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»Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Das Farmerleben ist schwer.« Er seufzte, als würde er sich da auskennen.

»Stimmt, und eine schwierige Frau kann es noch schwerer machen. Sie kommen vermutlich von ihr, aber ich weiß nicht, warum - wenn es nur um irgendwelchen juristischen Papierkram geht, wäre wohl ein Deputy Sheriff rausgekommen und hätte ihn mir zugestellt.«

Er sah mich überrascht an. »Ihre Frau hat mich nicht hergeschickt, Mr. James. Eigentlich bin ich rausgekommen, um sie hier anzutreffen

Das Ganze glich einem Bühnenstück, und das war mein Stichwort, den Überraschten zu spielen. Und dann glucksend zu lachen, weil in der Regieanweisung als Nächstes glucksendes Lachen stand. »Das ist der beste Beweis.«

»Wofür?«

»In meiner Kindheit hatten wir einen Nachbarn, einen widerlichen alten Kerl namens Bradlee. Alle Leute haben ihn Paps Bradlee genannt.«

»Mr. James …«

»Mein Vater, der manchmal geschäftlich mit ihm zu tun hatte, hat mich ein paarmal mitgenommen. Mit Pferd und Wagen, wie’s noch üblich war. Bei ihren Geschäften ist es um Saatmais gegangen, zumindest im Frühjahr, aber manchmal haben sie auch Werkzeug getauscht. Damals hat es noch keinen Versandhandel gegeben, und ein gutes Werkzeug konnte die Runde durch die ganze County machen, bevor es wieder heimfand.«

»Mr. James, ich sehe nicht ganz …«

»Und immer wenn wir zu dem alten Kerl gefahren sind, hat meine Mama mich aufgefordert, wegzuhören, weil jedes zweite Wort aus Paps Bradlees Mund ein Fluch oder eine Zote war.« Diese Sache fing an, mir auf säuerliche Weise Spaß zu machen. »Also habe ich natürlich umso aufmerksamer zugehört. Einen von Paps Bradlees Lieblingssprüchen weiß ich noch gut: ›Besteig keine Stute ohne Zügel, denn man weiß nie, wohin das Miststück rennt.‹«

»Erwarten Sie von mir, dass ich das verstehe?«

»Wohin, glauben Sie denn, ist mein Miststück gerannt, Mr. Lester?«

»Soll das heißen, dass Ihre Frau …?«

»Sie ist abgehauen, Mr. Lester. Hat sich aus dem Staub gemacht. Sich französisch empfohlen. Die Fliege gemacht. Als eifriger Leser, der sich für amerikanische Umgangssprache interessiert, fallen mir jede Menge solcher Ausdrücke ein. Lars jedoch - wie die meisten anderen Hemingforder - würde nur sagen: ›Sie ist weggelaufen und hat ihn sitzenlassen‹, wenn die Nachricht die Runde macht. Oder ihn und den Jungen, um genau zu sein. Ich dachte natürlich, sie würde zu ihren tierlieben Freunden bei der Farrington Company gehen, und ich würde als Nächstes die Mitteilung erhalten, dass sie das Land ihres Vaters verkaufen will.«

»Das will sie allerdings.«

»Hat sie den Vertrag schon unterschrieben? Dann müsste ich wohl vor Gericht gehen.«

»Das hat sie noch nicht getan. Sollte sie das jedoch, möchte ich Ihnen schon jetzt davon abraten, einen teuren Prozess anzustrengen, den Sie bestimmt verlieren würden.«

Ich stand auf. Ein Träger meiner Latzhose war mir von der Schulter gerutscht, und ich hakte ihn mit einem Daumen wieder hoch. »Tja, da sie nicht hier ist, ist das eine ›hypothetische Frage‹, wie die Juristen sagen, finden Sie nicht auch? An Ihrer Stelle würde ich sie in Omaha suchen.« Ich lächelte. »Oder in Saint Louis. Sie hat immer von Sain’-Loo geredet. Mir kommt’s vor, als hätte sie Farrington ebenso satt wie mich und den Sohn, den sie geboren hat. Jetzt ist sie uns Gott sei Dank los. ›Zum Teufel eure Häuser!‹ Das ist übrigens von Shakespeare. Romeo und Julia. Ein Liebesdrama.«

»Sie werden entschuldigen, wenn ich das sage, aber das alles erscheint mir höchst befremdlich, Mr. James.« Aus einer inneren Anzugtasche - reisende Anwälte wie er hatten bestimmt jede Menge Taschen - hatte er ein Seidentaschentuch gezogen, mit dem er sich nun das Gesicht abtupfte. Seine Wangen waren jetzt nicht nur gerötet, sondern

