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Einer der Reiter stieg ab, der Hund lief zu ihm hin und wartete eifrig wedelnd. Sein Herr, anscheinend der Dienstälteste der Gruppe, tätschelte seinen Kopf mit routinierter Gebärde.

Fitzherbert fragte vorsichtig:»Was werden sie tun, Sir?»

Paget antwortete nicht sofort, sondern sagte zu d'Esterre:»Sehen Sie, wie die Hufe der Pferde sich in den Sand graben? Das einzige Stück befestigter Straße führt zum Anlegeplatz für das Floß. «Er senkte sein Glas und lachte in sich hinein.»Das haben die sich nicht träumen lassen, daß sie einmal hier die Angreifer spielen müssen!»

Sergeant Shears rief:»Ein paar von ihnen sind schon oben auf dem Hügel, Sir!»

«Von dort können sie uns Gott sei Dank nicht mit Gewehrfeuer erreichen«, sagte Paget und rieb sich vergnügt die Hände.»Sagen Sie Ihrem Artilleristen, er soll einen Schuß auf den Damm setzen. «Er blickte Bolitho scharf an.»Sofort!»

Rowhurst hörte Pagets Befehl mit offensichtlicher Begeisterung.»So gut wie besorgt, Sir!»

Mit Hilfe seiner Leute richtete er das schwere Geschütz auf den nassen Sand am Ende des Dammes.»Klar zum Feuern, Jungs!»

Bolitho schrie:»Haltet euch außer Sicht! Stockdale, sehen Sie zu, daß unsere Leute in Deckung bleiben!»

«Feuer!«Der Krach des Schusses hallte über das Wasser wie Donner. Scharen von Vögeln flatterten schreiend aus den Bäumen, und Bolitho sah gerade noch, wie eine gewaltige Wand feuchten Sandes hochgeschleudert wurde, als die Kugel wie eine Riesenfaust einschlug. Die Pferde scheuten, der Hund rannte wild bellend im Kreise herum.

Bolitho griff grinsend nach Rowhursts Arm.»Wieder laden!«Er schritt zurück zum Turm und sah, daß Quinn ihn von der anderen Brustwehr aus beobachtete.

Paget sagte anerkennend:»Guter Schuß! Gerade nahe genug, damit sie merken, daß wir bereit und gerüstet sind.»

Ein paar Augenblicke später rief Sergeant Shears:»Weiße Flagge, Sir!»

Ein Reiter galoppierte zum Damm, wo eine Rauchfahne noch die Einschlagstelle anzeigte.

Paget befahclass="underline" »Klar zum nächsten Schuß, Mr. Bolitho!»

«Es ist die Parlamentärsflagge, Sir!«Bolitho vergaß seine Müdigkeit und begegnete trotzig Pagets Blick.»Ich kann Rowhurst nicht befehlen, darauf zu feuern.»

Erstaunt hob Paget die Brauen.»Was soll das? Eine Anwandlung von Ehre?«Er wandte sich an d'Esterre:»Erklären Sie's ihm!»

D'Esterre sagte ruhig:»Sie wollen uns auf den Zahn fühlen, unsere Stärke herausfinden. Diese Leute sind keine Narren. Wenn sie auch nur einen Seemann entdecken, wissen sie, wie wir hergekommen sind.»

Fitzherbert rief:»Der Reiter ist ein Offizier, Sir!»

Was es nicht gerade einfacher machte.

Bolitho hielt die Hand über die Augen, um den fernen Reiter und sein Pferd zu betrachten. Wie konnte er nur in solch einem Augenblick über Ehre und Skrupel diskutieren? Heute oder morgen würde man von ihm erwarten, daß er denselben Mann im Kampf niederstach, ohne einen Gedanken an ihn zu verschwenden. Und doch.

Er sagte schroff:»Ich lasse eine Kugel mitten auf den Damm setzen.»

Paget wandte sich vom Studium der kleinen Gruppe ab.»Schön, aber fangen Sie endlich an!»

Der zweite Schuß war genauso gut gezielt wie der erste und schleuderte Gischt und Sand hoch in die Luft, während der Reiter versuchte, sein scheuendes Pferd wieder unter Kontrolle zu bringen.

Dann wendete er und trabte zurück.

«Jetzt wissen sie Bescheid. «Paget schien befriedigt.»Ich gehe ein Glas Wein trinken. «Dann verschwand er wieder in seiner Stube.

D'Esterre lächelte grimmig.»Ich glaube, Kaiser Nero hatte gewisse Ähnlichkeit mit Paget, Dick.»

Bolitho nickte und ging auf die Seeseite des Turmes. Von Pro-byns Schiff war nichts mehr zu sehen, und er malte sich aus, wie die Distanz bei diesem für ihn günstigen Wind rasch zunahm. Wenn der Feind das Schiff beim Auslaufen wirklich gesehen hatte, so nahm er wohl an, daß es beim Anblick der Rotröcke im Fort umgekehrt sei, denn wenn es ihnen gehörte, warum liefen dann die neuen Besetzer nicht mit ihm aus?

