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Aber die Brigg holte auf, krängte stark beim Wenden, um auf dem neuen Kurs an ihrem Gegner vorbeizusegeln.

Die Yawl hatte zwei leichte Schwenkgeschütze, aber sie waren so nutzlos wie eine einzelne Lanze gegen eine Kavallerieattacke. Die Männer waren wertvoller an den Schoten als an den Geschützen.

Wieder eine Reihe von Blitzen, und diesmal schlugen die Kugeln unterhalb der Wasserlinie ein.

Bolitho sah die Flagge an der Gaffel der Brigg, von der er schon gehört hatte: rote und weiße Streifen und einen Kranz von Sternen auf blauem Grund. Die Brigg war ganz neu und wurde offenbar von einem Könner geführt.

«Wir machen stark Wasser, Sir!»

Bolitho wischte sich das Gesicht ab und lauschte auf das Kreischen der Pumpen. Aber es war vergeblich, sie konnten der Brigg nicht entkommen.

Bösartiges Pfeifen hinter dem Ruder sagte ihm, daß sie jetzt in Reichweite der Gewehre waren.

Jemand schrie, dann sah er Frowd straucheln und gegen das Schanzkleid fallen, beide Hände um sein zerschmettertes Knie gekrallt.

Couzens erschien an der Luke, mit dem Rücken voran, die Pistole in den Niedergang gerichtet.»Wir sinken, Sir! Das Wasser steht im Laderaum!»

Eine Kugel schlug durch das Großsegel und durchschnitt Wanten und Stagen wie ein unsichtbarer Säbel.

Frowd keuchte:»Setzen Sie sie auf den Strand, das ist unsre einzige Chance!»

Bolitho schüttelte den Kopf. Saßen sie erst einmal auf, so wäre die Ladung — und er zweifelte nicht daran, daß sie aus Waffen bestand — noch immer intakt.

Mit plötzlicher Wut kletterte er in die Wanten und schüttelte drohend die Faust.

Seine Stimme ging unter im Wind und erneutem Kanonendonner, aber es verschaffte ihm eine gewisse Genugtuung, als er nun schrie:»Ich werde sie versenken, ihr verdammten Hunde!»

Stockdale beobachtete ihn, während die Insel jenseits der vom Kugelhagel aufgewühlten See langsam zurückblieb.

Gebe Gott, daß die Trojan rechtzeitig kommt, dachte er verzweifelt. Für uns ist es dann zu spät, aber von denen würde wenigstens keiner am Leben bleiben.

XVI Ein eigenes Kommando

Als sie weiter aus dem Schutz der Insel ins offene Wasser trieb, wurde die Yawl rasch manövrierunfähig. Mit den schweren Schäden im Schiffskörper und dem Gewicht der Waffen und Munition ging sie mit jeder Welle ihrem sicheren Untergang entgegen.

Die Brigg hatte wieder gewendet und lag nun annähernd auf Parallelkurs, während ihre Geschützbedienungen weiter auf das kleinere Fahrzeug einhämmerten, um es zur Aufgabe zu zwingen. Da gab es keinen Gedanken an Schonung oder Rettung; selbst viele der entsetzten Gefangenen fielen unter dem mörderischen Feuer.

Bolitho fand immerhin noch so viel Zeit festzustellen, daß die Brigg, offensichtlich von einer hervorragenden Werft erst vor kurzem gebaut, nicht voll bewaffnet war, sonst wäre das Gefecht längst vorüber gewesen. Nur aus der Hälfte ihrer Stückpforten wurde gefeuert, und er nahm an, daß der Rest der Geschütze wohl noch im Laderaum seiner Yawl lag. Dies war der zweite Versuch: der erste hatte viele Menschenleben und den Verlust der Spite gekostet. Es schien, als sei die Brigg gefeit gegen alle Gefahren und würde auch jetzt wieder entkommen.

Es gab einen gewaltigen Ruck an Deck, der Großtopp stürzte mitsamt der Saling in einem Gewirr von Takelage und flatterndem Segeltuch herab. Sofort bekam das Schiff schwere Schlagseite, die Männer rutschten auf dem schiefliegenden Deck, und noch mehr abgetrennte Takelage kam von oben.

Aus der offenen Luke hörte Bolitho den heftigen Wassereinbruch und die Schreie der Gefangenen, als die See durch die zersplitterten Planken der Bordwand über sie hereinbrach. Er klammerte sich an die Reling und rief:»Entlassen Sie diese Männer, Mr. Couzens! Helft den Verwundeten!«Er starrte Stockdale an, der das nutzlos gewordene Ruder losließ.»Helfen Sie ihnen!«Er bückte sich, als weiteres Gewehrfeuer dicht über ihre Köpfe pfiff.»Wir müssen von Bord!»

