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Charlstown reichte: ein Band aus Blau und Weiß, hin und wieder unterbrochen vom Braun der Pferde und glänzenden schwarzen Flecken, die nur Artillerie sein konnten.

Paget verschränkte die Arme und schaukelte auf den Hacken vor und zurück.»Hier kommen sie also. Damit ist jedes Täuschungsmanöver überflüssig, denke ich. «Er blickte zur Spitze des Flaggenmastes auf, seine Augen waren rotgerändert vor Anstrengung.»Heiß die Flagge, Sergeant! Wir wollen sie ein bißchen ärgern.»

Bolitho senkte das Glas. Quinn war noch unten bei dem erst zum Teil zerstörten Floß und sah die drohende Marschkolonne auf der Küstenstraße nicht. Probyn draußen schien zu sehr damit beschäftigt, von der Sandspitze freizukommen, um etwas zu bemerken. Vermutlich hätte es ihn auch nicht mehr interessiert.

Er suchte den Horizont ab, seine Augen schmerzten in der gleißenden Helligkeit. Nichts unterbrach die scharfe, blaue Linie, was auf die Anwesenheit eines Segels hingedeutet hätte. Bolitho dachte an den gefangenen französischen Offizier. Wenn er Glück hatte, würde seine Gefangenschaft eine der kürzesten sein, die es je gegeben hatte.

Paget knurrte:»Bewegen Sie sich, Sir! Hauptbatterie auf den Damm richten! Sie haben doch einen guten Läufer unter Ihren Leuten, nehme ich an? Ich möchte jedes der Geschütze voll geladen wissen. An die Arbeit, verdammt!»

Bolitho wandte sich zum Gehen, hörte Paget aber noch wie im Selbstgespräch hinzufügen:»Es interessiert mich nicht, was sie uns anbieten oder versprechen. Wir kamen, um dieses Fort zu zerstören, und das werden wir tun, so wahr mir Gott helfe!»

Als Bolitho den Hof erreicht hatte, blickte er noch einmal zum Turm hinauf. Paget stand barhäuptig in der Sonne und starrte den soeben gehißten Union Jack an, den die Marineinfanteristen mitgebracht hatten.

Dann hörte er einen Seemann zu seinem Kameraden sagen:»Mr. Bolitho sieht nicht sonderlich beunruhigt aus, Bill. Dann kann es nicht so schlimm sein.»

Bolitho sah die beiden an, als er vorbeiging, und sein Herz war zugleich schwer und froh. Sie fragten nicht, warum sie hier waren. Gehorsam, Vertrauen und Hoffnung gehörten genauso zu diesen Leuten wie ihr Fluchen und Raufen.

Er traf Rowhurst am Tor.»Sie haben es zweifellos gehört?»

Rowhurst grinste.»Gesehen auch, Sir. Eine ganze verdammte Armee auf dem Marsch! Und das nur für uns!»

Bolitho lächelte knapp.»Wir haben genügend Zeit, alles zu ihrem Empfang vorzubereiten.»

«Aye, Sir. «Rowhurst blickte beredt auf den Stapel von Pulverfässern und Zunder.»Eins ist sicher — beerdigen müssen sie uns nicht. Sie brauchen nur die paar übriggebliebenen Fetzen aufzusammeln!»

X Nachtgefecht

Bolitho betrat den Raum oben im Turm, wo der frühere Fortkommandant spartanisch einfach gelebt hatte, und fand Paget mit d'Esterre über eine Karte gebeugt, lebhaft diskutierend.

Bolitho fragte:»Sie haben nach mir geschickt, Sir?»

Kaum erkannte er seine eigene Stimme wieder. Die Müdigkeit war fast totaler Erschöpfung gewichen. Den ganzen Tag über war er von einer Aufgabe zur anderen gehetzt, sich ständig der blauweißen Schlange bewußt, die an der Küste entlang auf sie zukam, bald in und bald außer Sicht. Zur Zeit war sie ganz verschwunden, und es schien, als biege die Straße scharf ins Landesinnere ab, bevor ein Seitenweg zur Insel hin abzweigte.

Paget blickte auf. Er hatte sich rasiert und sah in seiner gut gebügelten Uniform frisch und adrett aus.

«Ja. Es wird nicht mehr lange dauern. «Er deutete auf einen Stuhl.»Alles erledigt?»

Bolitho setzte sich steif.»Erledigt. «Was für ein endloses Durcheinander von Aufgaben und Arbeiten sie bewältigt hatten! Tote mußten begraben, Gefangene an einen Platz geschafft werden, wo man sie mit der geringsten Anzahl von Leuten bewachen konnte. Vorräte und Wasser mußten überprüft, Schießpulver in das tiefst-gelegene Magazin geschafft werden, damit es eine einzige, vernichtende Explosion gab, sobald der Brand der Zündschnüre sein Ziel erreicht hatte. Die schweren Geschütze mußten gedreht und gegen das Land gerichtet werden, damit sie den Damm und den gegenüberliegenden Küstenstreifen unter Beschuß nehmen konnten.

