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»Mir fehlt nichts!«

Immer die gleiche Antwort! Aber Briant war entschlossen, den wahren Grund der Bedrückung zu erfahren, auch wenn er es auf eine Szene ankommen lassen mußte. Briant wollte nun zuerst den Neuankömmlingen in French-den die Höhle zeigen. Moko trug eine Signallaterne voran, mit deren Schein alles gut erleuchtet wurde. Der Eingang war während ihrer Abwesenheit unberührt geblieben, die Zweige lagen wie früher.

»Hui, hier wird's aber eng zugehen!« rief Baxter, als er die Tiefe ausgemessen hatte.

»Wir müssen nur die Betten übereinander bauen, dann gebt das schon«, antwortete Garnett.

»Wozu diese Umstände?« sagte Wilcox. »Stellen wir die Betten ruhig nebeneinander auf.«

»Damit wir nicht hin und her laufen können?«

»Dann geht eben niemand hin und her!«

»Weißt du einen besseren Rat?«

»Nein, aber . . .«

»Aber die Hauptsache ist doch«, sagte Service, »wir haben ein Dach über dem Kopf. Ich glaube, Webb hat sich auch nicht eingebildet, hier eine vollständig eingerichtete Wohnung, mit Salon, Speise- und Schlafzimmer, Vorraum, Rauch- und Badezimmer vorzufinden.«

»Eine Küche ist nötig, also darauf will hoffentlich keiner hier verzichten oder?«

»Die Küche kann man draußen aufstellen«, sagte Moko.

»Nein, das wäre bei schlechtem Wetter zu unbequem«, antwortete Briant, »morgen stellen wir den Herd der Sloughi drinnen auf.«

»Was!? Den Ofen hier mitten in der Höhle, wo wir essen und schlafen?« sagte Doniphan angewidert.

»Tja, Lord Doniphan, dann lernst du einmal, wie Wohlgerüche duften«, spottete Service.

»Halt den Mund, Küchengehilfe!«

»Keinen Ärger, jetzt wird nicht gestritten«, sagte Gordon besänftigend, »vorläufig bleibt uns gar keine andere Wahl, damit basta! Der Ofen dient uns nämlich nicht nur zum Kochen, er heizt auch die Höhle. Wir haben den ganzen Winter über Zeit, die Wände nach verschiedenen Richtungen weiter auszubuchten, falls das möglich sein sollte. Laßt uns French-den nehmen, wie es ist, alles andere später!«

Die Matratzen wurden herbeigeschafft und die Lagerplätze in regelmäßigen Reihen auf dem feinen Sandboden aufgeschlagen. Die Kinder waren ja von der Sloughi die Enge der Schiffskabinen gewohnt. Danach wurde die große Tafel der Jacht in der Höhlenmitte aufgestellt, Garnett deckte sofort den Tisch.

Moko und Wilcox hatten inzwischen Holz entzündet, das Webb und Wilcox unter den Bäumen am Ufer gesammelt hatten. Um 18 Uhr kochte der große Topf mit dem Fleischbisquit, daneben brieten, auf einen Draht gezogen, ein Dutzend Tinamus. Um 19 Uhr war das Essen fertig, die Kinder saßen um den langgestreckten Tisch herum und ließen es sich schmecken. Die warme Suppe zu Anfang, danach ein Stück Cornedbeef, die gegrillten Tinamus, das Fleischbisquit in Brotteig, frisches Wasser mit etwas Brandy, ein Stück Chester-Käse und einige Gläser Sherry entschädigten sie für die spärlichen Mahlzeiten während der letzten, anstrengenden Tage.

Nach dem Essen schlug Gordon vor, gemeinsam zum Grab von Frangois Baudoin, dessen Höhle man jetzt bewohnte, zu gehen. Schon lag die Abenddämmerung über dem See, als die Kinder vor einer leichten Bodenerhebung und dem darauf eingerammten Holzkreuz stehenblieben und beteten. Um 21 Uhr lagen alle in den Betten und schliefen, nur Wilcox und Doniphan saßen um ein Feuer am Höhleneingang auf Wache. Am nächsten Tag, dem 9. Mai, und während der 3 darauffolgenden Tage wurde das Floß entladen. Schon sammelten sich dunstige Wolkenfelder am Himmel, es würde nicht mehr lange dauern und die ersten Winterstürme mit Regen und Schnee zogen über die Insel. Die Temperatur stieg jetzt kaum noch über den Nullpunkt. Auch die Jäger wagten sich nicht mehr weit von French-den weg, sie schossen nur das Nötigste, um den Proviant zu schonen. Aber Gordon mißfiel auch dies; man mußte an Pulver und Blei unbedingt noch mehr als bisher sparen, vielleicht war man in einer gefährlichen Situation einmal bitter darauf angewiesen.

