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Couzens keuchte atemlos:»Ich will nur helfen, Sir!»

Bolitho schüttelte ihn am Arm und fühlte, wie Couzens bei seinem Anblick zusammenzuckte.»Nehmen Sie zwei Mann und gehen Sie nach unten. Sagen Sie ihnen, ich möchte, daß diese Brigg in Brand gesetzt wird!«Er spürte, daß der Junge entsetzt war über seine Wildheit und Wut.»Los, tun Sie, wie Ihnen befohlen!»

Schüsse schlugen ins Deck ringsum, trafen die Leichen, die zusammenzuckten wie Lebende. Der Kapitän der Revenge hatte Scharfschützen in die Takelage geschickt, die Frowds kleine Gruppe und alles, was wie ein Offizier oder zumindest ein Anführer aussah, aufs Korn nehmen sollten.

Stockdale brüllte:»Vorsicht, Sir!«Er warf sich nach vorn, als ein Mann mit einem Entermesser Bolitho ansprang, war aber nicht schnell genug. Bolitho sah das wutverzerrte Gesicht des Gegners und fragte sich, ob auch er so aussah und Couzens sich deshalb so vor ihm geängstigt hatte.

Das schwere Entermesser knirschte gegen Bolithos Degengurt und verbeulte die starke Messingplatte wie der Einschlag einer Gewehrkugel.

Er sah den Ausdruck des Gesichts sich wandeln von Wut in Furcht, dann zu völliger Leere, als Bolithos Degen es vom Auge bis zum Kinn aufriß und den röchelnden Mann hintenüber warf.

Bolitho fühlte sich elend, erschöpft und wie gelähmt durch die Wildheit des Kampfes. Couzens hatte es wohl nicht geschafft, die Brigg in Brand zu setzen, denn im Vorschiff fingen die Gegner jetzt an mit Hurrarufen. Der Kampf schien zu Ende zu sein. Wie Quinn hatte er es immerhin versucht.

Da war es wieder, laut und wild:»Hurra, Hurra!»

Bolitho starrte Stockdale an.»Das ist nicht der Feind!»

Er wirbelte herum, ließ zum ersten Mal seinen Degen sinken und sah verblüfft, wie aus dem vorderen Niedergang eine Schar schmutziger, unrasierter Gestalten hervorbrach.

Couzens rannte mit ihnen. Völlig außer sich vor Aufregung rief er:»Gefangene, Sir!»

Dann wurde er von den Befreiten beiseite gefegt, die vorbeistürmten wie ein Wasserfall, bewaffnet mit allem, was sie packen konnten: heruntergefallenen Entermessern, Beilen, eisernen Belegnägeln, irgend etwas, womit sie ihre alten Gegner treffen, umbringen oder jene zu Krüppeln schlagen konnten, die sie so lange gefangengehalten hatten.

Bolitho glaubte, einem Wahn zu erliegen, aber das Ganze erwies sich als Wirklichkeit. Offensichtlich handelte es sich um englische Seeleute, die man in früheren Kämpfen gefangengenommen hatte, vielleicht war es sogar die ursprüngliche Besatzung dieser Brigg. Sie fegten durch die stark gelichteten Reihen wie eine Flutwelle, alles niederschlagend oder über Bord werfend, was sich ihnen in den Weg stellte. Unaufhaltsam drangen sie zum Achterschiff vor.

Bolitho schrie:»Kommt, Jungs, eine letzte Anstrengung!»

Dann rannte er hurrarufend und sinnlose Worte brüllend mit den anderen nach achtern. Sein Arm war schwer wie Blei, als er jetzt hackte, schlug und parierte, schnitt und niederstieß, was ihm in den Weg kam.

Ein paar Schüsse schlugen noch im Deck ein, und ohne Warnung rutschte ein Mann ein Stag herab und zog eine Pistole aus dem Gürtel. Sein Gesicht war erstarrt vor Konzentration, als er auf die heranstürmenden Gestalten zielte.

Er mußte längst wissen, daß nichts mehr zu retten war, aber ein letzter Funke von Wut oder Stolz ließ ihn ausharren.

Couzens fand sich plötzlich Auge in Auge mit diesem Mann. Bo-litho sah, was sich abspielte, war aber mehrere Schritte entfernt, und Stockdale noch weiter weg.

Bolitho schrie, so laut er konnte:»Wenn du schießt, bringe ich dich um!»

Des Gegners Blick irrte keinen Zoll breit ab, und Bolitho wußte, daß er feuern würde; er sah sogar den Abzugshahn sich bewegen, als der Besessene den Finger krümmte.

Plötzlich flog eine Gestalt wie ein Pfeil über den Haufen von Tauwerk und Segeln und warf sich zwischen die Pistole und den wie gelähmt dastehenden Couzens, genau im Augenblick des Schusses.