«Ich habe alle Seeleute ins Fort kommen lassen, wie von Ihnen angeordnet«, ergänzte Bolitho.

«Gut. «Paget schenkte ein Glas Wein ein und schob es über den Tisch.»Trinken Sie, er ist nicht schlecht. «Dann fuhr der Major fort:»Sie müssen wissen, das meiste beruht auf Bluff. Wir wissen eine ganze Menge über diese Burschen, aber sie wissen kaum etwas über uns. Sie werden zwar meine Marinesoldaten bemerken, aber ein Rotrock sieht aus wie der andere. Warum sollten sie uns für Marine halten? Wir könnten ebensogut ein starkes Aufgebot von regulären Truppen sein, das sich durch ihre Linien gekämpft hat. Das wird sie beunruhigen.»

Bolitho blickte d'Esterre an, aber dessen normalerweise so lebhaftes Gesicht war ausdruckslos; daher vermutete Bolitho, daß die Idee, die Anwesenheit der Seeleute geheimzuhalten, von ihm und nicht von Paget stammte.

Es war sinnvoll. Schließlich lagen keine Boote da, und niemand wußte besser als der zurückkehrende Fortkommandant, wie unmöglich es war, ein Kriegsschiff unbehelligt von den schweren Geschützen auf den Ankerplatz zu segeln.

Der ungünstige Wind hatte noch an Stärke zugenommen und den ganzen Nachmittag über Staubwolken von der Marschsäule herangetrieben wie Rauch von Geschützfeuer.

Paget bemerkte:»Etwa eine Stunde bis Sonnenuntergang. Aber sie werden sich noch vor Einbruch der Dunkelheit bemerkbar machen, darauf gehe ich jede Wette ein.»

Bolitho blickte durch ein schmales Fenster auf der anderen Seite. Er konnte einen Teil des Hanges sehen, auf dem er mit dem jungen Couzens gelegen hatte, scheinbar vor tausend Jahren. Die sonnenverbrannten Büsche bewegten sich im Wind wie rauhes Pelzwerk, und die Abendsonne tauchte alles in feurige Farbtöne.

Die Seesoldaten hatten sich unten bei den jetzt umgestürzten Floßbalken Löcher gegraben, in denen sie vom Festland aus nicht zu sehen waren. D'Esterre hatte gute Arbeit geleistet. Jetzt hockten sie alle darin und warteten auf den Feind.

Bolitho bemerkte mit müder Stimme:»Wasser ist unser Hauptproblem, Sir. Die Garnison hat es immer aus einem Bach weiter landeinwärts geholt. Jetzt ist nicht mehr viel Wasser da. Wenn sie wüßten, daß wir auf ein Schiff warten, könnten sie sich genau ausrechnen, wieviel Zeit uns bleibt.»

Paget holte Luft.»Ich habe natürlich daran gedacht. Sie werden versuchen, uns zu bombardieren, aber da sind wir im Vorteil. Dieser Strand ist zu weich für ihre schweren Geschütze, und es wird mindestens einen weiteren Tag dauern, sie auf den Hügel zu schaffen, um uns von dort aus unter Beschuß zu nehmen. Was den Damm betrifft, so kann ich mir nicht vorstellen, daß sie darüber einen Frontalangriff riskieren würden, nicht einmal bei Niedrigwasser!»

Bolitho sah d'Esterre leise lächeln. Möglicherweise dachte er daran, daß Paget genau das von ihm und seinen Leuten erwartet hatte — für den Fall, daß es Bolitho nicht gelang, die Tore rechtze i-tig zu öffnen.

Die Tür wurde aufgestoßen, und der Leutnant vom Flaggschiff meldete aufgeregt:»Feind in Sicht, Sir!»

Paget starrte ihn an.»Wirklich, Mr. Fitzherbert, dies ist eine Garnison und nicht die Bühne im Drury-Lane-Theater!«Trotzdem stand er auf und trat in den heißen Sonnenschein hinaus. Auf der Brustwehr ließ er sich ein Teleskop reichen und schaute hindurch.

Bolitho stützte sich auf das heiße Holz der Brüstung und blickte zum Land hinüber. Zwei Reiter, fünf oder sechs Infanteristen und ein großer schwarzer Hund drängten sich auf dem engen Strand — offenbar eine Vorhut.

Paget sagte:»Sie suchen das Floß. Ich kann beinahe hören, wie ihre Hirne arbeiten.»

Bolitho blickte ihn an. Paget genoß doch tatsächlich die Situation!