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«Schlange!«Er wischte sich das Gesicht ab.»Verdammtes Biest, das hat uns gerade noch gefehlt!»

Bolitho sah plötzlich Cornwall im Juli vor sich: Heckenrosen, saftige Wiesen und Felder, über die Hänge Schafe und Kühe verstreut. Er konnte das Land beinahe riechen, konnte das Summen der Bienen hören, das Hacken der Farmarbeiter auf den Feldern.

Fähnrich Couzens sagte keuchend:»Der Himmel wird heller,

Sir!»

Bolitho erwiderte:»Dann müssen wir bald am Ziel sein.»

Aber was, wenn sie statt eines günstigen Verstecks, wie es Macdonald, der Kanadier, versprochen hatte, ein Lager des Feindes vorfanden?

Die Nachhut stieß bereits auf den Haupttrupp, wo Pagets Unteroffiziere die Leute in kleinere Gruppen aufteilten. Man sah die weißen Kreuzgürtel und die karierten Hemden gehorsam in die jeweils zugewiesene Richtung verschwinden.

Im Mittelpunkt der flachen, bewaldeten Senke fanden sich die Offiziere zusammen und erwarteten ihre Weisungen.

Bolitho fühlte sich ungewöhnlich müde und konnte nur mit Mühe ein Gähnen unterdrücken. Sein Kopf war jedoch völlig klar, und er vermutete, daß das Gähnen ein Zeichen von Anspannung war. Er hatte das früher schon erlebt, zu oft schon.

Major Paget, noch immer sehr aufrecht und ohne das geringste Anzeichen von Ermüdung, sagte:»Bleiben Sie bei Ihren Leuten, lassen Sie die Rationen ausgeben, aber passen Sie auf, daß nichts vergeudet wird und daß kein Abfall zurückbleibt. Er blickte d'Esterre bedeutsam an.»Sie wissen, was Sie zu tun haben. Überprüfen Sie alles, verdoppeln Sie die Wachen und schärfen Sie ihnen ein, daß sie in Deckung bleiben. «Zu Probyn sagte er:»Sie übernehmen natürlich hier das Kommando. Aber ich brauche einen Offizier, der mich begleitet.»

Probyn seufzte.»Gehen Sie mit, Bolitho. Wenn ich Quinn schik-ke, wird der Major ihn zum Frühstück verspeisen!»

Bolitho meldete sich bei Paget, nachdem die anderen in der Dämmerung verschwunden waren. Er nahm statt Stockdale Cou-zens mit. In einem Kampf oder Sturm auf See war Stockdale unschlagbar, aber behutsames Schleichen durch unbekanntes Gelände war nicht seine Stärke.

Couzens sprudelte vor Aufregung. Bolitho hatte dergleichen noch nie erlebt. Den Jungen schien all das Schreckliche, das er sah und hörte, nicht im geringsten zu beeindrucken, er schüttelte es mit der Elastizität der Jugend ab.

Major Paget trank aus einer silbernen Feldflasche und reichte sie dann herum. Bolitho stockte der Atem, als der starke Brandy über seine Zunge floß. Couzens dagegen leckte sich die Lippen.»Danke, Sir, das schmeckte himmlisch!»

Paget blickte Bolitho an und rief aus:»„Himmlisch!" In Dreiteufelsnamen, was für eine Marine ist das?»

Sie drangen in südwestlicher Richtung vor, die Ordonnanz folgte ihnen in respektvoller Entfernung. Das Meer lag zu ihrer Linken, zwar außer Sichtweite, aber doch in tröstlicher Nähe.

Dicht vor ihnen spürte Bolitho einige von d'Esterres Kundschaftern, die geräuschlos wie Waldtiere durch das Gestrüpp zogen und ihren Kommandeur vor einem Überraschungsangriff schützten.

Schweigend gingen sie weiter, über sich den langsam heller werdenden Himmel und die verblassenden Sterne, während die Umgebung allmählich Formen annahm.

Plötzlich erhob sich lautlos eine dunkle Gestalt aus dem Schatten, und Paget sagte:»Aha, der kanadische Gentleman!»

Der Späher winkte lässig mit der Hand.»Dies ist nahe genug,

Major, den Rest des Weges müssen Sie auf dem Bauch zurücklegen.»

Paget schnippte mit den Fingern, und die Ordonnanz zog etwas hervor, das aussah wie ein kurzes grünes Cape. Paget nahm Hut und Säbel ab und stülpte sich das Gebilde über den Kopf: bis zum Gürtel war seine Uniform nun vollkommen verborgen. Bolitho sah, daß der Späher und auch Couzens offenen Mundes hinstarrten, die Ordonnanz jedoch verzog keine Miene.

«Hab' das Ding letztes Jahr machen lassen«, erklärte Paget.»Keine Lust, mir von irgendeinem Hinterwäldler ein Loch in den Kopf schießen zu lassen.»