Bluff, Patt, Vermutungen, alles gipfelte in einer Frage: Was sollten sie tun, wenn die Korvette aus irgendeinem Grund nicht kam, um sie abzuholen? Wenn der Wasservorrat zu Ende ging? Würde Paget sich ergeben? Es war nicht sehr wahrscheinlich, daß der feindliche Kommandeur zur Milde neigen würde, nachdem sie sein Fort und alle Waffen in die Luft gejagt hatten.

Bolitho beugte sich über die Brustwehr und betrachtete die Seeleute, die im Schatten darauf warteten, daß es für sie Arbeit gab. Wenn das Wasser ausging, würden diese Leute dann noch genauso gehorsam sein? Konnte man erwarten, daß sie dann ihre Hände von dem großen Rumvorrat ließen, den sie bei den Ställen ans Tageslicht gebracht hatten?

Bolitho rief sich Pagets Worte ins Gedächtnis. Er wußte jetzt, woher der Feind einen großen Teil seiner Munition und seines Pulvers bekam. Doch diese Information würde Konteradmiral Coutts wenig nützen, wenn ihr tapferes Unternehmen hier zu Ende

ging.

Wenn er nur erst wieder auf der Trojan wäre, dachte er plötzlich. Er wollte sich auch nie wieder beklagen, selbst wenn er den Rest seiner Dienstzeit als Leutnant an Bord dieses Schiffes verbringen mußte.

Der Gedanke ließ ihn trotz seiner Unsicherheit lächeln. Er wußte insgeheim, daß er wieder genauso eifrig nach einem eigenen Kommando streben würde, wenn er diesmal überlebte.

Da hörte er Leutnant Raye von den Marineinfanteristen der Trojan die Leiter heraufkommen und d'Esterre Meldung machen.

Für Bolitho war dies eine ganz andere Welt. Eine Taktik, die mit der Geschwindigkeit von Fußvolk oder Kavallerie rechnete, nicht mit majestätischen Segeln, wie verletzlich diese auch sein mochten, wenn die Kanonen donnerten… Nur mit Männern in Uniform, die auf festen Boden fielen, wenn ihre Zeit gekommen war. Aus, vergessen.

Er fühlte eine Kälte im Nacken, als d'Esterre zu den beiden Leutnants sagte:»Ich bin sicher, daß sie heute nacht angreifen werden. Erst einmal, um uns auf den Zahn zu fühlen, dann mit voller Stärke, wenn wir nicht mehr damit rechnen. Ich brauche zwei Züge in Sofortbereitschaft. Die Geschütze werden über ihre Köpfe hinweg feuern, also halten Sie die Soldaten in ihren Löchern, bis ich Angriff befehle. «Er wandte sich um und blickte Bolitho an.»Ich brauche zwei Kanonen unten am Damm, sobald es dunkel ist. Möglicherweise müssen wir sie beim Zurückweichen aufgeben, aber wir haben keinerlei Chance, wenn sie sich nicht gleich zu Anfang ein paar blutige Nasen holen.»

Bolitho nickte.»Ich lasse sie hinschaffen. «Wie ruhig seine Stimme klang, wie die eines Fremden.

Er erinnerte sich an die Gefühle, die ihn beherrscht hatten, als das Floß sich in der Dunkelheit auf das drohende Fort zu in Bewegung gesetzt hatte. Wenn der Feind die Wachen am Damm überrannte, dann war es ein langer Weg bis zu den schützenden Toren für diejenigen, die sich zurückzogen.

D'Esterre beobachtete ihn ernst.»Es klingt schlimmer, als es ist. Wir müssen nur vorbereitet sein, unsere Leute zusammenhalten und den Wachen einschärfen, daß wir nach Einbruch der Dunkelheit mit Besuchern rechnen müssen wie diesen. «Er wies auf die beiden kanadischen Späher.

Als die Schatten länger wurden, begaben sich die Leute auf ihre Stationen und warteten. Der Strand war wieder leer, nur der aufgewühlte Sand verriet, wo Reiter und Soldaten gestanden hatten.

Paget bemerkte beiläufig:»Eine klare, mondlose Nacht. «Er wischte sich die Augen und fluchte:»Nur dieser verdammte Wind erinnert uns ständig an unseren wunden Punkt!»

Gefolgt von Stockdale, verließ Bolitho das Fort und sah zu, wie die beiden Geschütze zum Damm geschafft wurden. Es war harte Knochenarbeit, man hörte dabei keine Witze, wie sonst üblich.

Nach der Hitze des Tages kam es ihnen jetzt kalt vor, und Bolitho fragte sich, wie er und die anderen eine weitere Nacht ohne Schlaf durchhalten sollten. Er kam an den Löchern vorbei, deren Insassen nur an ihren weißen Brustriemen zu erkennen waren, während sie — das Gewehr im Anschlag — übers Wasser spähten.