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„Haben Sie die Zeitreise erfunden?“

„Diese Frage ist unwichtig“, erklärte Lanoy. „Jedenfalls habe ich die Kontrolle darüber.“

„Warum reisen Sie dann nicht einfach in die Vergangenheit und begehen dort Diebstähle und schließen Wetten ab?“

„Das könnte ich“, gab Lanoy zu. „Aber der Vorgang ist nicht umkehrbar, und es gibt keinen Weg zurück in die Gegenwart. Und hier gefällt es mir.“

„Hören Sie, Lanoy“, sagte Quellen. „Ich will ganz offen mit Ihnen reden: Wir wollen Ihre Zeitmaschine — und zwar schnell.“

„Tut mir leid“, grinste Lanoy. „Sie ist Privatbesitz. Sie haben kein Recht darauf.“

Quellen dachte an Koll und Spanner und empfand gleichzeitig Angst und Ärger. „Wenn ich mit Ihnen fertig bin, werden Sie sich wünschen, daß Sie mit Ihrer Maschine eine Million Jahre in die Vergangenheit gereist wären.“

Lanoy blieb ruhig, und Quellen stellte überrascht fest, daß Brogg lächelte. „Aber Kriposek“, sagte der Kleine. „Sie fangen jetzt an, ärgerlich zu werden, und das ist der Logik abträglich.“

Quellen mußte Lanoy recht geben, konnte sich aber dennoch nicht beherrschen. „Ich lasse Sie einsperren, bis Sie verfaulen“, drohte er.

„Und was bringt Ihnen das ein?“ fragte Lanoy. „Würde es Ihnen übrigens etwas ausmachen, mir etwas mehr Sauerstoff zu geben? Ich bin hier am Ersticken.“

Quellen war verblüfft, so daß er unwillkürlich das Ventil weiter aufdrehte. Brogg war sichtlich erstaunt, und selbst Mikken riß ungläubig die Augen auf, als er diese unerhörte Handlung seines Vorgesetzten sah.

„Wenn Sie mich verhaften lassen, werden Sie das noch bereuen, Quellen. Ich tue nichts Verbotenes — und das wissen Sie ganz genau.“

Quellen wußte nicht, was er sagen sollte. Lanoy hatte im Augenblick alle Trümpfe in der Hand, und Brogg schien sich an seinem Dilemma maßlos zu erfreuen.

Quellen kaute auf seiner Unterlippe herum und wünschte sich nichts so sehnlich, als jetzt am Ufer seines Flüßchens im Kongo zu sitzen und auf die Krokodile mit Steinen zu werfen.

„Jedenfalls werde ich Ihren Zeitreisen ein Ende machen“, erklärte Quellen schließlich.

Lanoy hatte dafür nur ein mitleidiges Lächeln übrig. „Das würde ich Ihnen nicht raten, Quellen.“

„Für Sie immer noch Kriposek Quellen, Lanoy.“

„Das würde ich Ihnen nicht raten, Quellen“, wiederholte Lanoy. „Wenn Sie jetzt den Strom der Springer abschneiden, bringen Sie die ganze Vergangenheit in Unordnung.

Diese Leute wollen zurück. So steht es in den Geschichtsbüchern. Einige von ihnen haben geheiratet und Kinder gezeugt, und ihre Abkömmlinge leben heute. Wer weiß, ob Sie nicht selbst der Urenkel eines Springers sind, Quellen — oder eines Mannes, den ich nächste Woche in die Vergangenheit schicken werde. Und wenn dieser Springer nicht in die Vergangenheit kommt, dann verschwinden Sie plötzlich, Quellen, wie ein Licht, das man ausgeblasen hat. Eine hübsche Todesart, nicht wahr, Kriposek?“

Quellen sah den Kleinen böse an. Brogg stand stumm hinter Lanoy, und dem Kriposek wurde plötzlich klar, daß der stämmige Untersek die ganze Zeit nichts anderes als seine, Quellens, Stellung vor Augen gehabt hatte, und daß Lanoy im Augenblick den letzten Stein aus dem Wege räumte.

Marok, Koll, Spanner, Brogg und jetzt Lanoy — sie alle hatten es nur auf Quellens Sturz abgesehen. Das Ganze war eine Verschwörung. Er verfluchte im stillen die zweihundert Millionen Einwohner von Appalachia und fragte sich, ob er wohl je wieder einen Augenblick für sich allein haben würde.

„Die Vergangenheit wird nicht geändert werden, Lanoy“, sagte er. „Wir werden Sie einsperren und Ihnen Ihre Maschine wegnehmen — aber dann sorgen wir selbst dafür, daß die Springer in die Vergangenheit gelangen. Wir sind keine Dummköpfe, Lanoy — wir werden schon dafür sorgen, daß alles so bleibt, wie es ist.“

Lanoy sah ihn einen Augenblick mit so etwas wie Bedauern an — so wie man vielleicht einen besonders seltenen Schmetterling auf einer Präpariernadel ansieht.

