»Stimmt, das will ich!«
»Mit dieser Nußschale wollen Sie über den Ozean fahren? Dieser Witz ist nicht schlecht! «
»Mal langsam, mein Herr! Wer sagt denn, daß ich über den Ozean will?«
»Jetzt aber heraus mit dem Geheimnis«, sagte Briant, der die gewaltige Neuigkeit schon ahnte. »Im Westen liegt das Meer . . .«
»Überall liegt das Meer«, unterbrach ihn Gordon unwirsch.
»Im Süden, Norden und Osten nicht, sondern lediglich Kanäle, die man in etwa 60 Stunden überqueren kann.«
Den Kolonisten stockte der Atem.
»Hab ich mir doch immer gedacht«, brummte Doniphan in Richtung Gordon, der dasaß, als hätten ihn die Geier gebissen.
»Im Osten habe ich einen weißlichen Fleck und einen ausbrechenden Vulkan beobachtet«, bestätigte Briant.
»Nun sagt mir doch maclass="underline" wo habt ihr die Insel denn vermutet?!«
»Mitten im Stillen Ozean, allein, ohne Nachbarinseln«, sagte Gordon.
»Auf einer Insel sitzen wir, das stimmt! Aber sie liegt nicht allein. Sie gehört zu den der Küste Südamerikas vorgelagerten Archipelen.«
»Potzblitz, also doch!!«
»Wie habt ihr sie getauft?« fragte Evans lächelnd.
»Insel Chairman!«
»Dann hat sie also 2 Namen, denn ursprünglich heißt sie Insel Hannover.«
»Das haut mich um«, sagte Doniphan.
»Guter Vorschlag, gehen wir schlafen, ich bin hundemüde!«
Moko und Gordon schoben während der Nacht schwerbewaffnet Wache, die anderen schliefen fest und traumlos auf ihren Matratzen.
27
Am nächsten Tag zeigte Evans den Jungen die Meerenge auf dem Stielerschen Atlas.
»Die Magellan-Straße reicht vom Cap der Jungfrauen im Atlantischen Ozean bis zum Cap Los Pilares im Stillen Ozean. Sie ist kürzer als die Lemaire-Straße zwischen Staatenland und Feuerland, und weniger stürmisch. Magellan hat sie 1520 entdeckt! Während eines halben Jahrhunderts waren die Spanier die alleinigen Herrscher in diesen Gebieten. Sie gründeten auf der Halbinsel Braunschweig den sogenannten Hungerhafen. Den Spaniern folgten die Engländer unter Drake, Cavendish, Chidley und Hawkins, dann kamen die Holländer unter de Weert, de Cort, de Noort mit Lemaire und Shouten, die im Jahre 1610 die andere Meerenge entdeckten. Von 1696 bis 1712 waren die Franzosen unter Degennes, Beauchesne-Gunin und Frenzier an der Reihe. Seit dieser Zeit besuchten viele berühmte Seefahrer diese Gegenden, allen voran Anson, Cook, Byron und Bougainville. Die Magellan-Straße wurde zum beliebten Weg bei der Fahrt von einem Ozean zum anderen, besonders seit der Dampfschiffahrt!«
Die Kinder hörten aufmerksam zu.
»Was wir in den letzten, aufregenden Tagen versäumt haben, haben wir jetzt durch die Erläuterungen Evans' wieder nachgeholt«, sagte Gordon, immer bedacht, daß das von ihm entworfene Programm auch tatsächlich eingehalten wurde.
»Patagonien ist die äußerste Provinz Südamerikas, das König-Wilhelms-Land und die Halbinsel Braunschweig die nördliche Begrenzung dieser Meerenge. Im Süden ist die Straße durch den Magellan-Archipel abgeschlossen, dazu gehören Feuerland, Desolations-Land, die Inseln Clarence, Hoste, Gordon, Navarin, Wollaston und Stevart, um nur die größeren zu nennen. Zwischen dem Cap der Jungfrauen, das zu Patagonien gehört, und dem Cap Espiritu-Santo, das zu Feuerland gehört, schneidet die Magellan-Straße tief in das Festland ein. Im Westen liegen die Dinge wieder anders : hier reihen sich Inseln, Archipele und Riffe aneinander. Mit der zwischen dem Vorgebirge Los Pilares und der Südspitze der großen Insel der Königin Adelaide gelegenen Durchfahrt mündet die Meerenge in den Stillen Ozean.«
»Puh, das ist wirklich kompliziert!« sagte Service. »Und seht nur hier, die Insel jenseits der Magellan-Straße, die durch einfache Kanäle von der Insel Cambridge im Süden und von den Inseln Madre de Dios und Chatam im Norden eingeschlossen ist, diese Insel auf dem 51. Grad südlicher Breite ist Hannover, die ihr Chairman getauft habt. Hier habt ihr länger als 20 Monate gehaust.«
Alle beugten sich neugierig über den Atlas. »Wir sind also nur durch einen Meeresarm von Chile getrennt?«
»So ist es, Herr Gordon! Zwischen der Insel Hannover und dem amerikanischen Festland liegen noch einige ebenso verlassene Inseln wie diese. Wärt ihr mit eigenen Kräften auf das Festland gekommen, so hättet ihr freilich bis zur nächsten menschlichen Behausung noch lange wandern müssen. Außerdem wohnen in diesen Gegenden die Puelche-Indianer, die den Schurken um Walston in nichts nachstehen. Also war es doch nicht schlecht, daß ihr euch hier so komfortabel eingerichtet habt.«
»Na ja, aber jetzt reicht's mit dieser Kolonie, versuchen wir, bald nach Neuseeland zu kommen«, sagte Briant, unruhig geworden durch die genauen Erläuterungen Evans'.