Bolitho grinste.»Gute Idee, Sir. Dergleichen habe ich auch schon bei Wilderern gesehen.»

Der Major ließ sich vorsichtig auf Hände und Knie nieder, und sie robbten eine gute halbe Stunde, bis sie einen geeigneten Aussichtspunkt entdeckt hatten. Jetzt war es schon bedeutend heller, und als Bolitho sich ein wenig aufrichtete, sah er die See' der Horizont wirkte wie ein dünner Goldfaden. Er robbte weiter, die scharfen Grasspitzen zerstachen ihm Gesicht und Hände, der Boden wimmelte von Insekten. Die Sonne stand noch unter dem Horizont, daher lag die Lagune in tiefer Dunkelheit, aber das Fort hob sich gegen die hellere See mit ihren leuchtenden Schaumkronen jetzt deutlich ab: ein schwarzer, formloser Schemen am Ende der flachen Insel. Bolitho sah zwei Laternen und etwas wie ein abgeschirmtes Feuer außerhalb der Mauern, sonst nichts.

Schwer atmend richtete Paget sein Fernrohr durch Gras und Gestrüpp auf das Fort. Er schien laut zu denken.»Muß vorsichtig sein bei diesem Winkel. Wenn die Sonne aufgeht, wird sie von dem verdammten Glas reflektiert.»

Couzens zischte Bolitho zu:»Können Sie die Kanonen sehen,

Sir?»

Dieser schüttelte den Kopf und stellte sich vor, wie die Marine Infanteristen über den angeblich vorhandenen Damm in einen Kartätschenhagel hineinstürmten.»Noch nicht. «Er blickte angestrengt hinüber.»Das Fort ist nicht quadratisch oder rechteckig, es hat sechs oder gar sieben Seiten. Also vielleicht ein Geschütz pro Seite.»

Der Späher kroch näher.»Sie sollen ein Pontonfloß haben, Major. «Er hob den Arm, worauf sich ein saurer Geruch verbreitete.»Wenn sie Lieferungen von der Landseite her bekommen, packen sie Pferde und Wagen auf den Ponton und ziehen das Ding hinüber.»

Paget nickte.»Wie ich's mir dachte. So werden auch wir morgen früh um diese Zeit übersetzen, wenn die Burschen noch schlafen.»

Der Späher sog an seinen Zähnen.»Nachts wäre es besser.»

Paget erwiderte verächtlich:»Die Dunkelheit ist für alle gleich hinderlich, Mann! Nein, heute beobachten wir sie, morgen früh greifen wir an.»

«Wie Sie wollen, Major.»

Paget wälzte sich schwerfällig zur Seite und blickte Bolitho an.»Sie übernehmen die erste Wache. Schicken Sie den Jungen zu mir, wenn Sie was Besonderes sehen. «Damit verschwand er erstaunlich lautlos im Gestrüpp.

Couzens lächelte etwas gezwungen.»Sind wir allein, Sir?«Zum ersten Mal klang seine Stimme nervös.

Bolitho lächelte ebenso gezwungen.»Scheint so. Aber Sie haben gesehen, wo der letzte Posten steht. Wenn Sie mit einer Meldung zurück müssen, lassen Sie sich von ihm weiterleiten, damit Sie sich nicht verirren.»

Er nahm die Pistole aus dem Gürtel und untersuchte sie sorgfältig, dann zog er den Dolch aus der Scheide und steckte ihn in den Boden, damit die Klinge nicht reflektierte.

Langsam wurde es unerträglich heiß; Bolitho versuchte, nicht an kühles Trinkwasser zu denken.

Nach einer Weile sagte Couzens:»Endlich weiß ich, daß ich etwas tue, etwas Nützliches.»

Bolitho seufzte.»Hoffentlich haben Sie recht.»

Als sich nach einiger Zeit die Sonne über den Horizont schob und ihre ersten Strahlen das Fort und den geschützten Ankerplatz in helles Licht tauchten, hatte Bolitho eine ganze Menge über seinen Gefährten erfahren. Couzens war der fünfte Sohn eines Geistlichen aus Norfolk, hatte eine Schwester namens Beth, die den Sohn des Gutsherren heiraten wollte, wenn sich auch nur die geringste Chance dazu bot, und seine Mutter konnte den besten Apfelkuchen der ganzen Grafschaft backen.

Sie verfielen beide in Schweigen, als sie das nun klar zu erkennende Fort und dessen Umgebung betrachteten. Bolitho hatte hinsichtlich der Form recht gehabt. Es war sechseckig, und der Raum zwischen den dicken Doppelwänden aus Palmenholz war mit Steinen und festgestampfter Erde gefüllt. Sowohl die innere wie auch die äußere Palisade trugen eine Brustwehr. Bolitho schätzte, daß auch die schwerste Kanonenkugel kaum diese Wände durchschlagen konnte.