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»Mal sehen, ob sich das Guanako zureiten läßt«, überlegte Service. Die anderen lachten.

»Vielleicht hast du mit dem hier mehr Glück, aber das wird sich zeigen.«

»Ich brauche einen flotten Renner, ganz egal wie!«

»Wichtiger ist, daß es unseren gebastelten Wagen ziehen kann.«

Gegen 18 Uhr traf die Jägergesellschaft in French-den ein. Costar, der auf der Sport-terrace spielte, meldete die Ankunft Gordons. Sofort kamen die anderen aus der Halle heraus.

»Endlich seid ihr zurück«, sagte Briant erleichtert.

16

 In French-den war während Gordons Abwesenheit alles nach Wunsch gegangen. Briant schien nur wegen des unerklärlichen Verhaltens seines Bruders Jacques besorgt. Trotz der Fragen, mit denen Briant ihm zusetzte, hatte Jacques immer nur die Antwort gegeben :

»Nein, Bruder, mir fehlt nichts!«

»Du willst nicht sprechen, damit tust du aber mir und allen anderen unrecht. Auch für dich wäre es eine Erleichterung. Ich spüre doch genau, wie du immer trauriger und verschlossener wirst. Bitte sage mir, was du dir vorzuwerfen hast.«

»Ach, Briant, was ich getan habe? Du würdest mir vielleicht verzeihen, vielleicht - aber die anderen?«

»Was heißt das: die anderen! Was willst du damit sagen?«

Jacques Augen füllten sich mit Tränen; doch trotz des Drängens von Briant stieß er nur hervor:

»Später sollst du es erfahren . . . später!«

Briants Besorgnis nahm jetzt noch zu. Was bedrückte Jacques so sehr, daß er darüber nicht einmal zu seinem Bruder sprechen konnte? Er mußte es endlich wissen. Sobald Gordon zurück war, sprach er mit ihm über diesen mysteriösen Fall.

»Mach du deinen Einfluß geltend und versuche, aus meinem Bruder etwas herauszubringen.«

»Wozu?«

»Aber es kann doch für uns alle entscheidend sein, wer weiß?«

»Ich denke, wir sollten Jacques nicht zusetzen. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Kleinigkeit, die er aus Angst maßlos übertreibt.«

Briant ließ die Sache also vorerst auf sich beruhen. Am 9. November gingen die jungen Kolonisten wieder an die Arbeit. Die Vorräte Mokos zeigten starke Lücken, sie mußten schnell aufgefüllt werden. Es fehlte vor allem an eßbarem Wild.

»Wir müssen die Fallen so groß machen, daß sich darin auch peruanische Schafe, Bisamschweine und Guaculis fangen. So sparen wir Pulver und Blei.«

»So eine Schweinearbeit, das dauert sicher bis Ende November«, beschwerte sich Doniphan.

»Macht doch nichts, wir haben ja genügend Zeit«, erwiderte ihm Gordon.

»Ja, leider! Wir sollten besser schauen, wie wir hier wegkommen!«

Das eingefangene Guanako, das Vigogne-Schaf und die beiden Lämmer weideten an langen Stricken unter einigen Bäumen nahe French-den. Das genügte zwar für den Augenblick, aber schon mußte man wieder an den nächsten Winter denken, die Tiere brauchten unbedingt einen richtigen, wetterdichten Stall.

»Bauen wir die Stallungen dicht am Auckland- hill, an der Seeseite, etwas jenseits der Hallentür.«

Gordons Vorschlag wurde angenommen. Baxter überwachte die Arbeiten, das Fällen und Zersägen der Bäume, das Teeren des Pfortsegels, das

Streuen von Sand und Sägemehl, das Sammeln von Vorräten. Alles verlief nach Plan. Das Gehege erhielt bald neue Gäste. Zuerst hatte sich in einer der ausgebesserten Fallgruben im Wald noch ein weiteres Guanako gefangen, kurze Zeit darauf folgte noch ein Paar Vigogne-Schafe. Phann stellte sogar noch einen Nandu in vollem Lauf. Man überzeugte sich, daß mit diesem Exemplar ebensowenig anzufangen war wie mit dem ersten und ließ es laufen, sehr zum Ärger von Service, der noch immer von einem flotten Renner schwärmte. Es versteht sich von selbst, daß alle Tiere abends nach French-den geholt wurden, denn das Geheul der Schakale, das Kläffen der Füchse und das Gebrüll der Raubtiere verriet, daß diese Tiere Witterung genommen hatten. Besonders Garnett und Service widmeten sich der Pflege des kleinen Zoos. Wilcox hielt die Fallgruben instand. Für die beiden Kleinsten, Iverson und Jenkins, gab es eine besondere Aufgabe: Sie mußten sich um die Trappen, Fasanen, Perlhühner und Tinamus in dem von Gordon errichteten Stall kümmern. Moko hatte jetzt nicht nur Milch von den Vigogne-Schafen, sondern auch Eier vom Federvieh zur Verfügung. Hätte auf Anweisung Gordons der Zucker nicht rationiert werden müssen, von Moko wäre öfters eine delikate Süßspeise serviert worden.