Bolitho rannte weiter und fing Quinn, denn dieser war es, noch im Fallen auf. Er sah nicht mehr, wie Stockdales gewaltiges Entermesser zuschlug, aber er hörte das erstickte Grunzen, als der Mann starb.

Bolitho hielt Quinn in seinen Armen und ließ ihn langsam an Deck gleiten. Er sah, daß nichts mehr zu retten war. Die Kugel hatte Quinns Magen durchschlagen, alles schwamm in Blut.

Quinn keuchte:»Tut mir — leid… Sie zu — verlassen, Sir!»

Bolitho hielt ihn fest, er wußte, daß Stockdale ihm den Rücken deckte und daß Couzens auf der anderen Seite von Quinn hemmungslos schluchzend auf dem Deck kniete.

«Dick«, sagteer,»nicht „Sir"!»

Er fühlte sich selbst den Tränen nahe. Was alles noch schlimmer machte, waren die Hurrarufe. Achtern — in einer anderen Welt — holten seine jubelnden Seeleute und die befreiten Gefangenen die Flagge herunter, beobachtet vom Kapitän der Revenge, der im letzten Ansturm noch schwer verwundet worden war.

Bolitho sagte zu Quinn:»Wir haben gesiegt, James. Es ist gp-schafft!»

Quinn lächelte, sein Blick richtete sich nach oben auf die zerrissene Takelage und die zerfetzte Flagge.»Du hast gesiegt!»

Es fiel ihm schwer zu sprechen, seine Haut sah aus wie feuchtes Wachs. Er knöpfte Quinns Hemd auf und sah die ungeheure, grauenhafte Narbe von dessen erster Verwundung.

Mit seiner freien Hand löste er Quinns Gürtel und sagte sanft:»Und du solltest als Passagier mitfahren. Aber ohne dich wäre der junge Couzens jetzt tot. Ich werde dafür sorgen, daß sie in England von deiner Tapferkeit hören!»

Quinns Augen wandten sich Bolitho zu.»Ich habe keine Angst mehr — «, er hustete, etwas Blut floß über sein Kinn — ,»Dick.»

Bolitho wollte noch etwas sagen, aber im selben Augenblick sah er das Licht in Quinns Augen verlöschen wie eine Kerze, die ausgeblasen wird.

Sehr vorsichtig ließ er den leblosen Körper auf das Deck gleiten und stand auf.

Stockdale berührte ihn am Ellbogen.»Sir, die Leute blicken Sie an.»

Bolitho nickte, seine Augen waren beinahe blind vor Anstrengung und innerer Bewegung.»Danke, Stockdale. Ja.»

Er trat den abgekämpften, aber strahlenden Seeleuten gegenüber. Der Sieg war wirklich sehr knapp gewesen, aber diese Männer hatten ihr Allerletztes gegeben. Sie verdienten jetzt auch seine letzte, äußerste Anstrengung, ohne Rücksicht darauf, was er im Augenblick empfand.

Ruhig sagte er zu ihnen:»Das habt ihr gut gemacht! Eine so kleine Besatzung, aber die beste von allen!»

Drei Tage danach liefen die beiden Prisen unter den Blicken des gesamten Geschwaders in English Harbour ein.

Es waren drei harte Tage gewesen: Sie mußten den Schaden gerade so weit ausbessern, daß sie bis Antigua kommen konnten, die befreiten Gefangenen registrieren und zwischen den beiden Schiffen aufteilen.

Es hätte ein stolzer Augenblick für Bolitho sein sollen, aber die Trauer über Quinns Tod überwog noch alles andere in seinem Inneren, als der Ausgucksmann» Land in Sicht «meldete.

Er selbst hatte das Kommando auf der Revenge übernommen, und eine der ersten Tätigkeiten, der er nach dem Riggen eines Behelfsmastes und der Bestattung der Toten befohlen hatte, war die Entfernung des neuen Namens.

Als das Land allmählich aus dem Dunst wuchs und die beiden Briggs Kurs auf die Einfahrt nahmen, kam ihnen eine dort patrouillierende Fregatte entgegen.

Couzens fragte:»Was soll ich melden, Sir?»

Stockdale blickte Bolitho an und glaubte, verstanden zu haben.

Er sagte:»Ich mache das, Mr. Couzens.»

Dann rief er durch das Sprachrohr, so daß alle es hören konnten:

«Seiner Majestät Brigg Mieschief meldet sich zur Flotte zurück!«Und nun kam ein ganz besonderer Augenblick für ihn, als er stolz hinzufügte: «Kommandant ist Leutnant Richard Bolitho!»

Ende