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»Sie kam für einen neuen Namen«, sagte Tuon nachdenklich. »Wie nennt sie sich?«

»Leilwin«, erwiderte Selucia. »Ein passender Name für eine Shea-Tänzerin. Wie wäre es mit Leilwin Schiffslos?«

Tuon nickte. »Leilwin Schiffslos.«

Egeanin zuckte zusammen, als wäre jedes Wort ein Schlag. »Darf ich mich zurückziehen?«, fragte sie steif und brachte eine knappe Verbeugung zustande.

»Wenn Ihr gehen wollt, dann geht«, knurrte Mat. Sie überhaupt erst mitzunehmen war nicht die beste Idee gewesen, die er je gehabt hatte, aber vielleicht konnte er ja ohne sie wieder etwas an Boden wettmachen.

Den Blick auf die Füße gerichtet, sank Egeanin auf die Knie. »Bitte, darf ich mich zurückziehen?«

Tuon saß gerade aufgerichtet auf dem Boden und starrte durch die größere Frau hindurch; offensichtlich nahm sie sie gar nicht wahr. Selucia musterte Egeanin von oben bis unten und schürzte dann die Lippen. Setalle stieß ihre Nadel durch das Stück Stoff in den Stickrahmen. Niemand warf auch nur einen Blick in Mats Richtung.

Egeanin ließ sich aufs Gesicht fallen, und Mat verkniff sich einen verblüfften Fluch, als sie die Holzplanken küsste. »Bitte«, sagte sie heiser, »ich bitte darum, mich zurückziehen zu dürfen.«

»Ihr werdet gehen, Leilwin«, sagte Selucia so kalt wie eine Königin zu einem Hühnerdieb, »und Ihr werdet mir Euer Gesicht nicht mehr zeigen, bis es vom Schleier einer Shea-Tänzerin verhüllt ist.«

Egeanin kroch rücklings auf Händen und Knien zur Tür und stolperte so schnell aus dem Wagen, dass Mat ihr nur verblüfft hinterherstarren konnte.

Mühsam setzte er sein Lächeln wieder auf. Es schien wenig Sinn zu haben, noch länger hier zu bleiben, aber ein Mann konnte sich immerhin einen guten Abgang verschaffen. »Nun, ich schätze...«

Tuon wackelte wieder mit dem Finger, sah ihn dabei aber immer noch nicht an, und Selucia schnitt ihm das Wort ab. »Die Hochlady ist müde, Spielzeug. Ihr habt ihre Erlaubnis zu gehen.«

»Seht, mein Name ist Mat«, sagte er. »Ein einfacher Name. Ein leichter Name. Mat.« Tuon hätte auch in Wirklichkeit eine Porzellanpuppe sein können, wenn man sah, wie wenig sie reagierte.

Aber Setalle setzte ihre Stickerei ab und stand auf, die eine Hand leicht auf dem Griff des Krummdolchs ruhend, der in ihrem Gürtel steckte. »Junger Mann, wenn Ihr glaubt, hier herumlungern zu können, um uns dabei zuzusehen, wie wir uns zum Schlafengehen bereitmachen, dann irrt Ihr Euch aber gewaltig.« Sie lächelte, aber sie hatte die Hand am Dolch, und sie hatte genug von einer Ebou Dari, um aus einer Laune heraus zuzustechen. Tuon blieb wie eine reglose Puppe sitzen, eine Königin auf ihrem Thron, die aus Versehen ein schlecht sitzendes Kleid angezogen hatte. Mat ging.

Egeanin stützte sich mit einer Hand an der Wand des Wagens ab und ließ den Kopf hängen. Mit der anderen Hand hielt sie die Kette an ihrem Hals umklammert. Ein kleines Stück in der Dunkelheit entfernt bewegte sich Harnan, nur um zu zeigen, dass er noch da war. Er war ein kluger Mann, da er sich im Augenblick von Egeanin fern hielt. Mat war zu verärgert, um klug zu sein.

»Was hatte das denn zu bedeuten?«, wollte er wissen.

»Ihr müsst nicht mehr vor Tuon auf die Knie gehen. Und Selucia? Sie ist eine verdammte Zofe! Ich kenne keinen, der vor seiner Königin so gesprungen wäre wie Ihr vor ihr.«

Egeanins hartes Gesicht lag im Schatten, aber ihre Stimme war verstört. »Die Hochlady ist... wer sie ist. Selucia ist ihre So'jhin. Keiner vom niederen Blut würde es wagen, den Blick ihrer So'jhin zu erwidern, und vielleicht auch keiner vom hohen Blut.« Der Verschluss zerbrach mit einem metallischen Knirschen, als sie die Kette losriss.

»Aber ich gehöre jetzt nicht mehr dem Blut an.« Sie holte aus und schleuderte die Kette so weit in die Nacht hinein, wie sie nur konnte.

