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»Habt ihr das gesehen?«

»Er ist im Boden versunken.«

»Unsinn! Er wurde durchsichtig und schließlich unsichtbar.«

»Hier dürfte es gewesen sein.« Pavel kniete nieder und wühlte Erde auf. »Es muß doch eine Spur zu finden sein!«

»Komm zurück! Sie rufen uns – wir müssen aufschließen.«

Inzwischen waren die zwei letzten Fahrzeuge, die die Nachhut bildeten, herangekommen und hatten gehalten. Von vorn forderte man sie dringend auf, so schnell wie möglich nachzukommen.

Pavel kam an den Wagen zurück und stieg mißmutig auf. Die Fahrzeuge setzten sich in Bewegung. Josef versuchte, das verlorene Terrain wieder wettzumachen, und der Wagen schwankte so stark, daß sie sich festhalten mußten. Zwanzig Minuten später kam die Stadt in Sicht.

*

»Sie nähern sich dem verbotenen Distrikt. Sie haben noch zehn Meter bis zur Grenze.

Acht Meter.

Sechs Meter.

Sie tragen selbst die Verantwortung für die Folgen.«

Vor ihnen lag eine Linie, von fern besser sichtbar als von nah, jetzt schon fast verwischt, die Andeutung einer Bodenwelle, zu regelmäßig, um natürlichen Ursprungs zu sein, das Terrain dahinter ein wenig anders, ein veränderter Farbton, abweichende Textur.

»Noch vier Meter.

Noch zwei Meter.

Sie überschreiten die Grenze.

Sie befinden sich im verbotenen Distrikt...«

»Halt den Mund, Tibor! Spar dir die Scherze! Wir haben auf anderes zu achten!«

»So – und worauf? Wenn du eine Erleuchtung hast, dann heraus damit!«

Die Stadt lag noch fern, doch jetzt tauchte sie merklich über den Horizont. Was sie sahen, hatte noch nie ein Mensch gesehen: einen matt blinkenden Strich am Horizont, hängende Netze ohne sichtbare Verspannung, Wabentürme aus silbernem Gitterwerk. Und je näher sie kamen, um so deutlicher war zu erkennen, daß der Himmel darüber nicht normal durchsichtig war, sondern das Licht auf seltsame Weise brach oder krümmte. Es sah aus, als ginge von dem riesigen Bauwerk eine blauschwarze Flamme aus.

»Rätselhaftes Ding.«

»Was kann man von hier aus schon erkennen?«

»Diese Netze – vielleicht Absorber für Sonnenenergie.«

»Sicher ist die dunkle Flamme der Grund dafür, daß die Satellitenbeobachtung keine vernünftigen Bilder ergab. Sie wirkt wahrscheinlich als Verzerrungslinse. Außerdem steht sie nicht ruhig – sie oszilliert. Darum führten unsere Rekonstruktionsversuche zu so schlechten Ergebnissen.«

»Bald wissen wir mehr!«

»Hoffen wir es!«

Ohne Zwischenfall hatten sie die Stadtgrenze erreicht. Die Kolonne war in einem breiten Bogen ausgeschwärmt. Noch geschah nichts.

Vor ihnen, schwach nach außen gekrümmt, erstreckte sich eine spiegelnde Wand – ohne Öffnung, ohne Stützen, gleichförmig, fehlerlos. Nirgends gab es einen Blick ins Innere; die einzige erkennbare Bewegung rührte von ihrem eigenen Spiegelbild. Je länger sie die Wand anstarrten, um so deutlicher sahen sie sich selbst, etwas verwischt, etwas verzerrt. Da und dort blinkte die Linse eines Fernglases, drehte sich eine Antenne.

Weiter oben bog die Wand leicht nach außen, bildete einen Überhang. Sie waren nicht so dicht herangefahren, daß sie darunter standen, aber das Hindernis unterband die Sicht. Noch nie waren sie so nahe ans Ziel herangekommen – und sahen jetzt nichts als sich selbst.

»Radioaktivität Null.«

»Soweit erkennbar: keine Krankheitskeime.«

»Keine Funksignale.«

Josef drehte hastig an den Knöpfen – nichts. Auch das singende Auf und Ab des Dauersignals war verstummt.