»Auch ich werde mich erst daran gewöhnen müssen, aber ich bin Ihnen gegenüber im Vorteil.«

»Ja?«

»Ich kenne sie. Ich bin mir sicher, dass Sie und Ihre Mandanten geglaubt haben, das Geschäft sei perfekt, aber Arlette James … Na ja, sie auf etwas festnageln zu wollen ist nicht anders, als wollte man einen Wackelpudding an die Wand nageln. Wir sollten nicht vergessen, was Paps Bradlee gesagt hat, Mr. Lester. Jaja, der Mann war ein echtes ländliches Genie!«

»Dürfte ich im Haus nachsehen?«

Ich lachte nochmals, und diesmal brauchte ich mich nicht dazu zu zwingen. Der Mann hatte Nerven, das musste man ihm lassen, und dass er nicht mit leeren Händen abziehen wollte, war verständlich. Er war zwanzig Meilen weit in einem staubigen Lieferwagen ohne Türen gefahren, er musste sich weitere zwanzig Meilen durchrütteln lassen, bevor er nach Hemingford City zurückkam (von wo aus er bestimmt mit dem Zug weiterfahren musste), er hatte einen wunden Hintern, und die Leute, die ihn losgeschickt hatten, würden über seinen Bericht, den er nach all diesen Strapazen erstatten konnte, nicht erfreut sein. Armer Kerl!

»Ich will meinerseits etwas fragen: Würden Sie die Hose runterlassen, damit ich mir Ihre Kronjuwelen ansehen kann?«

»Das finde ich ungehörig.«

»Kann ich Ihnen nicht verübeln. Sie müssen es als einen … nein, nicht als einen Vergleich, das ist nicht richtig, sondern als eine Art Parabel sehen.«

»Ich verstehe Sie nicht.«

»Na ja, Sie haben auf der Rückfahrt in die Stadt eine Stunde Zeit, um darüber nachzudenken … zwei, wenn Lars’ Red Baby eine Reifenpanne hat. Und ich kann Ihnen versichern, Mr. Lester, wenn ich Sie in meinem Haus - in meinem Privatbesitz, meiner Burg, meinen Kronjuwelen - herumschnüffeln ließe, würden Sie meine Frau nicht tot im Kleiderschrank oder …« Dann kam ein schrecklicher Augenblick, in dem ich beinahe oder im Brunnen liegend sagte. Ich spürte, dass ich plötzlich Schweißperlen auf der Stirn hatte. »Oder unter dem Bett auffinden.«

»Ich habe nie behauptet …«

»Henry!«, rief ich. »Komm einen Augenblick her!«

Henry kam mit gesenktem Kopf durch den Staub geschlurft. Er wirkte besorgt, vielleicht sogar schuldbewusst, aber das war in Ordnung. »Ja, Sir?«

»Erzähl diesem Mann, wo deine Mama ist.«

»Das weiß ich nicht. Als du mich am Freitagmorgen zum Frühstück gerufen hast, war sie fort. Zusammengepackt und fort.«

Lester starrte ihn durchdringend an. »Sohn, ist das die Wahrheit?«

»Ja, Sir.«

»Die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit, so wahr dir Gott helfe?«

»Papa, kann ich wieder ins Haus? Ich muss doch Hausaufgaben nachmachen, weil ich krank war.«

»Gut, dann geh«, sagte ich, »aber trödele nicht. Denk daran, dass du heute mit dem Melken dran bist.«

»Ja, Sir.«

Er stapfte die Stufen der Veranda hinauf und verschwand im Haus. Lester sah ihm nach, dann wandte er sich wieder an mich. »Da steckt mehr dahinter.«

»Ich sehe, dass Sie keinen Ehering tragen, Mr. Lester. Wenn Sie erst mal einen so lange getragen haben wie ich,

Er stand auf. »Diese Sache ist noch nicht erledigt.«

»Doch, das ist sie«, sagte ich. Obwohl ich wusste, dass sie es nicht war. Aber wenn alles klappte, waren wir dem Ende ein Stück näher als zuvor. Wenn.

Er ging über den Hof davon, dann drehte er sich noch mal um. Er benutzte sein Seidentaschentuch, um sich abermals das Gesicht abzuwischen, dann sagte er: »Wenn Sie glauben, dass die 70 Hektar Ihnen gehören, nur weil Sie Ihre Frau vertrieben haben … sie zu ihrer Tante in Des Moines oder einer Schwester in Minnesota fortgejagt haben …«

»Suchen Sie sie in Omaha«, sagte ich lächelnd. »Oder in Sain’-Loo. Mit ihrer Verwandtschaft konnte sie nie viel anfangen, aber sie war verrückt danach, in Sain’-Loo zu leben. Gott weiß, warum.«