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»Die armen Leute,« sprach Athos. »die sich werden hinwürgen lassen, damit man Herrn von Bouillon Sedan zurückgebe, damit man Herrn von Beaufort den Anspruch auf die Admiralität lasse, damit der Koadjutor Kardinal werde.«

»Ei, geht, mein Lieber,« sagte Aramis. »gesteht nur ein, Ihr würdet nicht derart philosophieren, müßte nicht Euer Rudolf Anteil nehmen an all diesen Streitigkeiten.«

»Vielleicht sprecht Ihr wahr, Aramis.«

»So laßt uns also hingehen, wo man sich schlägt, das ist ein sicherer Weg, um d'Artagnan, Porthos und vielleicht auch Rudolf wiederzufinden.«

»Ach!« seufzte Athos. »Lieber Freund.« versetzte Aramis, »ich sage Euch, da wir jetzt in Paris sind, so müßt Ihr die Gewohnheit des beständigen Seufzens ablegen. Zum Kriege, bei Gott! wie im Kriege! Athos, seid Ihr denn nicht mehr Krieger? Habt Ihr Euch zum Geistlichen gemacht? Seht doch, da ziehen schöne Bürger vorüber! Bei Gott, das ist anlockend; und seht den Kapitän an, der hat fast ein militärisches Aussehen.«

»Sie kommen aus der Straße du Mouton.«

»Die Trommel an der Spitze, wie wahrhafte Soldaten; aber seht doch jenen Mann dort, wie er sich wiegt, wie er einhersteigt.«

»He!« sagte Grimaud. »Was?« fragte Athos. »Planchet, gnädiger Herr!«

»Gestern noch Leutnant,« sagte Aramis, »heute Kapitän, morgen sicher schon Oberst; dieser Mensch wird in acht Tagen Marschall von Frankreich.«

»Wir wollen ihn um einige Auskunft fragen,« sagte Athos. Die zwei Freunde traten zu Planchet, der, stolzer als je, den beiden Kavalieren zu eröffnen geruhte, daß er den Auftrag habe, sich auf dem Place-Royale mit zweihundert Mann aufzustellen, welche den Nachtrab des Pariser Heeres bildeten, um von dort nötigenfalls nach Charenton zu ziehen.« Da Athos und Aramis in derselben Richtung gingen, so begleiteten sie Planchet bis zu seinem Platze. Planchet ließ seine Mannschaft ziemlich geschickt auf dem Place-Royale manövrieren und stellte sich hinter einer langen Reihe von Bürgern auf, welche in der Straße und Vorstadt Saint-Antoine standen und das Zeichen zum Kampfe erwarteten. »Der Tag wird heiß werden,« sprach Planchet in kriegerischem Tone.

»Ja, sicher,« entgegnete Aramis, »von hier bis zum Feinde ist es aber noch weit.«

»Gnädiger Herr,« antwortete der Kapitän, »man wird die Entfernung abkürzen.« Aramis verneigte sich, wandte sich dann zu Athos und sprach: »Es behagt mir nicht, mit all diesen Leuten da auf dem Place-Royal zu kampieren; wollt Ihr nicht, daß wir weiterziehen? Wir werden die Dinge besser zu Gesicht bekommen.«

»Und dann würde Euch Herr von Chatillon nicht auf dem Place-Royale suchen, nicht wahr? So gehen wir denn weiter, Freund.«

»Habt Ihr nicht auch mit Herrn Flamarens ein paar Worte zu reden?«

»Freund,« erwiderte Athos, »ich habe einen Entschluß gefaßt, nämlich das Schwert nur noch im Falle der Not zu ziehen.«

»Seit wann das?«

»Seit ich den Dolch gezückt habe.«

»Ah, gut, noch eine Erinnerung an Herrn Mordaunt. Wahrlich, mein Lieber, es fehlte nur noch, Gewissensbisse darüber zu empfinden, daß Ihr ihn getötet habt.«

»Stille,« rief Athos und legte mit seinem ihm eigentümlichen Lächeln einen Finger auf den Mund, »reden wir nicht mehr von Mordaunt, das könnte uns Unheil bringen.«

