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Neben ihm stand Cairns, dessen schlanke Gestalt einen Winkel zum Deck bildete, entsprechend der jeweiligen Schräglage des Schiffes. Er wartete geduldig auf eine Bemerkung des Kommandanten.

Pears hatte sich sehr aufgeregt über die Verspätung, mit der sie den Treffpunkt nach ihrem Scheinangriff auf Charlestown erreicht hatten. Das plötzliche Umspringen des Windes, das völlige Fehlen irgendwelcher Nachrichten und das allgemeine Mißtrauen, das er Coutts Plan entgegenbrachte, hatten ihn das Schlimmste befürchten lassen. Coutts selbst mußte wohl etwas von Pears Unruhe gespürt haben, weil er zusätzlich die Fregatte Vanquisher zur Unterstützung der kleineren Spite entsandt hatte, um beim Aufnehmen des Landetrupps zu helfen. Pears hatte dann später ihre Rückkehr auf die Trojan beobachtet, die abgezehrten, trotzig wirkenden Marineinfanteristen — oder vielmehr den kläglichen Rest dieser stolzen Truppe — , die schmutz- und blutverkrusteten Seeleute, dann d'Esterre, Bolitho und schließlich den jungen Couzens, der seinen Fähnrichskameraden halb lachend, halb weinend zuwinkte.

Fort Exeter bestand nicht mehr, und Pears hoffte nur, daß sich der Einsatz gelohnt hatte. Im Geheimen bezweifelte er es.

Grimmig nickte er seinem Sekretär zu.»Gut, Teakle, ich unterschreibe das verdammte Zeug. «Dann blickte er Cairns an:»Muß eine blutige Angelegenheit gewesen sein. Unsere Leute scheinen sich aber wacker geschlagen zu haben.»

Durch die tropfenden Fenster betrachtete er das verschwommene Bild des Flaggschiffs, das auf gleichem Kurs lag, die Segel windgefüllt.

«Und jetzt dies hier, verdammter Mist!»

Cairns folgte seinem Blick. Er wußte wohl besser als jeder andere, was sein Kommandant empfand.

Es hatte ganze sechs Tage gedauert, bis die massigen Linienschiffe sich wieder mit Spite und Vanquisher vereinigt hatten; dann vergingen zwei weitere Tage, in denen Admiral Coutts die Offiziere seines kleinen Geschwaders zu Besprechungen zusammenholte, den entwaffnend zuversichtlichen Franzosen verhörte und schließlich die Informationen verarbeitete, die Paget aus dem Fort gebracht hatte.

Anstatt nun nach New York zurückzukehren, um sich neue Befehle und Ersatz für die Toten und Verwundeten zu holen, mußte die Trojan weiter nach Süden segeln. Pears hatte Order, eine Insel zu finden und schließlich zu zerstören, die — wenn man den Aussagen der Gefangenen Glauben schenken konnte — das wichtigste Glied in der Nachschubkette darstellte, die Washingtons Armeen mit Waffen und Munition versorgte.

Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Pears diesen Einsatz als willkommene Unterbrechung der langweiligen Liege- und ermüdenden Patrouillenzeiten begrüßt.

Das Flaggschiff Resolute würde sie bald verlassen und Courts beeindruckende Berichte dem Oberbefehlshaber in New York überbringen, zusammen mit den Schwerverwundeten und den Gefangenen. Aber der jugendliche Konteradmiral selbst hatte den nach Pears Ansicht noch nie dagewesenen Schritt unternommen, seinen Flaggschiffskommandanten zum stellvertretenden Befehlshaber des Geschwaders zu ernennen, während er seine Flagge auf der Trojan hissen ließ, um den Angriff im Süden selbst zu leiten.

Coutts vermutete wohl zu Recht, daß der Oberbefehlshaber ihn, wenn er mit der Resolute erst einmal in New York eingelaufen war, anderweitig einsetzen würde, eventuell in Zusammenarbeit oder gar unter direktem Befehl des Gesandten Sir George Helpman. Mit der erfolgreichen Ausführung seiner Eroberungspläne wäre es dann vorbeigewesen.

Es klopfte an Pears Tür.

«Herein!»

Er blickte auf und in Bolithos Gesicht, der, den Hut unterm Arm, die Kajüte betrat.

Er sah älter aus, fand Pears, abgespannt, aber selbstsicherer. Um die Mundwinkel hatten sich Falten gebildet, aber die grauen Augen blickten fest und — wie die der zerschlagenen Reste der Marineinfanteristen — trotzig.