»Empfang sehr schwach! Bitte, lauter.«

»Wir haben bereits auf höchste Sendeleistung geschaltet.«

»Keine Verbindung zur Befehlsstelle – blackout!«

»Was bedeutet das, Josef?«

»Es bedeutet, daß wir uns in einem Medium befinden, das die elektromagnetischen Wellen reflektiert oder absorbiert.«

Tibor zog zwei Elektroden aus einem Kästchen und drehte ein Potentiometer über mehrere Teilstriche. »Josef hat recht – die Luft ist stark ionisiert.«

Sie brüllten in die Mikrophone, konnten sich aber kaum verständigen.

»Es bedeutet, daß wir keine Anweisungen von außen mehr erhalten!«

»Kolonne kehrt! Tausend Meter zurücksetzen. Dort ein Lager errichten! Vorwärts!« Der Oberst schrie es in ein Megaphon.

Dreißig Minuten später hatten sie die Zelte aufgestellt.

Der Funkverkehr war wieder normal.

*

Wie war Ihre Reaktion auf die Beeinträchtigung des Funkverkehrs?

Ich habe ihn zur Kenntnis genommen.

Waren Sie beunruhigt?

Nein. Die Erscheinung war physikalisch erklärbar.

Die Verbindung zur Befehlsstelle war unterbrochen. Sie waren von der übrigen Welt abgeschnitten. Und das sollte Sie überhaupt nicht berührt haben?

Ich hatte das Bewußtsein, daß wir nun auf uns allein gestellt waren. Aber darauf waren wir ja vorbereitet. Mir war so, als hätte die Aktion erst jetzt begonnen.

Wie haben die übrigen Mannschaften auf das Ereignis reagiert?

Wir steckten in dicken Anzügen, in denen wir uns kaum bewegen konnten. Private Äußerungen über Funk waren verboten. Es gab keine Gelegenheit, sich über die Gefühle anderer ein Bild zu machen.

Gab es Unruhe? Litt die Disziplin?

Nichts dergleichen.

Haben Sie den Rückzug als eine Niederlage empfunden?

Nein, als taktisches Manöver.

Spielen Sie Dame oder Schach?

Ja. Aber nicht besonders gut.

Ärgern Sie sich, wenn Sie verlieren?

Nur wenn ich Fehler gemacht habe.

Wie war das Verhältnis der Angehörigen des Spezialistenteams untereinander?

Wie immer. Gut.

Haben Sie sich über die Situation unterhalten?

Ja.

Befanden sich alle körperlich wohl?

Ja.

Wie war die Laune?

Gut.

Hatte jemand Vorahnungen oder dergleichen?

Nein.

Riet jemand zur Umkehr?

Nein.

Es muß Ihnen doch klar gewesen sein, daß Sie im Begriff waren, sich mit einer unbekannten Macht auseinanderzusetzen. Es muß doch gewisse Bedenken darüber gegeben haben, ob sich Ihre Aufgabe überhaupt erfüllen ließ?

Wir rechneten mit Schwierigkeiten, doch wir hatten keine Bedenken.

*

Vielleicht war das der Grund: weil man ihn ausgeschlossen hatte. Die Männer, die ihn mit Fragen quälten, gehörten derselben Abteilung an wie er. Die meisten aber waren ihm unbekannt, es waren junge Kräfte, Nachwuchs; aber auch jene, mit denen er früher zu tun gehabt hatte, ließen nicht merken, daß sie sich daran erinnerten. Dabei bestand kein Unterschied zwischen ihnen und ihm: Wäre irgend ein beliebiger von ihnen an seiner Stelle, so hätte er nicht anders handeln können. Und säße er, Dan, mit jenen andern draußen, so hätte er versucht, genauso emotionslos zu konstatieren und abzuwägen wie sie jetzt.

Was wollten sie wissen? Was erwarteten sie? Eine unvorhersehbare Reaktion? Das Zeichen einer Veränderung? – einer Abweichung? Sie mußten doch wissen, daß er – wie jeder andere von ihnen – hundertfach geprüft worden war, unter schwersten Bedingungen, im echten Einsatz.

Seine Stabilität war erwiesen.

Wie würde er reagieren, einer Person gegenübergestellt, in deren Leben es einen verborgenen Bereich gab, dessen Vergangenheit sich der Aufklärung entzog? Die Menschen, die ihm bisher gegenübergestanden waren, gaben keine Probleme auf, oder es wurden keine gestellt. Lehrer, Betreuer, Ärzte, Kollegen... Die einzigen, mit denen eine Auseinandersetzung nötig schien, waren die Bewohner der besetzten Länder – als sie noch nicht eingegliedert waren. Stellten sie Probleme?