»Zucker müßte man gewinnen können«, überlegte Gordon.

»Wer sucht, der findet auch«, sagte Service selbstbewußt und ganz überzeugt von seiner Robinsonade.

Gordon suchte, und er fand tatsächlich am Ende der Traps-woods eine Ahornbaumgruppe. »Wunderbar, das sind unsere Zuckerlieferanten!«

»Bäume aus Zucker?« fragte der kleine Costar und schnalzte mit der Zunge.

»Könnte dir so passen«, lachte Gordon, »sie sind nicht aus Zucker, sie liefern nur welchen.«

Das war eine der wichtigsten Entdeckungen seit der Niederlassung in French-den. Man mußte nur in den Stamm schneiden und erhielt einen ziemlich konzentrierten Saft, der durch weitere Verdunstung eine Art Zucker lieferte. Natürlich war dieser Extrakt dem Erzeugnis aus dem Zuckerrohr oder der Runkelrübe nicht ebenbürtig, aber was machte das schon, Hauptsache, man hatte endlich wieder Süßstoff.

»Jetzt, wo wir Zucker haben, können wir auch Likör herstellen.«

Moko zerstampfte die von der Reise mitgebrachten Trulca- und Algarrobekörner und ließ den gewonnenen Saft eine Zeitlang gären. Auch die Teeblätter wurden verlesen und ausprobiert, sie ähnelten im Geschmack sehr den duftigen Pflanzen aus China. Die Jungen versäumten deshalb nicht, von jedem Ausflug reichliche Vorräte dieser Stauden mitzubringen.

»Langsam machen wir uns«, sagte Briant, »wenn wir auch nichts im Überfluß haben, so besitzen wir doch wenigstens das Notwendigste.«

»Nur Frischgemüse fehlt uns noch!«

In diesem Fall mußten sie sich mit den mitgebrachten Konserven begnügen. Briant hatte zwar versucht, die mittlerweile verwilderten Ignamen erneut anzubauen, doch das schlug fehl.

»Greifen wir auf die hier wachsenden Selleriestauden zurück, etwas anderes bleibt uns jetzt nicht übrig.«

Inzwischen hatte Baxter aus elastischen Eschenzweigen Bögen und aus dem Rohr Pfeile gefertigt, deren Spitzen mit Nägeln versehen wurden; so konnten die Kolonisten auf Jagd gehen, ohne zu schießen. Gordon ließ ohnehin keine Gelegenheit aus, um die Jäger daran zu erinnern, wie sparsam sie mit der Munition umgehen mußten. Eines Tages jedoch, es war der 7. Dezember, nahm Doniphan Gordon zur Seite und sagte: »Gordon, wir werden hier von Schakalen und Füchsen belagert. Sie kommen nachts in Scharen, zerstören unsere Schlingen und rauben das darin gefangene Wild. Wir müssen was dagegen tun.«

»Können wir nicht Fallen aufstellen?« fragte Gordon, der genau wußte, worauf Doniphan hinauswollte.

»Fallen? Du willst Füchse in Fallen fangen. Nein, die sind viel zu schlau dafür. Wenn es sich nur um Schakale handeln würde, ginge das vielleicht. Wenn wir nicht bald durchgreifen, wird von unserem Hühnerhof nicht mehr viel übrigbleiben.«

»Gut, wenn es nicht anders geht, bewillige ich dir einige Dutzend Patronen, aber ziele genau.«

»Wem sagst du das. Ich werde ein solches Blutvergießen an-richten, daß sich sobald kein Schakal und kein Fuchs mehr blicken läßt.«

Bei Einbruch der Nacht nahmen Doniphan, Briant, Baxter, Wilcox, Webb, Croß und Service ihren Platz an der Seeseite nahe der Traps-woods ein, sie versteckten sich hinter mannshohen Sträuchern. Die Nacht war stockfinster. Kein Lufthauch bewegte die Bäume, alles war still. Kurz nach Mitternacht meldete Doniphan durch ein Handzeichen das Herannahen der Räuber. Die Jäger warteten mit Ungeduld, bis etwa 20 beisammen waren. Plötzlich donnerte Doniphan los, die anderen folgten. Kein Schuß ging daneben, 5 bis 6 Tiere wälzten sich in ihrem Blut, die anderen wurden angeschossen. Bei Tagesgrauen fand man 10 Tiere tot im Gras liegen.