Mat öffnete den Mund. Für das, was er für das Ding bezahlt hatte, hätte er ein Dutzend erstklassige Pferde kaufen können und noch Wechselgeld übrig behalten. Er schloss ihn wieder, ohne ein Wort gesagt zu haben. Er mochte nicht immer klug sein, aber er war schlau genug, um zu wissen, wann eine Frau wirklich versuchen würde, ihm ein Messer in den Leib zu jagen. Und er wusste auch etwas anderes. Wenn sich Egeanin derart in Tuons und Selucias Nähe aufführte, dann sorgte er besser dafür, dass die Sul'dam sich ihnen fern hielten. Das Licht allein wusste, was sie tun würden, wenn Tuon anfing, mit den Fingern zu wackeln.

Da kam reichlich Arbeit auf ihn zu. Nun, er hasste Arbeit, aber diese alten Erinnerungen hatten seinen Kopf mit Schlachten voll gestopft. Er hasste auch Schlachten — dabei konnte man leicht den Tod finden! —, aber sie waren besser als Arbeit. Strategie und Taktik. Lerne den Boden kennen, lerne deinen Feind kennen, und wenn du nicht auf die eine Weise gewinnen kannst, dann findest du eben eine andere.

Am nächsten Abend kehrte er zu dem purpurnen Wagen zurück, diesmal allein, und sobald Olver seine Lektion in Steine von Tuon erhalten hatte, drängte sich Mat in ein Spiel hinein. Als er das erste Mal der schwarzen kleinen Frau vor dem Spielfeld auf dem Boden gegenübersaß, war er sich nicht sicher, ob er gewinnen oder verlieren sollte. Manche Frauen gewannen gern jedes Mal, aber der Mann durfte es ihr nicht zu leicht machen. Manche ließen den Mann gern gewinnen, oder zumindest öfters, als er verlor. Für ihn machte nichts davon Sinn — er gewann gern, und je leichter, desto besser —, aber so war es nun einmal. Während er zauderte, nahm Tuon die Sache selbst in die Hände. In der Mitte des Spiels erkannte er, dass sie ihn in eine Falle gelockt hatte, aus der er nicht herauskommen konnte. Ihre weißen Steine schnitten seinen schwarzen überall den Weg ab. Es war ein sauberer und nachhaltiger Sieg für sie.

»Ihr spielt nicht sehr gut, Spielzeug«, sagte sie spöttisch.

Trotz des Tonfalls betrachteten ihre großen, feuchten Augen ihn kühl, wogen ab und nahmen Maß. In solchen Augen konnte ein Mann ertrinken.

Er lächelte und verabschiedete sich, bevor der Gedanke aufkam, ihn hinauszuschmeißen. Strategie. An die Zukunft denken. Am nächsten Abend brachte er eine kleine rote Papierblume mit, die eine der Zirkusnäherinnen gemacht hatte. Und präsentierte sie einer überraschten Selucia. Setalle hob die Brauen, und sogar Tuon schien verblüfft. Taktik. Bring deinen Gegner aus dem Gleichgewicht. Wenn man so darüber nachdachte, bestand zwischen Frauen und Schlachten kein großer Unterschied. Beide vernebelten einem Mann die Sicht und konnten ihn umbringen, ohne sich groß anstrengen zu müssen. Wenn er unvorsichtig war.

Er besuchte den Wagen jeden Abend unter Setalles und Selucias wachsamen Blicken für eine Partie Stein, und er konzentrierte sich auf das mit kreuzenden Linien durchzogene Spielfeld. Tuon war sehr gut, und es geschah viel zu oft, dass er ihr zusah, wie sie ihre Steine setzte und dabei ihre Finger auf seltsam anmutige Weise nach hinten bog.

Sie war daran gewöhnt, außerordentlich lange Nägel zu haben und darauf zu achten, sie nicht zu zerbrechen. Ihre Augen waren auch eine Gefahr. Bei einer Partie Steine brauchte man genau wie in der Schlacht einen klaren Kopf, und ihr Blick schien tief in seinen Verstand einzudringen. Aber er richtete seine Aufmerksamkeit auf das Spiel und schaffte es, von den nächsten sieben vier zu gewinnen. Tuon war zufrieden, wenn sie gewann, und entschlossen, wenn sie verlor, aber es gab keinen der Wutanfälle, die er befürchtet hatte, und auch keine bissigen Bemerkungen, wenn man davon absah, dass sie auch weiterhin darauf bestand, ihn Spielzeug zu nennen. Es gab auch nicht viel von dieser eiskalten, majestätischen Hochmut, jedenfalls nicht, solange sie spielten. Sie genoss einfach das Spiel, lachte triumphierend, wenn sie ihn in eine Falle gelockt hatte, und lachte entzückt, wenn er mit einem klugen Zug entkam. Sie schien eine ganz andere Frau zu sein, sobald sie sich im Spiel verlor.