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»Nehmt doch Euer Schwert, mein Freund!«

»Weshalb?«

»Das weiß ich nicht, doch nehmt es immerhin auf mein Wort.«

»Mouston, mein Schwert!« rief Porthos. »Doch das ist ja eine völlige Kriegsausrüstung, gnädiger Herr,« sprach dieser. »Wir ziehen also ins Feld? Sagen Sie es gleich, damit ich mich danach richten könne.«

»Mouston, du weißt,« versetzte d'Artagnan, »daß bei uns Vorsichtsmaßregeln jederzeit gut sind. Du hast entweder kein gutes Gedächtnis, oder vergessen, daß wir nicht gewohnt sind, die Nächte mit Bällen und Serenaden zuzubringen.«

Als d'Artagnan in dem Vorzimmer ankam, befand er sich unter Bekannten. Es waren Musketiere der Kompagnie, welche eben die Wache versahen. Er berief den Anmelder und wies ihm den Brief des Kardinals vor, der ihm auftrug, daß er ohne eine Minute Zeitverlust zurückkommen möge. Der Anmelder verneigte sich und trat in das Gemach Seiner Eminenz. D'Artagnan wandte sich gegen Porthos um, und glaubte zu bemerken, daß ihn ein leichtes Zittern befallen habe. Er lächelte, trat näher und flüsterte ihm ins Ohr: »Guten Mutes, wackerer Freund, seid nicht eingeschüchtert; haltet Euch aufrecht wie am Tage der Bastion Saint-Gervais und verneigt Euch vor dem Kardinal nicht allzutief; das würde ihm von Euch einen kleinlichen Begriff beibringen.«

»Gut, gut,« erwiderte Porthos.

Der Türhüter erschien wieder und sagte: »Treten sie ein, meine Herren, Seine Eminenz erwartet sie.« Mazarin befand sich in seinem Kabinett vor seinem Arbeitstische. Er sah mit einem Seitenblicke d'Artagnan und Porthos eintreten, und wiewohl sein Auge bei ihrer Anmeldung gefunkelt hatte, so schien es jetzt doch teilnahmslos. »Ah, Herr Leutnant, Ihr seid es?« sprach er. »Ihr habt Euch beeilt, das ist recht; seid mir willkommen.«

»Danke, gnädigster Herr. Jetzt stehe ich Ew. Eminenz zu Befehl, gleichwie Herr du Vallon hier, mein alter Freund, der seinen Adel unter dem Namen Porthos verborgen hat.« Porthos verneigte sich vor dem Kardinal.

»Ein trefflicher Edelmann!« rief der Kardinal. Porthos bewegte den Kopf rechts und links, und die Schulter voll Würde.

»Die beste Klinge im Lande, gnädigster Herr,« versetzte d'Artagnan, »und sehr viele Menschen wissen das, die es nicht sagen, und die es nicht mehr sagen können.« Porthos verneigte sich vor d'Artagnan.

Mazarin hatte die schönen Soldaten fast eben so gern, als sie nachmals Friedrich der Große von Preußen liebte. Er bewunderte Porthos' kraftvolle Hände, seine breiten Schultern und sein festes Auge. Es dünkte ihn, als habe er das Heil des Ministeriums und des Reiches in Fleisch und Bein vor sich. Dies erinnerte ihn daran, daß die einstige Verbindung der Musketiere aus vier Individuen bestand.

»Und Eure zwei anderen Freunde?« fragte Mazarin.

Porthos öffnete den Mund in der Meinung, das wäre für ihn eine Veranlassung zu sprechen, doch d'Artagnan gab ihm einen geheimen Wink.

»Unsere anderen Freunde sind für diesen Moment verhindert und werden später eintreffen.«

Mazarin hustete ein wenig; dann fragte er: »Und da Herr du Vallon freier ist als sie, wird er gern wieder in Dienste treten?«

»Ja, gnädigster Herr, und das aus reiner Aufopferung, da Herr von Bracieux reich ist.«

»Reich?« entgegnete Mazarin, denn dieses Wort flößte ihm vorzugsweise große Achtung ein.

»Fünfzigtausend Livres Einkünfte,« sprach Porthos. Das waren seine ersten Worte.

»Aus reiner Aufopferung also,« versetzte Mazarin mit schlauem Lächeln, »aus reiner Aufopferung?«

»Setzt Ew. Gnaden vielleicht keinen großen Glauben in dieses Wort?« fragte d'Artagnan.

»Und Ihr, Herr Gascogner?« entgegnete Mazarin und stützte seine Ellbogen auf den Schreibtisch und sein Kinn in die beiden Hände.

