen, warf es auf die Seite und trat unter das Molekularbad. Da sie ihm den Rücken zudrehte, während sie sich wusch, erlaubte er sich, sie zu beobachten. Züchtigkeit ist wichtig, dachte Pomrath. Selbst wenn man schon elf Jahre verheiratet ist, muß man der anderen Person in diesem stinkenden Ein-Zimmer-Leben etwas Privatraum gewähren. Sonst klickern deine Gyros. Er kaute an einem Fingernagel und warf verstohlene Blicke auf die mageren Gesäßbacken seiner Frau.

Die Luft in der Wohnung der Pomraths war schlecht, aber er wagte den Sauerstoff nicht weiter aufzudrehen. Er hatte die Ration für diese Woche verbraucht, und wenn er den Schieber betätigte, würde der Versorgungscomputer irgendwo unter der Erde Unerfreuliches mitzuteilen haben. Pomrath war nicht der Meinung, daß seine Nerven jetzt viel Geseires von einem Versorgungscomputer würden ertragen können. Seine Nerven hielten überhaupt nicht viel aus. Er war Stufe Vierzehn, an sich schon schlimm genug, hatte seit drei Monaten keine Arbeit mehr gefunden, was noch schlimmer war, und besaß einen Schwager in Stufe Sieben, was ihn zutiefst traf. Aber was nützte ihm Joe Quellen? Der verdammte Kerl war nie da. Entzog sich einfach seiner familiären Verantwortung.

Helaine beendete ihr Duschen. Das Molekularbad verwendete kein Wasser; nur Stufe Zehn und darüber durften Wasser zum Zweck der Körperreinigung benutzen. Da die meisten Menschen auf der Welt Stufe Elf und tiefer waren, hätte der Planet ohne die praktischen Molekularbäder zum Himmel gestunken. Man zog sich aus, stellte sich vor die Düse, und Ultraschallwellen lösten raffiniert den Schmutz von der Haut und verliehen einem die Illusion, man sei sauber. Pomrath bemühte sich nicht, den Blick abzuwenden, als Helaines nackte weiße Gestalt an ihm vorbeiging. Sie schlüpfte in ihre Tunika. Er erinnerte sich, daß er sie einmal für üppig gehalten hatte. Da war er noch viel jünger gewesen. Später hatte er den Eindruck gehabt, daß sie Gewicht verlor. Jetzt war sie dünn. Es gab Zeiten — zumal nachts —, da kam sie ihm kaum noch weiblich vor.

Er ließ sich in die Flechtschaum-Wiege an einer fensterlosen Wand sinken und sagte: »Wann kommen die Kinder heim?«

»In fünfzehn Minuten. Deshalb habe ich jetzt geduscht. Bleibst du hier, Norm?«

»Ich gehe in fünf Minuten.«

»Zum Schnüffellokal?«

Er starrte sie finster an. Sein Gesicht, vom Mißerfolg zerfurcht und gezeichnet, eignete sich gut zum Finsterblicken.

»Nein«, sagte er, »nicht da hin. Zur Stellungsmaschine.«

»Aber du weißt, die Stellungsmaschine setzt sich hier mit dir in Verbindung, wenn es Arbeit gibt, also —«

»Ich will aber hingehen«, sagte Pomrath mit eisiger Würde.

»Ich will nicht, daß sie zu mir kommt. Ich gehe zu ihr. Und dann höchstwahrscheinlich zum Schnüffellokal. Vielleicht, um zu feiern, vielleicht, um meinen Kummer zu betäuben.«

»Ich wußte es.«

»Verdammt, Helaine, warum läßt du mich nicht in Ruhe? Ist es meine Schuld, daß ich auf Arbeit warte? Ich kann mit vielen Fähigkeiten aufwarten. Ich sollte eigentlich Arbeit haben. Aber im Universum gibt es eine kosmische Ungerechtigkeit, die das nicht zuläßt.«

Sie lachte rauh. Der rauhe Ton war neu, erst in den letzten Jahren aufgekommen.

»Du hast in elf Jahren genau dreiundzwanzig Wochen Arbeit gehabt«, erklärte sie. »Während der übrigen Zeit haben wir Almosen kassiert. Du bist von Stufe Zwanzig zu Stufe Vierzehn aufgestiegen, und da klebst du fest, Jahr um Jahr, und wir kommen nicht weiter. Die Wände der verdammten Wohnung hier sind für mich wie ein Käfig, und wenn die beiden Kinder hier mit mir zusammen sind, möchte ich ihnen am liebsten die Köpfe abreißen, und —«

»Helaine«, sagte er leise. »Hör auf.«

Zu seiner großen Überraschung tat sie es. An ihrem Unterkiefer wölbte sich ein Muskel, als sie sich mitten im Proteststurm unterbrach. Viel ruhiger sagte sie: »Es tut mir leid, Norm. Du kannst nichts dafür, daß wir Proleten sind. Es gibt eben nur soundso viel Arbeit. Selbst mit deinen Fähigkeiten —«

»Ja. Ich weiß.«

»Es ist eben so. Ich wollte nicht kreischen, Norm. Ich liebe dich, weißt du das? Im Guten wie im Schlechten, wie es heißt.«

»Sicher, Helaine. In Ordnung.«

»Vielleicht gehe ich diesmal mit ins Schnüffellokal. Ich will nur die Kinder programmieren und —«