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»Sodann der Krieg ...« »Er wird ausbrechen.«

»Mit Spanien?«

»Nein, mit Paris.«

»Was wollt Ihr damit sagen?«

»Hört Ihr nicht schießen?«

»Ja; nun?« »Nun, das sind die Bürger, welche indes einzelne Schüsse abfeuern.«

»Glaubt Ihr wohl, mit Bürgern läßt sich etwas anfangen?«

»Ei ja, sie versprechen das, und wenn sie einen Anführer hätten, der diese Truppen zusammenraffte ...«

«Es ist ein Unglück, nicht frei zu sein!«

»Ach Gott! Verzweifelt nicht. Wenn Euch Mazarin holen läßt, so tut er es, weil er Euch braucht, und wenn er Euch braucht, nun, so wünsche ich Euch Glück. Mich hat schon viele Jahre lang niemand mehr gebraucht, sonach seht Ihr, wie es mit mir steht.«

»Nun, so beklagt Euch dann!«

»Hört, Rochefort, einen Vertrag ...«

»Welchen?«

»Ihr wißt, daß wir gute Freunde sind.« »Bei Gott!«

»Wohlan, wenn Ihr wieder zu Gunst gelangt, so vergesset meiner nicht!«

»So wahr ich Rochefort heiße, doch müsset Ihr desgleichen tun.«

»Das versteht sich, darauf habt Ihr meine Hand.«

»Nun, hört, die erste Gelegenheit, die Ihr findet, von mir zu reden ...«

»Will ich von Euch reden; und Ihr?«

»Ich gleichfalls.«

»Aber sagt, soll ich auch von Euren Freunden reden?« »Von welchen Freunden?«

»Von Athos, Porthos und Aramis. Habt Ihr sie denn vergessen?« »Beinahe.«

»Was ist denn aus ihnen geworden?«

»Das weiß ich nicht.«

»Wirklich?«

»O mein Gott, ja! Wie Ihr wisset, haben wir uns getrennt; sie sind am Leben, das ist alles, was ich von ihnen weiß, da ich zuweilen indirekte Nachrichten von ihnen bekomme. Doch hole mich der Teufel, wenn ich weiß, in welchem Winkel der Welt sie sind. Nein, auf Ehre! außer Euch, Rochefort, habe ich keinen Freund mehr.«

»Und der berühmte ... wie habt Ihr doch den Diener genannt, den ich im Regiment Piemont zum Sergeanten machte?«

»Planchet.«

»Ja, richtig; und was ist aus dem berühmten Planchet geworden?«

»Nun, er hat eine Zuckerbäckerbude in der Straße Lombards erheiratet: er liebte stets das Wohlleben, so daß er Bürger von Paris wurde, und jetzt wahrscheinlich Meuterei treibt. Ihr werdet sehen, der Schurke wird früher Schöppe, als ich Kapitän werde.«

»Ei was, lieber d'Artagnan! nur ein bißchen Mut. Gerade wenn man zu unterst im Rade ist, wendet sich das Rad und erhebt uns. Euer Schicksal ändert sich vielleicht noch diesen Abend.«

»Amen!« rief d'Artagnan und ließ die Kutsche anhalten. »Was tut Ihr?« fragte Rochefort. »Was ich tue? nun, wenn wir angelangt sind, so will ich nicht, daß man mich aus Eurem Wagen steigen sehe; wir kennen einander nicht.«

»Ihr habt recht. Adieu!«

»Auf Wiedersehen. Erinnert Euch an Euer Versprechen.«

D'Artagnan schwang sich wieder auf sein Pferd und ritt an der Spitze der Bedeckung. Fünf Minuten darauf fuhr man in den Hofraum des Palais-Royal. D'Artagnan führte den Gefangenen über die große Treppe, und ließ ihn durch das Vorgemach und die Galerie gehen. An der Türe von Mazarins Kabinett wollte er ihn anmelden lassen, da legte ihm aber Rochefort die Hand auf die Schulter und sagte lächelnd: »Soll ich Euch etwas eingestehen, d'Artagnan, woran ich während des ganzen Weges dachte, als ich die Bürgergruppen betrachtete durch welche wir fuhren, und die Euch nebst Euren vier Mann mit funkelnden Augen anstierten?«

»Sagt an,« versetzte d'Artagnan. »Daß ich nur um Hilfe zu rufen gebraucht hätte, um Euch und Eure Bedeckung in die Pfanne hauen zu lassen, und daß ich sodann frei geworden wäre.«

»Und warum habt Ihr es nicht getan?« fragte d'Artagnan.

»Ei, so geht nur,« entgegnete Rochefort, »geschworene Freundschaft!«

»Ha, wäre es ein anderer gewesen als Ihr, der mich begleitete - so bürge ich.« D'Artagnan verneigte sich mit dem Kopfe.

