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Er sorgte dafür, dass an diesem Abend alle Seanchaner in ihren Wagen blieben, und die Aes Sedai auch. Soweit Mat wusste, hatte niemand Sul'dam oder Damane gesehen, aber dieses eine Mal debattierten die Aes Sedai nicht. Tuon auch nicht. Sie stellte eine Forderung, die Setalles Brauen fast bis zum Haaransatz emporschnellen ließen. In gewisser Weise war es als Bitte formuliert, die Erinnerung an ein Versprechen, das er gegeben hatte, aber er erkannte eine Forderung, wenn eine Frau sie aussprach. Nun, ein Mann musste der Frau vertrauen, die er heiraten würde. Er sagte ihr, er würde darüber nachdenken, nur damit sie nicht auf die Idee kam, sie könnte alles von ihm bekommen, was ihr in den Sinn kam. Er dachte den ganzen Tag darüber nach, während Luca seine Vorstellung gab, dachte darüber nach und schwitzte, während einige Seanchaner kamen, um die Artisten anzustarren. Er dachte darüber nach, während die Wagen in östlicher Richtung durch die Hügel rollten und langsamer fuhren als je zuvor, aber er wusste, welche Antwort er ihr geben musste.

Am dritten Tag nach der Überfahrt erreichten sie die Salzstadt Jurador, und er sagte Tuon, dass er es tun würde. Sie lächelte ihn an, und die Würfel in seinem Kopf verstummten wie abgeschnitten. Das würde er nie mehr vergessen. Sie lächelte, und dann verstummten die Würfel. Das reichte aus, um einen Mann in Tränen ausbrechen zu lassen!

29

Etwas flackert auf

»Das sein Wahnsinn«, knurrte Domon von seinem Platz aus, wo er mit verschränkten Armen stand, als wollte er den Weg aus dem Wagen blockieren. Vielleicht tat er es ja tatsächlich. Sein Kinn war stur nach vorn geschoben und präsentierte einen Bart, der zwar gestutzt, aber noch immer länger als das Haar auf seinem Kopf war, und seine Hände waren in ständiger Bewegung wie bei einem Mann, der daran dachte, sie zu Fäusten zu ballen oder mit etwas zu ringen. Domon war ein breiter Mann und gar nicht so fett, wie es auf den ersten Blick aussah. Mat wollte Faustschläge oder einen Ringkampf vermeiden, wenn es ging.

Er band das schwarze Seidentuch um seinen Hals zu Ende, verbarg die Narbe und schob die langen Enden unter seinen Mantel. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in Jurador jemanden gab, der über einen Mann aus Ebou Dar mit einem schwarzen Tuch Bescheid wusste... Nun, die Chancen schienen gut zu stehen, selbst wenn man sein Glück abzog. Natürlich musste man immer in Betracht ziehen, dass er ta'veren war, aber wenn er Suroth oder einer Gruppe von Dienern aus dem Tarasin-Palast begegnen würde, hätte er auch mit einem um den Kopf gewickelten Handtuch im Bett liegen bleiben können, und es würde trotzdem geschehen. Manchmal musste man einfach auf sein Glück vertrauen. Das Problem war nur, dass an diesem Morgen beim Aufwachen wieder die Würfel in seinem Kopf rollten. Sie prallten noch immer gegen die Innenseiten seines Schädels.

»Ich habe es versprochen«, sagte er. Es war gut, wieder vernünftige Kleidung zu tragen. Der Mantel bestand aus feinem grünem Tuch, wies einen erstklassigen Schnitt auf und hing bis fast zu seinen Knien und den umgeschlagenen Stiefelstulpen. Es gab keine Stickereien — vielleicht hätten ein paar nicht geschadet —, aber an den Ärmeln war ein Hauch von Spitze. Und er trug ein gutes Seidenhemd. Er wünschte sich, er hätte einen Spiegel gehabt. An einem solchen Tag musste sich ein Mann von seiner besten Seite präsentieren. Er hob den Umhang vom Bett auf und schwang ihn sich über die Schultern. Nicht so ein grelles Ding, wie Luca sie immer trug. Dunkelgrau, fast so dunkel wie die Nacht. Nur das Futter war rot. Die Umhangnadel bestand aus einfachen Silberknoten, die nicht größer als seine Daumen waren.

»Sie hat ihr Wort gegeben, Bayle«, sagte Egeanin. »Ihr Wort. Das wird sie nicht brechen, niemals.« Egeanin klang völlig überzeugt. Jedenfalls überzeugter, als Mat es war. Aber manchmal musste ein Mann ein Risiko eingehen. Selbst wenn es sein Hals war, den er riskierte. Er hatte es versprochen. Und er hatte sein Glück.

»Es sein trotzdem Wahnsinn«, murrte Domon. Aber er trat mürrisch von der Tür weg, als Mat seinen breitkrempigen schwarzen Hut aufsetzte. Nun ja, jedenfalls, als Egeanin ihn mit einem schnellen Ruck ihres Kopfes dazu aufforderte. Seinen finsteren Blick behielt er aber bei.

