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>Nun denn,< versetzte er, >gehen Sie an Ihr Geschäft, da Sie es so eilig zu haben scheinen, doch kommen Sie in einer halben Stunde wieder.<

>In einer halben Stunde?<

>Ja. Haben Sie gefrühstückt?<

>Meiner Seele, nein.<

>Gut, hier ist eine Pastete, die Sie mit einer Flasche alten Burgunder erwarten wird.< — Und Sie sehen wohl ein, gnädigster Herr, da ich noch nüchtern bin, möchte ich mit Ew. Hoheit Erlaubnis —« Und la Ramee machte eine Verbeugung.

»So geh' denn, Schelm«, sprach der Herzog; »doch wohlgemerkt, ich gebe dir nur eine halbe Stunde Zeit.«

»Gnädigster Herr, darf ich dem Nachfolger des Vaters Marteau Ihre Kundschaft zusagen?«

»Ja, wenn er anders keine Champignons in seine Pasteten backt. Du weist wohl,« fügte der Prinz bei, »daß die Champignons aus dem Walde von Vincennes meiner Familie tödlich sind.«

Was die Pasteten vom Nachfolger des Vaters Marteau enthalten haben

Eine halbe Stunde darauf kam la Ramee froh und wohlgemut zurück, wie ein Mensch, der gut gegessen und zumal gut getrunken hat. Er fand die

Pasteten ausgezeichnet und den Wein kostbar. Das Wetter war schön und erlaubte die verabredete Partie. Das Ballspiel in Vincennes fand unter freiem Himmel statt, somit war dem Herzog nichts leichter, als das zu tun, was ihm Grimaud angedeutet hatte, nämlich Bälle in die Gräben hinauszuschnellen.

Doch so lange es nicht zwei Uhr geschlagen hatte, war der Herzog nicht ungeschickt, denn zwei Uhr war die festgesetzte Stunde. Nichtsdestoweniger verlor er bis dahin die Spielpartien, und das erlaubte es ihm, zornig zu werden und das zu tun, was man in einem solchen Falle tut, man macht nämlich Fehler auf Fehler.

Wie es nun zwei Uhr schlug, fingen die Bälle an, den Weg nach den Gräben zu nehmen, und zwar zur großen Freude von la Ramee, der bei jedem Ball fünfzehn zählte, den der Prinz nach außen schleuderte. Diese Würfe nach außen nahmen bald dergestalt zu, daß es an Bällen fehlte. La Ramee tat nun den Vorschlag, jemand hinauszuschicken, daß er sie im Graben aufhebe. Jedoch der Herzog bemerkte ganz vernünftig, das wäre verlorene Zeit und näherte sich dem Walle, der, wie schon gesagt, an diesem Orte wenigstens fünfzig Fuß tief war, wo er einen Mann sah, der in einem der tausend kleinen Gärten arbeitete, welche die Landleute außerhalb des Walles bestellten. «Holla, Freund!« rief ihm der Herzog zu. Der Mann erhob den Kopf, und der Herzog wollte schon einen Ausruf der Überraschung ausstoßen, denn dieser Mann, dieser Bauer, dieser Gärtner war Rochefort, den der Prinz in der Bastille vermutete.

»Nun, was gibt es dort oben?« fragte der Mann.

»Seid doch so gefällig und werfet uns die Bälle zurück«, antwortete der Herzog. Der Gärtner machte ein Zeichen mit dem Kopfe und fing an die Bälle zu werfen, welche la Ramee und die Wachen auffingen. Einer von ihnen fiel dem Herzog zu Füßen, und da dieser augenfällig für ihn bestimmt war, so schob er ihn in seine Tasche. Er machte sodann dem Gärtner ein Zeichen des Dankes und kehrte zu seinem Spiele zurück. Der Herzog hatte aber ausgemacht einen unglückseligen Tag; die Bälle flogen immer zur Seite, statt daß sie in den Schranken des Spieles blieben; zwei bis drei kehrten in den Garten zurück, da jedoch der Gärtner nicht mehr anwesend war, um sie zurückzuwerfen, so waren sie verloren: sonach erklärte der Herzog, er schäme sich über seine Ungeschicklichkeit und wolle nicht mehr weiter spielen. La Ramee war entzückt darüber, daß er einen Prinzen von Geblüt so vollständig besiegte. Der Prinz kehrte in sein Gemach zurück und begab sich zu Bette. La

Ramee nahm die Kleider des Herzogs unter dem Vorwande, daß sie bestäubt waren, und daß er sie wolle ausbürsten lassen, in der Wirklichkeit aber, um versichert zu sein, daß sich der Prinz nicht rühren würde. La Ramee war ein vorsichtiger Mann. Zum Glück hatte der Prinz Zeit gehabt, den Ball unter sein Kopfkissen zu verbergen. Als die Tür zugeschlossen war, zerriß der Herzog den Überzug des Balles mit seinen Zähnen, da man ihm kein schneidendes Werkzeug ließ; er aß mit Messern mit biegsamen Silberklingen, welche nicht schnitten. Unter dem Überzug befand sich ein Brief, der folgende Zeilen enthielt:

»Gnädigster Herr! Ihre Freunde wachen, und die Stunde Ihrer Befreiung ist nah'; begehren Sie übermorgen eine Pastete von dem neuen Pastetenbäcker zu essen, der das Geschäft von dem alten gekauft hat, und niemand anderer ist als Noirmont, Ihr Haushofmeister; öffnen Sie die Pastete erst dann, wenn Sie allein sind; ich hoffe. Sie werden mit dem Inhalte derselben zufrieden sein.

Der Ew. Hoheit in der Bastille wie anderswo stets ergebene Diener

Graf von Rochefort.

P. S. Ew. Hoheit kann Grimaud in jeder Hinsicht vertrauen; er ist ein sehr einsichtsvoller Mann, der uns ganz ergeben ist.«

Der Herzog von Beaufort, dem man sein Feuer wieder zurückgegeben, seit er versprochen hatte, auf die Malerei Verzicht zu leisten, verbrannte den Brief, wie er es mit noch mehr Leidwesen auch mit jenem der Frau von Montbazon getan hatte, und wollte dasselbe auch mit dem Balle tun, allein er dachte, dieser könnte ihm vielleicht dienlich sein, um Rochefort eine Antwort zuzumitteln. Er war gut bewacht, denn auf die Bewegung, welche er gemacht hatte, trat la Ramee ein. »Bedarf Monseigneur etwas?« fragte er.

»Es war mir kalt,« entgegnete der Herzog, »darum schürte ich das Feuer an, um mir wärmer zu machen.« Der Herzog legte sich wieder zurück, während er den Ball unter sein Kopfkissen steckte. La Ramie lächelte. Er war im Grunde ein wackerer Mann, hatte eine große Zuneigung zu seinem Gefangenen, und wäre, falls diesen ein Unglück getroffen hätte, untröstlich gewesen.

»Gnädigster Herr,« sprach er zu ihm, »Sie sollen sich derlei Gedanken nicht überlassen, denn solche Gedanken töten.«

»Nun, mein Lieber,« entgegnete der Herzog, »Ihr seid allerliebst; könnte ich doch wie Ihr zu dem Nachfolger des Vater Marteau gehen, um Pasteten zu essen und Burgunder zu trinken, das würde mir Zerstreuung gewähren.«

»Es ist wahr, gnädigster Herr, seine Pasteten sind vortreffliche Pasteten, sein Wein ist ein köstlicher Wein.«

»Es gehört wirklich nicht viel dazu,« versetzte der Herzog, »daß sein Keller und seine Küche besser sind als die des Herrn von Chavigny.«

»Nun,« sprach la Ramee, indem er in die Schlinge ging, »was hält Sie ab, gnädigster Herr, davon zu verkosten? überdies versprach ich ihm Kundschaft.«

Dann sprach Beaufort: »Nun, lieber la Ramee, übermorgen ist Festtag?«

»Ja. gnädigster Herr, es ist Pfingsten.«

»Wollt Ihr mir übermorgen eine Lektion geben?«

»Worin?« »In der Wohlschmeckerei«

»Recht gern, gnädigster Herr.«

»Jedoch eine Lektion unter vier Augen. Wir schicken die Wachen nach der Schenke des Herrn von Chavigny und halten hier ein Frühmahl, das zu bestellen ich Euch überlasse.«

»Hm!« murmelte la Ramee.

Der Antrag war lockend; allein la Ramee war, wie unvorteilhaft auch der Kardinal bei seinem Anblick über ihn geurteilt hatte, doch ein schlauer Fuchs, der alle Schlingen kannte, die ein Gefangener legen konnte. »Sollte nicht etwa hinter diesem Frühmahl eine List stecken?«

»Nun, geht das an?« fragte der Herzog.

»Ja, gnädigster Herr, unter einer Bedingung.«

»Unter welcher?«

»Daß uns Grimaud bei Tische aufwarte.«

Dem Herzog konnte nichts erwünschter kommen. Indes gewann er so viel Gewalt über sich, daß er sein Gesicht einen sehr augenfälligen Anstrich übler Laune annehmen ließ und ausrief: »Zum Teufel mit Eurem Grimaud, er wird mir das ganze Fest verderben.«

»Ich will ihm auftragen, daß er sich hinter Ew. Hoheit stelle und sein Wort rede; so wird ihn Ew. Hoheit weder sehen noch hören, und sich mit ein bißchen gutem Willen einbilden können, daß er hundert Meilen weit entfernt sei.«