»Warum aber haben wir die umliegenden Inseln nicht mit den Fernrohren entdecken können?« fragte Gordon.
»Ganz einfach, sie sind sehr flach.«
»Vielleicht standen wir zufälligerweise immer an den falschen Stellen!«
»Was ich nicht verstehe«, sagte Evans, »warum hat der schiffbrüchige Franzose, der die Umrisse der Insel Hannover doch so genau verzeichnete, die umliegenden Inseln nicht wahrgenommen? Im Gegensatz zu euch, muß er doch an allen Stellen der Insel gewesen sein?«
»Lassen wir das Rätselraten«, schlug Briant vor, »jetzt haben wir Sie zur Verstärkung in French-den, außerdem liegt beim Bear-rock eine Schaluppe, mehr können wir nicht verlangen. Schaffen wir uns jetzt die Halunken vom Hals!«
»Angenommen, wir haben sie schon erledigt, angenommen auch, die Schaluppe ist fahrbereit, was dann?« fragte Gordon.
»Ich würde dann weder nach Norden noch nach Osten fahren. Je weiter wir mit dem Boot gelangen, desto besser für uns. Bei günstigem Wind könnten wir bis zu einem der Häfen Chiles kommen, aber dort ist die See ziemlich rauh. Die Kanäle durch den Archipel sind da weit günstiger.«
»Aber werden wir in diesen Gebieten auf Menschen treffen, die uns die Heimfahrt nach Auckland erleichtern?«
»Ich zweifle nicht daran. Betrachtet nur einmal diese Karte. Wenn wir die Durchfahrt des Archipels der Königin Adelaide hinter uns haben, kommen wir durch den Smyth-Kanal, und von dort in die Magellan-Straße. Hier liegt auch gleich der Hafen Tamar, der zu Desolations-Land gehört.«
»Aber wenn da keine Schiffe vor Anker liegen?«
»Die Magellan-Straße etwas weiter unten, bei der Halbinsel Braunschweig, hinter der Fortescue- Bai, im Hafen Galant, da legen sehr häufig Schiffe an. Sollte auch da keine Möglichkeit zur Heimfahrt sein, so fahren wir eben noch weiter .. .«
»Macht ja nichts .. .« spottete Gordon.
»Ganz recht, hier finden wir viele Ankerplätze: Port Famine, Punta-Arena, die Station Livya auf der Insel Navarin, Oosho-via im Beagle-Kanal unterhalb Feuerlands, usf.«
»Ausgezeichnet, Master Evans! Jetzt brauchen wir nur noch die Schaluppe!«
»Hätte er sie nur dort gelassen, wo sie anfänglich lag, dann wären wir schneller und gefahrloser drangekommen.«
»Dieser Knoten ist nur durch Gewalt und List lösbar!«
»Walston und seine Genossen sind auch keine Anfänger, laßt euch das gesagt sein!«
»Zeigt mir die Waffen und die Munition«, sagte Evans, »ich muß ja schließlich wissen, auf was wir uns stützen können.«
»Ich zeige Ihnen auch die genaue Lage von French-den, damit Sie sehen, wie wir uns am besten verteidigen können«, schlug Briant vor.
Die Wandöffnungen gestatteten völlige Deckung. Mit ihren 8 Gewehren konnten sie die Angreifer auf Abstand halten und mit den beiden kleinen Kanonen würde man sie in den Boden hauen, wenn sie sich heranwagen sollten. Kam es zu einem Handgemenge, so gab es immer noch die Revolver. »Gut, daß ihr hier innerhalb der Höhle so viele Steine angehäuft habt, damit können wir die Türen verbarrikadieren, wenn Not am Mann ist«, lobte Evans.