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Quellen wußte, daß er gar nichts gewonnen hatte.

Er hatte sein kühnes Manöver mit einiger Selbstsicherheit ausgeführt, aber es war ein törichtes Manöver gewesen, das sah er jetzt deutlicher als noch vor einer Stunde. Jeder durfte stolz darauf sein, den Nerv besessen zu haben, sich mit Kloofman auf diese Weise anzulegen, aber nun, da es geschehen war, wußte Quellen, daß er keine wirkliche Sicherheit gewonnen hatte, nur eine zeitweilige Illusion des Triumphes. Es würde notwendig sein, den Ersatzplan in die Tat umzusetzen, den er seit einigen Stunden mit sich herumtrug. Sein Verstand hatte sich auf diese Eventualität vorbereitet, und er wußte, was er zu tun hatte, obwohl er durchaus nicht sicher war, daß ihm die Zeit dazu bleiben würde.

Er schwebte in Todesgefahr. Er mußte schnell handeln.

Kloofman hatte ihn nicht getäuscht mit seinem Lächeln, seinen Lobesworten, seinem Versprechen, ihn auf die Ebene der Hohen Regierung zu hieven, seiner scheinbaren Freude an Quellens Kühnheit. Kloofman fürchtete, Mortensen könnte etwas zustoßen, das seine eigene Macht zerstören würde, ja, aber Kloofman schien nicht so leicht nach der Pfeife eines anderen zu tanzen, wie es den Anschein hatte.

Er wird Lanoy und Mortensen von mir übernehmen und mich dann vernichten, dachte Quellen. Das hätte mir von Anfang an klar sein müssen. Wie konnte ich hoffen, Kloofman übertölpeln zu können?

Aber er bedauerte es nicht, den Versuch unternommen zu haben. Ein Mann ist kein Wurm; er kann sich auf die Hinterbeine stellen, er kann um seine Position kämpfen. Er kann es versuchen. Quellen hatte es versucht. Er hatte etwas so Törichtes getan, daß es beinahe absurd war, und es in Ehren abgewickelt, auch wenn der Erfolg wohl nur ein scheinbarer war.

Aber jetzt mußte er sich beeilen, um gegen Kloofmans Zorn geschützt zu sein. Er hatte immerhin ein wenig Zeit, die genützt werden konnte. Die Euphorie seiner Begegnung mit Kloofman war verflogen, er dachte wieder klar und logisch.

Er erreichte das Sekretariat Verbrechen und erteilte sofort Anweisung, Lanoy wieder aus dem Gewahrsamstank zu holen. Man brachte den Mann in Quellens Büro. Er wirkte bedrückt und niedergeschlagen.

»Das wird Ihnen noch leid tun, Quellen«, sagte Lanoy bitter. »Ich habe keine Witze gemacht, als ich sagte, Brogg hätte alle seine Anzeiger auf mich umgestellt. Ich kann die Nachricht von Ihrem Haus in Afrika der Hohen Regierung innerhalb von —«

»Sie brauchen mich nicht zu denunzieren«, sagte Quellen. »Ich lasse Sie gehen.«

Lanoy war entgeistert.

»Aber Sie sagten doch —«

»Das war vorher. Ich lasse Sie frei und lösche von den Aufzeichnungen über Sie, was ich kann.«

»Sie haben also doch nachgegeben, wie? Sie haben begriffen, daß Sie das Risiko, ich würde Sie bloßstellen, nicht eingehen können?«

»Im Gegenteil, ich habe nicht nachgegeben. Ich habe selbst der Hohen Regierung von meinem Haus in Afrika erzählt. Ich habe Kloofman persönlich die Wahrheit gesagt. Es hat keinen Sinn, lange mit Untergebenen zu reden. Ihre Geräte werden also nichts mitteilen, was nicht schon bekannt wäre.«

»Sie können nicht verlangen, daß ich das glaube, Quellen.«

»Es ist aber die Wahrheit. Und deshalb hat sich der Preis dafür, daß ich Sie freilasse, geändert. Es geht nicht mehr um Ihr Stillschweigen, sondern um Ihre Dienste.«

Lanoys Augen weiteten sich.

»Was haben Sie gemacht?«

»Allerhand. Aber wir haben keine Zeit dafür. Ich bringe Sie sicher aus diesem Gebäude. Zu Ihrem Labor müssen Sie auf eigene Faust zurück. Ich komme in ungefähr einer Stunde nach.« Quellen schüttelte den Kopf. »Nicht, daß ich glaube, Sie würden lange frei herumlaufen, Lanoy. Kloofman giert nach Ihrer Maschine. Er will damit politische Sträflinge fortschicken. Und die Einnahmen steigern. Sein Arbeitslosenproblem löst er, indem er die Proleten bis 500000 vor Christus zurückschickt und sie von Tigern fressen läßt. Man wird Sie wieder festnehmen, davon bin ich überzeugt. Aber wenigstens habe ich damit nichts zu tun.« Er begleitete Lanoy aus dem Gebäude. Der kleine Vokat warf Quellen einen verständnislosen Blick zu, als er zur Schnellboot-Rampe huschte.