Pears bemerkte an der Haltung der Schulter, daß Bolitho noch starke Schmerzen haben mußte, sowohl vom Hieb der Klinge wie auch von der Wundbehandlung durch den Arzt. Aber in seiner frischen Kleidung wirkte er wie völlig wiederhergestellt.

Pears begrüßte ihn:»Gut, Sie heil und in einem Stück zu sehen. «Dann wies er auf einen Stuhl und wartete, bis der Sekretär den Raum verlassen hatte.»Sie werden es bald genug erfahren: Wir segeln nach Süden, um dort eine Nachschubbasis aufzuspüren und zu zerstören. «Er zog eine Grimasse:»Auch noch französisch, zu allem Überfluß.»

Bolitho setzte sich vorsichtig. Seit er frisch gewaschen war und saubere, seltsam ungewohnte Kleidung trug, fühlte er die Spannung allmählich nachlassen.

Sie waren alle nett zu ihm gewesen — Cairns, der Weise, Dalyell, alle — , und er fühlte sich wieder frei und zu Hause in diesem ächzenden, überfüllten Rumpf.

Bis jetzt hatte er keine Ahnung gehabt, was vor sich ging. Nach der schnellen Überfahrt an Bord der Korvette und der Trauer über den Tod weiterer Verwundeter fand er kaum zu etwas anderem Zeit als dazu, seine Version des Erlebten zu Papier zu bringen. Außer ein paar kurzen Worten, als man ihm und den anderen an Bord half, hatte er noch nicht wieder mit Pears gesprochen.

Der Kommandant fuhr nun fort:»Der Krieg fordert einen hohen Zoll. Wir waren knapp an erfahrenen Offizieren, jetzt sind wir noch knapper. «Er starrte auf den leeren Tisch, wo vorher der Bericht gelegen hatte.»Gute Leute sind getötet, andere verstümmelt, die Hälfte meiner Marineinfanteristen fällt aus, und dann sind auch noch zwei Offiziere gefangengenommen! Ich fühle mich wie ein Prediger in einer leeren Kirche.»

Bolitho blickte Cairns an, aber dessen Gesicht verriet nichts. Er hatte morgens eine Brigg mit dem Flaggschiff Signale tauschen und dann in Rufweite gehen sehen, aber über den Inhalt des Gesprächs wußte er nichts. Also fragte er:»Zwei Offiziere, Sir?«Er mußte irgend etwas verpaßt haben.

Pears seufzte.»Erst der junge Huyghue, und dann habe ich heute vom Flaggschiff die Mitteilung erhalten, daß Probyn von einem Kaperschiff aufgebracht worden ist. Und zwar schon einen Tag nach Verlassen des Forts. «Er beobachtete Bolithos Gesicht.»Das war das kürzeste Kommando der Marinegeschichte, scheint mir.»

Bolitho dachte an das letzte Zusammensein mit Probyn — böse, triumphierend, bitter war es gewesen. Jetzt war alles vorbei, hatten sich seine Hoffnungen zerschlagen.

Bolitho empfand Mitleid, nicht mehr.

«Also«, Pears Stimme brachte ihn mit einem Ruck zurück in die Wirklichkeit,»werden Sie hiermit zum Zweiten Offizier dieses Schiffes ernannt, meines Schiffes.»

Bolitho starrte ihn verwirrt an. Vom Vierten zum Zweiten Offizier? Er hatte gehört, daß so etwas vorkam, hatte es sich aber nie für sich vorgestellt.

«Ich — ich danke Ihnen, Sir.»

Pears blickte ihn ernst an.»Freut mich, daß Sie nicht über Pro-byns Geschick spotten, obwohl ich es verstanden hätte.»

Cairns zeigte sein seltenes Lächeln.»Herzlichen Glückwunsch!»

Pears hob die große Rechte.»Sparen Sie sich das für später auf, Mr. Cairns. Und jetzt an die Arbeit, übertragen Sie einem anderen

Fähnrich Huyghues Aufgaben; außerdem schlage ich vor, daß Sie Steuermannsmaat Frowd einstweilen als Offizier einsetzen. Ein vielversprechender Mann.»

Der Posten öffnete zaghaft die Tür.»Verzeihung, Sir, der Fähnrich der Wache ist hier.»

Es war der kleine Forbes, er kam Bolitho jetzt schon etwas reifer vor, in seine Aufgabe hineingewachsen.

«Sir, Mr. Dalyell meldet Signal vom Flaggschiff:,Drehen Sie bei. »

Pears blickte Cairns an.»Führen Sie es aus. Ich bin gleich oben.»