»Laßt Herrn von Rochefort eintreten,« sprach mit Ungeduld Mazarin, als er die beiden Namen aussprechen hörte, »und ersucht Herrn d'Artagnan zu warten, da ich mit ihm noch nicht fertig bin.«

Diese Worte machten d'Artagnan ganz heiter. Wie er gesagt hatte, so war es schon lange, daß niemand seiner bedurfte, und diese Dringlichkeit Mazarins in betreff seiner Person schien ihm eine gute Vorbedeutung zu sein. Die Türen wurden wieder geschlossen. Rochefort sah Mazarin von der Seite an und erhaschte einen Blick des Ministers, der dem seinigen begegnete. Der Minister war stets derselbe, gut gekämmt, gut frisiert, gut parfümiert, und schien gar nicht so alt zu sein, wie er wirklich war. Mit Rochefort aber verhielt es sich anders, die fünf Jahre, die er im Kerker zugebracht, hatten diesen würdigen Freund Richelieus sehr gealtert; seine schwarzen Haare wurden völlig weiß und seine dunkle Hautfarbe so blaß, daß es einer Entkräftigung glich. Als ihn Mazarin erblickte, schüttelte er unmerklich den Kopf und machte eine Miene, als wollte er sagen: »Dieser Mann scheint mir nicht mehr viel wert zu sein.«

Nach einem Stillschweigen, das in der Tat wohl lange dauerte, aber Rochefort ein Jahrhundert dünkte, nahm Mazarin aus einem Aktenbündel einen offenen Brief hervor, zeigte ihn dem Edelmanne und sprach: »Ich fand da einen Brief, worin Ihr um Eure Freilassung ansucht, Herr von Rochefort! Ihr seid also im Gefängnisse?«

Bei dieser Frage bebte Rochefort und sagte: »Ich dachte aber, Ew. Eminenz wüßte das besser als irgend jemand.«

»Ich? ganz und gar nicht. Aus der Zeit des Herrn von Richelieu gibt es in der Bastille noch eine Menge Gefangene, deren Namen ich nicht einmal weiß.«

»O gnädigster Herr! mit mir verhält es sich anders. Sie kannten den meinigen, da ich auf Befehl Ew. Eminenz aus dem Chatelet nach der Bastille gebracht worden bin.«

»Das glaubt Ihr?«

»Ich bin davon überzeugt.«

»Ich glaube mich wirklich daran zu erinnern. Habt Ihr Euch nicht einmal geweigert, für die Königin eine Reise nach Brüssel zu unternehmen!«

»Ach, ach!« rief Rochefort, »das ist also die wahre Ursache, nach der ich fünf Jahre lang forschte? Ich Dummkopf, daß ich sie nicht fand.«

»Aber ich sagte ja nicht, daß das die Ursache Eurer Verhaftung war, verstehen wir uns wohl; ich tat diese Frage an Euch, weiter nichts. Habt Ihr Euch nicht geweigert, für die Königin nach Brüssel zu reisen, während Ihr doch bereitwillig waret, im Dienste des seligen Kardinals dahin zu gehen?«

»Eben weil ich im Dienste des seligen Kardinals dahin gereist bin, konnte ich nicht auf Befehl der Königin abermals dahin gehen. Ich bin in Brüssel zu einer schreckenvollen Zeit gewesen, nämlich zur Zeit der Verschwörung von Chalais. Ich befand mich dort, um den Briefwechsel von Chalais aufzufangen, und als man mich erkannte, wäre ich damals schon fast ermordet worden. Wie hätte ich also dahin zurückkehren sollen? Ich hätte der Königin nur geschadet, anstatt ihr zu dienen.«

»Nun seht Ihr, lieber Herr von Rochefort! wie man oft die besten Absichten falsch deutet. Die Königin sah in Eurer Weigerung nichts als einen Trotz, und beklagte sich sehr über Euch gegen den seligen Kardinal.«

Rochefort lachte verächtlich und sagte: »Eben weil ich dem Herrn Kardinal von Richelieu treu gegen die Königin gedient habe, so mußten Sie einsehen, gnädigster Herr, daß ich Ihnen jetzt, wo er gestorben, treu gegen jedermann dienen würde.«

»Ich, Herr von Rochefort!« versetzte Mazarin, »ich bin nicht wie Herr von Richelieu, der die Allgewalt ins Auge faßte; ich bin ein einfacher Minister und brauche keine Diener, da ich der der Königin bin. Ihre Majestät ist aber sehr reizbar, sie wird wohl Eure Weigerung erfahren, wird sie als eine Kriegserklärung angesehen haben, und da sie weiß, wie Ihr ein Mann von Kopf und folglich gefährlich seid, lieber Herr von Rochefort, so hat sie mir aufgetragen, ich sollte mich Euer versichern. Deshalb also saßet Ihr in der Bastille.«

»So scheint es denn, gnädiger Herr,« entgegnete Rochefort, »daß ich durch einen Irrtum in der Bastille sitze.«