„So haben Sie sich das also ausgedacht, Kriposek? Warum haben Sie mir das nicht schon früher gesagt? In diesem Falle muß ich natürlich Schritte zu meinem Schutze unternehmen.“

Quellen hätte sich am liebsten versteckt. „Und was wollen Sie tun?“

„Ich schlage vor, wir beide unterhalten uns unter vier Augen darüber, Quellen“, meinte der Kleine. „Es könnte sein, daß einige Dinge zur Sprache kommen, die Ihre Untergebenen nicht hören sollten.“

Quellen sah Broog an. „Haben Sie ihn durchsucht?“

„Er ist sauber“, erklärte Brogg. „Keine Sorge. Wir warten im Vorzimmer. Kommen Sie, Mikken.“

Jetzt, da sich nur mehr zwei Personen im Raum befanden, drehte Quellen das Sauerstoffventil etwas zu.

„Lassen Sie offen, Quellen“, sagte Lanoy. „Ich atme gerne gut auf Regierungskosten.“

„Was wollen Sie?“ fragte Quellen. Er war ärgerlich, Lanoy war ihm von Grund auf zuwider, eine Art von Mensch, die Quellens Stolz und Würde beleidigte.

„Ich will ganz offen reden, Kriposek“, sagte der Kleine. „Ich will meine Freiheit, und ich will weiter im Geschäft bleiben. So gefällt es mir. Das will ich.

Sie wollen mich verhaften und mir mein Geschäft wegnehmen. Stimmt’s?“

„Ja.“

„Wir haben es also mit zwei einander diametral entgegengesetztenWünschen zu tun. Der stärkere Wunsch behält die Oberhand — so ist es immer. Ich bin stärker, folglich werden Sie mich gehen lassen und Ihre Untersuchungen aufgeben.“

„Wer sagt denn, daß Sie der Stärkere sind, Lanoy?“

„Ich bin stark, weil Sie schwach sind. Ich weiß eine ganze Menge über Sie, Quellen. Ich weiß, daß Sie große Menschenansammlungen nicht mögen und gerne frische Luft auf offenen Plätzen haben. Ziemlich schwierig zu verwirklichende Wünsche in einer Welt wie der unseren, finden Sie nicht auch?“

„Reden Sie weiter“, sagte Quellen. Im stillen verfluchte er Brogg. Kein anderer als er konnte Lanoy sein Geheimnis verraten haben.

„Sie werden mich also ungeschoren lassen — sonst könnte sein, daß Sie plötzlich wieder in einer Zwölfer- oder sogar einer Zehner-Wohnung sitzen. Das würde Ihnen gar nicht gefallen, Kriposek. Sie müßten Ihr Zimmer mit einem anderen Menschen teilen, obwohl Sie einen Zimmergenossen vielleicht nicht ausstehen können. Und wenn Sie einen Zimmergenossen haben, können Sie auch nicht einfach weglaufen — er würde Sie sonst melden.“

„Was meinen Sie damit — weglaufen?“ Quellens Stimme klang kaum lauter als ein Flüstern.

„Ich meine — nach Afrika, Quellen.“

Jetzt war es heraus, dachte Quellen. Brogg hat mich verraten und verkauft. Quellen war völlig in der Hand des Kleinen, da dieser sein Geheimnis kannte.

„Ich würde Ihnen das nur höchst ungern antun, Quellen. Sie sind kein übler Bursche, dafür, daß Sie in einer Welt leben, für die Sie nichts können. Aber jetzt heißt es ,Sie oder ich’, und Sie wissen ja, daß einem jeden Menschen das Hemd näher sitzt als der Rock.“

Schach und matt.

„Also los“, flüsterte Quellen. „Gehen Sie.“

„Ich wußte doch, daß Sie meinen Standpunkt verstehen würden“, sagte Lanoy. „Ich gehe jetzt. Sie werfen mir keine Steine in den Weg, dann erfährt Koll nichts von Ihrer kleinen Hütte.“

„Hinaus!“ sagte Quellen.

Lanoy stand auf, hob grüßend die Hand und schlüpfte durch die Tür.

4.

Kaum hatte Lanoy das Zimmer verlassen, da trat Koll ein. Quellen, der sein Gesicht in den Händen vergraben hatte, dachte im ersten Augenblick, Lanoy wäre noch einmal umgekehrt. Dann blickte er auf.

„Ich wollte mir Ihren Fang ansehen“, sagte Koll. „Aber ich sehe, daß er nicht hier ist.“