Stockdale warf sich einen bewußtlosen Seemann über die Schulter und schritt dann an die Reling, um sich zu vergewissern, daß der übriggebliebene Kutter noch schwimmfähig war.

«Ins Boot! Reicht die Verwundeten hinunter!»

Bolitho spürte, wie das Schiff sich noch mehr überlegte, das schrägliegende Deck noch steiler wurde. Sie sackte über den Achtersteven ab, die Heckreling und der Stumpf des Besanmastes wurden schon überspült.

Wenn nur die Brigg mit dem verdammten Beschuß aufgehört hätte! Es bedurfte nur noch einer einzigen Kugel, und die Yawl mußte den Kutter mit sich in die Tiefe reißen. Er musterte die bewegte Wasserfläche mit ihren lebhaften, weißen Schaumkämmen. Sie hatten ohnehin nur eine geringe Überlebenschance. Auf der Insel, die Meilen entfernt schien, konnte er ein paar Rotröcke erkennen und vermutete, daß der größte Teil der Marineinfanteristen zurückrannte, um in die Boote zu gehen. Aber die Rotröcke waren keine Seeleute. Bis sie sie erreicht hatten, war vermutlich alles vorbei.

Couzens stolperte keuchend heran.»Der Bug ist noch aus dem Wasser, Sir!«Er duckte sich, als ein weiterer Schuß das Großsegel in Fetzen riß.

Stockdale versuchte, wieder an Deck zu klettern, aber Bolitho rief:»Bleiben Sie weg, sie sinkt rasch!»

Mit versteinertem Gesicht, das wie eine Maske wirkte, warf Stockdale die Fangleine los und ließ den Kutter mit der Strömung freitreiben. Bolitho sah Frowd mit seinem zerschmetterten Knie sich im Boot nach achtern kämpfen, um die sinkende Yawl im Auge zu behalten, sah ihn mit blutigen Fingern den hocherhobenen Degen über seinem Kopf schwenken.

Die Brigg kürzte Segel, die Fock verschwand ganz und gab den Blick auf den Rest ihres schnittigen Rumpfes frei.

Wollen sie uns retten oder umbringen? Bolitho sagte:»Wir müssen schwimmen, Mr. Couzens.»

Der Knabe nickte heftig, unfähig zu sprechen, schleuderte die Schuhe von den Füßen und zerrte krampfhaft an seinem nassen Hemd.

Ein Schatten bewegte sich in der offenen Luke, und Bolitho glaubte, ein Verwundeter sei noch unten, aber es war ein Leichnam, der in dem jetzt hochstehenden Wasser trieb.

Couzens starrte ins Wasser und murmelte:»Ich bin kein guter Schwimmer, Sir!«Er klapperte trotz der heißen Sonne mit den Zähnen.

Bolitho blickte ihn an.»Warum, in Dreiteufels Namen, sind Sie dann nicht in den Kutter gegangen?«Im selben Augenblick bereute er seine Worte und fügte ruhiger hinzu:»Wir werden zusammenbleiben. Ich sehe dort eine geeignete Spiere…»

Die Brigg feuerte wieder, die Kugel sprang über die Wellenkämme, an dem schwankenden Kutter vorbei und schlug wie ein angreifender Schwertfisch zwischen einige zappelnde Schwimmer.

Das war also der Grund des Segelkürzens! Sie wollten sichergehen, daß die britischen Streitkräfte auch wirklich vollständig vernichtet wurden, so daß jeder Offizier es sich künftig überlegen würde, wenn er ihnen den dringend benötigten Nachschub wegnehmen wollte.

Die Yawl legte sich jetzt ganz auf die Seite, wobei sie loses Gerät und Leichen in die Wassergänge und Speigatten kippte.

Bolitho behielt die Brigg im Auge. Ohne Couzens wäre er an Bord geblieben und hier gestorben, das war ihm klar. Wenn er ohnehin sterben mußte, war es besser, dem Gegner sein Gesicht zu zeigen. Aber Couzens verdiente einen solchen Tod nicht. Für ihn mußte es noch eine Chance geben.

Die Brigg legte das Ruder hart über, ihre Rahen gerieten in Unordnung, als sie von dem treibenden Wrack abdrehte. Er konnte den

Namen lesen, als sie ihm das Heck zuwandte: White Hills. Aus dem Heckfenster starrte ihn ein entsetztes Gesicht an.

«Er dreht ab! Was denkt sich dieser Verbrecher?«Bolitho sprach laut mit sich selbst, ohne es zu wissen.»Gleich wird er sich festsegeln!»

Der Wind war zu stark für die wenigen noch stehenden Segel der Brigg. In kürzester Zeit war sie hilflos, ihre Segel standen alle back, ein einziger chaotischer Protest.