Sie folgte Mat aus dem Wagen, schaute finster drein und fummelte an der langen schwarzen Perücke herum. Vielleicht fühlte sie sich damit noch immer unbehaglich, vielleicht saß sie jetzt auch anders, nachdem Egeanins Haar seit einem Monat darunter gewachsen war. Aber noch nicht genug, um ohne Perücke gehen zu können. Nicht, bevor mindestens weitere hundert Meilen zwischen ihnen und Ebou Dar lagen. Vielleicht würde es nicht sicher sein, bevor sie die Damonaberge nach Murandy hinein überquert hatten.

Der Himmel war wolkenlos, die Sonne erklomm gerade den Horizont und stand noch hinter der Segeltuchmauer des Wanderzirkus, und der Morgen war nur warm im Vergleich mit einem Schneesturm. Es war nicht die Kühle eines Spätwintermorgens bei den Zwei Flüssen, sondern eine Kälte, die tief in einen hinkroch und den Atem in kaum sichtbare Wölkchen verwandelte. Die Zirkusleute eilten umher wie Ameisen in einem Ameisenhaufen, dem man einen Tritt versetzt hatte, und erfüllten die Luft mit lautstarken Rufen, wer die Jonglierreifen weggeräumt oder sich ein Paar rot gestreifter Hosen geliehen oder die Auftrittplattform verrückt hatte. Es sah aus und klang wie der Anfang eines Aufruhrs, aber in keiner der Stimmen lag echte Wut. Sie brüllten ständig herum und fuchtelten mit den Armen, aber vor einer Vorstellung kam es nie zu Handgreiflichkeiten, und irgendwie würde jeder Artist an seinem Platz sein, bevor man die ersten Zuschauer einließ. Sie waren ja vielleicht langsam wie die Schnecken, wenn es darum ging, sich reisefertig zu machen, aber eine Vorstellung bedeutete Geld, und dafür konnten sie sich flink bewegen.

»Ihr glaubt ernsthaft, Ihr könntet sie heiraten«, murmelte Egeanin, die an seiner Seite ging und dabei gegen ihre abgetragenen braunen Wollröcke trat. An Egeanin war nichts Zierliches. Sie hatte einen großen Schritt, und sie hielt mühelos mit. Ob Kleid oder nicht, sie schien ein Schwert an der Hüfte zu brauchen. »Es gibt keine andere Erklärung. Bayle hat Recht. Ihr seid wahnsinnig!«

Mat grinste. »Die Frage ist doch, will sie mich heiraten? Manchmal heiraten die seltsamsten Leute.« Wenn man wusste, dass man hängen würde, konnte man nur noch eines machen: die Henkersschlinge angrinsen. Also grinste er und ließ sie mit einem Stirnrunzeln auf dem harten Gesicht dort stehen. Er glaubte sie leise fluchen zu hören, auch wenn er es nicht verstand. Sie war schließlich nicht diejenige, die die letzte Person auf der Welt heiraten musste, die sie wollte. Eine Adlige, die nur aus kühler Reserviertheit bestand und die Nase hoch in der Luft trug, wo er Tavernenmädchen mit schmachtendem Lächeln und willigen Blicken mochte. Eine Thronerbin, aber nicht irgendein Thron, vielmehr der Kristallthron, der Kaiserliche Thron von Seanchan. Eine Frau, die seinen Kopf wie ein Rad kreiseln und ihn sich fragen ließ, ob er sie gefangen hielt oder sie ihn. Wenn einen das Schicksal an der Kehle packte, blieb einem nichts anderes übrig, als zu grinsen.

Er schritt fröhlich aus, bis er in Sichtweite des fensterlosen purpurnen Wagens war, und dann blieb er abrupt stehen. Eine Gruppe Akrobaten, vier schlanke Männer, die sich die Chavana-Brüder nannten, obwohl es offensichtlich war, dass sie nicht nur vier verschiedene Mütter hatten, sondern aus verschiedenen Ländern stammten, kamen aus einem grünen Wagen geschossen, brüllten einander an und gestikulierten wild. Sie warfen dem purpurnen Wagen und Mat einen Blick zu, aber für mehr waren sie zu sehr in ihren Streit vertieft und hatten es zu eilig. Gorderan lehnte an einem der purpurnen Räder, kratzte sich am Kopf und betrachtete stirnrunzelnd die beiden Frauen, die am Fuß der hölzernen Treppe des Wagens standen. Zwei Frauen, beide in dunkle Umhänge gekleidet, mit verhüllten Gesichtern, und doch war das geblümte Kopftuch, das aus der Kapuze der größeren Frau hervorlugte, unverkennbar. Nun ja. Er hätte wissen müssen, dass Tuon ihre Zofe dabei haben wollte. Adlige machten keinen Schritt ohne ihre Zofen. Ob der Einsatz nun einen Pfennig oder eine Krone war, am Ende kam es nur darauf an, wie die Würfel fielen. Sie hatten ihre Chance gehabt, ihn zu verraten. Trotzdem setzte er jetzt das zweite Mal auf eine Frau. Auf zwei Frauen. Welcher Narr würde das tun, zweimal auf dieselbe Marke? Aber er musste die Würfel werfen. Eigentlich rollten sie schon.