»Wir sehen uns bald«, sagte Quellen.

Er bestieg ebenfalls ein Schnellboot und fuhr zu seiner Wohnung, um eine letzte Aufgabe zu erledigen. Hatte Kloofman schon Schritte gegen ihn unternommen? Ohne Zweifel. In den Räumen der Hohen Regierung würden Notsitzungen stattfinden. Es würde aber nicht mehr lange dauern, dann war Quellen in Sicherheit.

Er begriff inzwischen vieles. Etwa, weshalb Kloofman die Zeitmaschine unbedingt haben wollte: als ein Werkzeug, um seine Macht über die Welt auszudehnen. Skrupellos war das. Und ich hätte ihm beinahe geholfen, sie zu bekommen.

Quellen begriff auch, weshalb die registrierten Springer alle aus der Zeit zwischen 2486 und 2491 gekommen waren. Das hieß nicht, daß der rückwärts fließende Strom nächstes Jahr abgeschnitten wurde, wie er angenommen hatte. Es bedeutete lediglich, daß die Kontrolle über die Maschine von Lanoy an Kloofman überging und alle nach 2491 fortgeschickten Springer durch das neue Verfahren mit größerer Reichweite so weit zurückgeschleudert wurden, daß sie keinerlei Bedrohung mehr für Kloofmans Regime sein konnten. Und natürlich in keinen Geschichtsdokumenten mehr auftauchten. Quellen war entsetzt. Er wollte nichts mit einer Welt zu tun haben, in der die Regierung eine solche Macht besaß.

Er betrat seine Wohnung und schaltete das Statgerät ein. Das Leuchten der Thetakraft hüllte ihn ein. Quellen trat hindurch und kam in seinem Haus in Afrika heraus.

»Mortensen?« rief er. »Wo sind Sie?«

»Hier unten!«

Quellen schaute über die Veranda hinunter. Mortensen angelte. Er war nackt bis zu den Hüften, die blasse Haut war halb rot, halb gebräunt. Er winkte Quellen freundlich zu.

»Kommen Sie«, sagte Quellen. »Sie gehen nach Hause.«

»Ich bleibe lieber, danke. Mir gefällt es hier.«

»Unsinn. Sie sind vorgesehen zum Springen.«

»Warum springen, wenn ich hier sein kann?« fragte Mortensen vernünftig. »Ich verstehe nicht, warum Sie mich hergebracht haben, aber ich habe keine Lust mehr, wegzugehen.«

Quellen hatte keine Zeit für Diskussionen. Es paßte nicht in seinen Plan, Mortensen an seinem Sprung am 4. Mai zu hindern. Quellen hatte kein persönliches Interesse daran, die dokumentierte Vergangenheit auf den Kopf zu stellen, und Mortensens Wert als Geisel würde sehr bald gleich Null sein. Es war denkbar, daß Mortensens Versäumnis, planmäßig zu springen, den Fortbestand von Quellens eigener Existenz gefährdete, falls er zufällig ein später Nachkomme des Mortensen in der Vergangenheit war. Warum das Risiko eingehen? Mortensen mußte springen.

»Kommen Sie«, sagte Quellen.

»Nein.«

Quellen stieg seufzend hinunter und setzte den Mann wieder unter Narkose. Er schleppte den erschlafften Mortensen ins Haus, stieß ihn durch das Stat und folgte ihm. Mortensen lag ausgestreckt am Boden von Quellens Kleinwohnung. Nach kurzer Zeit würde er erwachen und zu begreifen versuchen, was ihm alles zugestoßen war. Vielleicht würde er auch versuchen, nach Afrika zurückzukehren. Aber bis dahin würde er schon auf dem Televektorfeld von Appalachia aufgetaucht sein, und Kloofmans Leute würden ihn holen. Kloofman würde dafür sorgen, daß Mortensen zum richtigen Zeitpunkt sprang.

Quellen verließ die Wohnung zum letztenmal. Er stieg die Flugrampe hinauf und wartete auf das Schnellboot. Er kannte dank Brogg den Weg zu Lanoys Hütte.

Er hätte lieber über Kloofman triumphiert, als diesen Weg zu gehen, aber er hatte in einer Falle gesessen, und dann mußte man den vernünftigen Weg zur Freiheit suchen, nicht den ruhmreichsten. Die Entscheidung war natürlich ironisch genug: Der Mann, der den Auftrag hatte, die Springersache zu klären, wurde selbst ein Springer. Trotzdem bestand hier eine gewisse Unausweichlichkeit, wie Quellen erkannte, schon von Anfang an. Sie hatte ihn dazu gezwungen, wie Norm Pomrath und Brogg und andere zu handeln. Er hatte seinen Sprung an dem Tag begonnen, an dem er seine afrikanische Zuflucht erworben hatte. Nun tat er nur den logischen letzten Schritt.