Der Kampf bei Charenton

Zum großen Erstaunen des Volkes hatten unvermutet Verhandlungen zwischen Mazarin und seinen Gegnern begonnen, die zunächst zu einem vorläufigen Waffenstillstand Anlaß gaben. Bei einem Spazierritt durch die truppenerfüllte Vorstadt trafen Athos und Aramis den Herzog von Chatillon, von dem sie erfuhren, daß Rudolph an der Seite des Prinzen von Conde bei den königlichen Truppen stehe. Plötzlich hörte man Hornsignale und Trommelwirbel; in die lagernden Truppen kam lebhafte Bewegung und die Kunde von dem erfolgten Abbruch der Verhandlungen und dem bevorstehenden Beginn des Kampfes verbreitet sich mit großer Schnelligkeit. Tatsächlich begannen zwei Stunden später die ersten Gefechte, die bald in eine regelrechte, sehr heftig geführte Schlacht übergingen. Mitten in dem Kampfgewühl hatte sich eine Duellgruppe gebildet: Aramis kämpfte mit Chatillon, den er nach dem zweiten Wechsel, tödlich verwundet, aus dem Sattel hob. Der Tod des Herzogs war dem Prinzen von Conde Anlaß, zur Entscheidung zu drängen. Er warf sich an der Spitze seiner Kerntruppe gegen die Frondeurs und entschied die Schlacht in kurzer Zeit zugunsten des Königs und des Kardinals.

Die Straße nach der Picardie

Athos und Aramis, welche wohl in Paris sehr in Sicherheit waren, verhehlten sich die überaus großen Gefahren nicht, in die sie sich begaben, wenn sie den Fuß hinaussetzten; allein wir wissen, was die Frage nach Gefahr für solche Männer war. Überdies fühlten sie, daß die Entwicklung dieser zweiten Odyssee nahe sei, und daß es nur noch eines letzten Handstreichs bedurfte, wie man zu sagen pflegt. Die zwei Edelleute nahmen anfangs Umwege, damit sie nicht in die Hände von Mazarinern fielen, welche in Isle de France zerstreut waren, dann, damit sie den Frondeurs entgingen, welche die Normandie innehatten und welche nicht ermangelt hätten, sie vor Herrn von Longueville zu führen, auf daß er sie als Freunde oder Feinde erkenne. Als sie diesen zwei Gefahren entronnen waren, kamen sie auf der Straße von Boulogne wieder nach Abbeville, und folgten ihr Schritt für Schritt und Spur für Spur. Sie waren aber eine Weile unentschlossen; sie besuchten bereits zwei bis drei Wirtshäuser, befragten bereits zwei bis drei Wirte, ohne daß eine einzige Spur ihre Zweifel aufgeklärt oder ihre Nachforschungen geleitet hätte, als Athos mit seinen zarten Fingern auf etwas tastete, das rauh anzufühlen war. Er hob das Tischtuch auf und las die folgenden Hieroglyphen, welche mit einer Messerklinge tief in das Holz eingeschnitten waren:

Port ... - DArt ... - 2. Februar.

»Vortrefflich!« rief Athos, während er Aramis diese Schrift zeigte; »wir wollten hier übernachten, doch das ist unnütz, wir ziehen weiter.« Somit setzten sie ihre Reise wieder fort. Es war ein höchst mühevolles und zumal sehr langweiliges Geschäft, das Athos und Aramis auf sich genommen. So gelangten sie bis Peronne. Schon waren sie wieder gewillt, umzukehren, als sie auf ihrem Ritte durch die Vorstadt, welche nach dem Stadttore führte, kamen, wo Athos auf einer weißen Mauer, welche die Ecke einer Straße bildete, die rings um den Wall lief, die Augen auf eine Zeichnung mit schwarzer Kreide richtete, welche mit der Kunstlosigkeit der ersten Versuche eines Kindes zwei Reiter im rasenden Galopp vorstellte; der eine dieser Reiter hielt in der Hand eine Tafel, auf der in spanischer Sprache geschrieben stand »Man folgt uns«.