Выбрать главу

Noch ein letztes Mal sprach er Bolitho an.»Sind Sie nicht der Offizier, der vor zwei Wochen in diesen Zwischenfall mit meinem Schiff verwickelt war?»

Seine Stimme hatte einen scharfen, spöttischen Ton, und Bolitho vermutete, daß mit ihm nicht gut Kirschen essen war. Vierundzwanzig Jahre alt… Was hatte Probyn vorhin gesagt? Wie ein eigenes Kommando doch die Menschen verändert.

«Nun?»

«Aye, Sir. Ich war zweiter Mann bei dem Unternehmen. Unser Anführer fiel.»

«Aha. «Er nickte.»Mein Geschützführer hätte das kurz davor ebenfalls fast bewirkt. «Damit ließ er Bolitho stehen.

Dieser bahnte sich nach achtern einen Weg durch die Seeleute, die an Brassen und Fallen arbeiteten und niemanden außer ihren eigenen Offizieren sahen.

Die Boote wurden zum Heck gepullt und dort an den bereitgelegten Leinen festgemacht. Noch bevor Bolitho das Niedergangsluk erreicht hatte, holte die Spite unter dem Segeldruck über und nahm schäumend Fahrt auf.

Die Messe war überfüllt von Offizieren, und der Zahlmeister brachte mit dem Steward Flaschen und Gläser für die zusätzlichen Gäste herbei.

Als sie Probyn Wein anboten, schüttelte er den Kopf und sagte abrupt:»Für mich nicht, danke! Später vielleicht.»

Bolitho wandte sich ab, um den inneren Kampf des Mannes nicht mit ansehen zu müssen. Noch nie hatte er erlebt, daß Probyn einen Drink ablehnte, es mußte ihn jetzt gewaltige Anstrengung kosten. Aber es war sehr wichtig für ihn, Erfolg zu haben, und dafür gab er einiges auf, offensichtlich sogar das Trinken.

Während der Nacht und des folgenden Tages kreuzte die Spite außer Sichtweite der Küste und' näherte sich nur langsam ihrem

Ziel.

Fort Exeter lag auf einer sandigen, vier Meilen langen Insel, die etwa die Form einer Axt hatte. Bei Niedrigwasser war sie durch einen nicht sehr zuverlässigen Damm aus Sand und Kies mit dem Festland verbunden. Daneben lag die Einfahrt zu einer Art Lagune, ein vom Fort aus mühelos zu verteidigender Ankerplatz, den sorgsam postierte Geschütze bestreichen konnten.

Sobald die Landungstruppen abgesetzt waren, sollte die Spite sich zurückziehen und vor der Morgendämmerung wieder außer Sicht sein. Wenn es zu stark abflaute, würde der Angriff verschoben werden, bis wieder genügend Wind aufkam. Auf keinen Fall sollte er aufgegeben werden, außer wenn der Feind mißtrauisch wurde und sich verteidigungsbereit machte.

Bolitho dachte an Major Samuel Paget, den Mann, der den Angriff führen sollte' es schien ihm nicht einmal sicher, daß er in diesem Fall das Unternehmen abbrach.

VIII Fort Exeter

Die Landung um ein Uhr nachts verlief ohne Zwischenfälle. Ein günstiger Wind ermöglichte es der Korvette, bis dicht unter Land zu segeln, wo sie ankerte. Dann wurde mit der Ausschiffung der Truppen begonnen, als sei es ein Übungsmanöver in Friedenszeiten.

Major Paget fuhr mit dem ersten Boot an Land, und als Bolitho schließlich auf den nassen Strand watete, bewunderte er seine geschickte Planung. Er hatte zwei Kanadier mitgebracht, wild aussehende, bärtige Männer in grober Trapperkleidung und nach Fellen riechend, von denen er behauptete, sie seien besser als jeder Spürhund.

Einer der beiden, ein traurig dreinblickender Schotte namens Macdonald, hatte früher einige Jahre in South Carolina gelebt, bis er nach der Niederlage der Loyalisten von seinem Grund und Boden vertrieben worden war. Er erinnerte Bolitho an den einfallsreichen Moffitt.

Paget grüßte Bolitho mit der ihm eigenen Abruptheit.»Alles ruhig. Ich will unsere Leute in Stellung bringen, bevor es hell wird. Wir geben hier Verpflegung und Wasser aus. «Dann musterte er den sternenklaren Himmel und knurrte:»Zu verdammt heiß für meinen Geschmack.»

Stockdale krächzte:»Mr. Couzens kommt mit der letzten Gruppe, Sir.»

«Gut. «Bolitho beobachtete Probyn, der aus einem dunklen Gebüsch stolperte und nach allen Richtungen wie ein Fuchs witterte.»Alles an Land, Sir!»