»Ich,« erwiderte d'Artagnan, »ich glaube an reine Hingebung, wie zum Exempel an einen Taufnamen, der natürlich von einem irdischen Namen begleitet sein muß. Man ist sicher von Natur aus mehr oder weniger ergeben; doch am Ende einer Hingebung muß jederzeit etwas vorhanden sein.«

»Und was wünscht zum Beispiel Euer Freund am Ende seiner Aufopferung?«

»Nun, gnädigster Herr, mein Freund besitzt drei prachtvolle Landgüter: du Vallon bei Corbeil, de Bracieux in der Nähe von Soissons und Pierrefonds im Valois. Nun wünscht er aber, es möchte eine dieser Herrschaften zur Baronie erhoben werden.«

»Nur das?« versetzte Mazarin, dem die Augen vor Wonne strahlten, als er sah, daß er Porthos' Aufopferung belohnen könnte, ohne Geld auszugeben. »Nur das? die Sache läßt sich anordnen.«

»Ich kann Baron werden?« rief Porthos und trat einen Schritt vor. »Ich habe es Euch gesagt,« sprach d'Artagnan, ihn am Arme zurückhaltend, »und der gnädigste Herr hat es Euch wiederholt.«

»Und was, Herr d'Artagnan, ist Euer Wunsch?«

»Gnädigster Herr,« erwiderte d'Artagnan, »kommenden September werden es zwanzig Jahre, daß mich der Herr Kardinal von Richelieu zum Leutnant gemacht hat.«

»Ja, und Ihr wünschet, der Kardinal Mazarin möchte Euch zum Kapitän machen.« D'Artagnan verneigte sich.

»Nun, das alles ist nicht unmöglich. Man wird sehen, meine Herren, man wird sehen. Herr du Vallon,« fuhr Mazarin fort, »welchen Dienst ziehen Sie vor, den in der Stadt oder den im Felde?« Porthos öffnete den Mund, um zu antworten.

»Gnädigster Herr,« fiel d'Artagnan ein, »Herr du Vallon ist wie ich, er liebt den außergewöhnlichen Dienst, nämlich Unternehmungen, die man für töricht und unmöglich angesehen hätte.« Diese Gascognade mißfiel Mazarin nicht, und er begann nachzusinnen, wonach er sagte: «Ich gestehe indes, daß ich Euch kommen ließ, um Euch einen Posten an einem bestimmten Orte zuzuteilen, da ich gewisse Befürchtungen hege - nun, was ist denn das?«

Es ließ sich ein großer Lärm im Vorgemache hören und fast zu gleicher Zeit ward die Türe des Kabinetts geöffnet und ein mit Staub bedeckter Mann stürzte mit dem Ausrufe herein: »Der Herr Kardinal! Wo ist der Herr Kardinal?« Mazarin dachte, man wolle ihn umbringen und wich auf seinem

Rollsessel zurück; d'Artagnan und Porthos aber traten vor und stellten sich zwischen den Ankömmling und den Kardinal. »He, mein Herr!« rief Mazarin, »was ist es denn, daß Ihr da wie in die Hallen eintretet?« »Gnädigster Herr,« sprach der Offizier, dem dieser Vorwurf galt - »zwei Worte - ich wünsche Sie schnell insgeheim zu sprechen. Ich bin Herr de Poins. Gardeoffizier im Dienste auf dem Schloßturme von Vincennes.«

Der Offizier war so blaß und erschöpft, daß Mazarin bei der Überzeugung, er würde ihm eine wichtige Botschaft überbringen, d'Artagnan und Porthos einen Wink gab, dem Boten Platz zu machen. D'Artagnan und Porthos zogen sich in einen Winkel des Kabinetts zurück.

»Redet, mein Herr, sprecht schnell, was gibt es?« sagte Magarin. »Was es gibt, gnädigster Herr?« versetzte der Bote, - »Herr von Beaufort ist aus dem Schlosse von Vincennes entflohen.« Mazarin stieß einen Schrei aus und wurde noch blässer als derjenige, der ihm diese Nachricht brachte; er sank wie vernichtet in seinen Lehnstuhl zurück und rief: »Entflohen - ha, Herr von Beaufort entflohen!«

»Ich sah ihn von der Höhe der Terrasse entrinnen.«

»Und Ihr ließet nicht auf ihn Feuer geben?«

»Er war außerhalb der Schußweite.«

»Aber was tat denn Herr von Chavigny?«

»Er war abwesend.«

»Jedoch la Ramee?«

»Man fand ihn, einen Knebel im Munde und einen Dolch neben sich, gefesselt im Zimmer des Gefangenen.«

»Doch jener Mann, welchen er als Gehilfen angenommen hatte?«

»Er war einverstanden mit dem Herzog und ist mit ihm entwischt.« Mazarin stieß ein Ächzen aus.

»Gnädigster Herr,« sprach d'Artagnan und trat einen Schritt näher.«

»Was?« fragte Mazarin. »Mich dünkt, Ew. Eminenz verliert eine kostbare Zeit.«

»Wieso?«

»Wenn Ew. Eminenz den Gefangenen verfolgen ließe, könnte man ihn vielleicht noch einholen. Frankreich ist groß und die nächste Grenze sechzig Meilen entfernt.