»Es steht mehr auf dem Spiel, als wir uns augenblicklich vorstellen mögen«, sagte Gordon zu Doniphan.

»Einverstanden, dann müssen wir aber auch mit den anderen Vorräten sparsamer umgehen. Wir würden es sicher bereuen,ohne den nötigen Proviant zu sein, wenn wir die Insel verlassen ... «

»Die Insel verlassen?« fragte Gordon überrascht.

»Warum denn nicht, Gordon, wenn sich Festland in der Nähe befindet? Ich habe keine Lust, wie dieser Landsmann von Briant zu enden.«

»Natürlich nicht, aber sind wir denn fähig, ein Boot zu bauen, das seetüchtig ist?« »Warum nicht?«

»Doch ehe wir an derartiges denken können, sollten wir es uns erst hier in der Höhle und auf der Insel bequem machen, denn immerhin kann es Jahre dauern, bis wir . . .« »Daran erkenne ich Gordon, typisch, du wärst entzückt, hier eine Kolonie gründen zu können.«

»Natürlich, wenn uns nichts anderes übrigbleibt.«

»Ich glaube nicht, daß du mit solchen Vorstellungen viel Anhänger findest, nicht einmal deinen Freund Briant.«

»Darüber müßte man erst einmal sprechen. Was Briant betrifft, so will ich dir rundheraus einmal sagen, daß du ihm unrecht tust; Briant ist ein guter Kamerad, der uns immer wieder Beweise seiner Opferbereitschaft gegeben hat.«

»Natürlich, Gordon, er ist ein Held!«

»Nein, er hat Fehler wie wir alle, aber dein Verhalten ihm gegenüber kann in unserer Lage nur schaden, das solltest du einmal überlegen. Briant wird von allen hochgeschätzt.«

»Ja, ja von allen!«

»Oder wenigstens von den meisten. Ich verstehe nicht, wie du, Wilcox, Croß und Webb euch nicht mit ihm vertragen könnt. Ich sage dir das nur beiläufig und hoffe, das du dir das mal überlegst.«

Nach der Entladung des Floßes mußte man jetzt nur noch die Plattform und die Grundlage auseinandernehmen, um deren Einzelteile in der Höhle weiterverwenden zu können. Leider hatte nicht alles Material in der Höhle selbst Platz gefunden, man würde also bald einen Schuppen bauen müssen. Auf Gordons Rat wurden neue Gegenstände in einem Winkel der Uferhöhe verstaut und mit geteerten Leinensrücken abgedeckt. Während der folgenden Wochen konnten Doniphan, Webb, Wilcox und Croß, denen sich noch Garnett und Service anschlossen, nach Herzenslust jagen. Eines Tages gingen sie durch einen Birken- und Buchenwald, wo sie an manchen Stellen deutlich Spuren menschlicher Arbeit entdeckten, so angehobene und mit Zweigen überdeckte Gruben, gerade tief genug, um Tiere zu fangen. Ihr Zustand ließ erkennen, daß sie schon sehr alt sein mußten, eine der Gruben enthielt noch Überreste eines Tieres, dessen Art man freilich nicht mehr bestimmen konnte.

»Jedenfalls stammen die Knochen von einem ziemlich großen Tier«, sagte Wilcox, der in die Grube geklettert war und einige Knochen mit nach oben brachte.

»Ein vierfüßiges Tier, wie man unschwer erkennt.«

»Wenn nicht sogar ein fünffüßiges«, scherzte Service.

»Blöder Spruch!«

»Seit wann ist denn das Lachen verboten?«

»Das Tier muß einmal sehr kräftig gewesen sein«, sagte Doniphan, »seht hier nur, wie dick der Kopf und die mit Hakenzähnen versehene Kinnlade ist. Wenn sich ein solches Tier noch auf der Insel befindet, wird Service schon das Scherzen vergehen.«

»Glaub ich auch«, antwortete Croß, der alles goutierte, was sein Vetter sagte.

»Du meinst also, es handelt sich um ein Raubtier?« fragte Webb.

»Ja, ganz sicher!«

»Einen Löwen oder Tiger?!«

»Vielleicht einen Jaguar oder Cuguar.«

»Dann ist alle Achtung geboten!«

»Dann können wir also nicht mehr so sorglos durch die Wälder der Insel streifen wie bisher!«

Die Jäger wollten gerade umkehren, als Wilcox sagte: »Halt, da kommt mir noch ein Gedanke. Wenn wir die Fallgrube mit frischen Zweigen bedecken, verfängt sich vielleicht eines jener großen Tiere darin.«