Hinter ihnen stapften die Seesoldaten vorbei, die Waffen sorgsam verhüllt, wie die stummen Gespenster einer längst vergessenen Schlacht.

Probyn ließ sich vernehmen:»Wenn man bedenkt — hier stehen wir jetzt, Meilen von unserem Schiff entfernt, und marschieren wer weiß in was hinein… Wofür?»

Bolitho lächelte. Er hatte dasselbe gedacht. Die Seesoldaten schienen an Land genauso zu Hause zu sein wie an Bord, aber er spürte die Vorsicht der Seeleute und ihre Neigung, dicht zusammenzubleiben, als würden sie bereits bedroht.

D'Esterre erschien von irgendwoher und zeigte grinsend die Zähne.»Geh zur Marine, und du siehst die Welt, Dick!«Damit lief er weiter, um seinen Leutnant zu suchen, den Säbel wie einen Spazierstock schwingend.

Bolitho blickte hinunter zum Strand, der in der Dunkelheit schwach heraufschimmerte. Die Boote waren schon weg, und er meinte, die Geräusche des Segelsetzens hören zu können. Dann wurde ihm bewußt: an dieser unbekannten Küste waren sie nur auf die Geschicklichkeit zweier kanadischer Späher angewiesen, die Paget sich von der Armee» entliehen «hatte.

Wenn sie nun schon belauert wurden? Wenn ihr Vormarsch in einen vorbereiteten Hinterhalt hineinführte? Doch die Nacht blieb bis auf das Säuseln des Windes in den Bäumen und den gelegentlichen Schrei eines aufgeschreckten Vogels still. Selbst der Wind klang hier anders, was nicht verwunderlich war, dachte Bolitho, als er die seltsamen Palmen betrachtete, die bis fast zum Wasser hinunter wuchsen und dem Land ein fremdartiges, tropisches Aussehen verliehen.

Leutnant Raye von den Marineinfanteristen der Trojan marschierte aus der Dunkelheit heran und meinte fröhlich:»Ah, hier sind Sie. Der Major läßt Ihnen sagen, Sie sollen mit der Nachhut folgen, Mr. Bolitho. Stellen Sie sicher, daß die Leute mit Ihren Leitern und sonstigem Gerät nicht aufeinanderprallen. «Er grüßte Probyn und sagte:»Sie möchten mit zur Hauptgruppe kommen,

Sir.»

Probyn nickte und knurrte:»Verdammte Stoppelhopser, das sind wir jetzt, nichts anderes!»

Bolitho trat beiseite und ließ die Seeleute vorbeiziehen. Einige trugen Sturmgerät, andere Gewehre und Munition. Der Rest war beladen mit Proviant und Wasser.

Leutnant Quinn ging ganz hinten, flankiert in einigem Abstand von undeutlichen Gestalten, den Scharfschützen der Marineinfanterie, die ihren Marsch sicherten.

Bolitho fiel etwas zurück, bis er mit Quinn gleichauf war, und fragte:»Was macht die Wunde, James?»

«Ich spüre sie nicht sehr. «Quinns Stimme klang zittrig.»Aber ich wollte, wir wären an Bord und nicht hier.»

Bolitho fiel ein, daß er vor dem letzten Einsatz fast dasselbe gesagt hatte. D'Esterre und Thorndike, der Arzt, hatten damals unter einer Lampe Karten gespielt, alle anderen schliefen schon.

Quinn fuhr fort:»Ich habe Angst vor meinen Reaktionen, wenn es wieder zum Kampf Mann gegen Mann kommt. «Und dann fügte er beinahe flehend hinzu:»Ich fürchte, das kann ich nicht aushaken!»

«Nur die Ruhe, James, sieh keine Gespenster, bevor es wirklich soweit ist.»

Er wußte genau, wie Quinn zumute war. Dasselbe hatte auch er empfunden, damals nach seiner Verwundung. Für Quinn war es schlimmer, denn er war davor noch nie im Einsatz gewesen.

Quinn schien nicht zu hören.

«Ich denke viel an Sparke, wie er tobte und raste. Ich mochte ihn nie richtig, aber ich bewunderte seinen Mut, seinen. «Er suchte nach Worten.»Seinen Stil.»

Bolitho griff zu, als ein Seemann mit seiner Ladung Gewehre über eine Wurzel stolperte und beinahe gestürzt wäre.»Stil«, ja das beschrieb Sparkes Art am besten.

Quinn seufzte.»Ich könnte niemals tun, was er getan hat. Nicht in tausend Jahren.»

Plötzlich ertönte ein dumpfes Geräusch' einer der Soldaten stieß gerade zum zweiten Mal mit dem Gewehrkolben in ein Gestrüpp.