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»Ja, ja, das denke ich auch. Sie hören bestimmt von ihr, wenn sie sich bei Mr. Lester meldet. Wenn sie sich in den Kopf gesetzt hat, weiter allein zu bleiben, wird sie Geld brauchen.«

Auf den Trichter war er also auch schon gekommen.

Sein Blick wurde schärfer. »Hatte sie überhaupt irgendwelches Geld in der Tasche, Mr. James?«

»Na ja …«

»Nicht schüchtern sein. Beichten tut der Seele gut. Damit haben die Katholiken mal recht, nicht wahr?«

»In meiner Kommode steht eine Blechdose. In der waren 200 Dollar - für die Wanderarbeiter, wenn sie nächsten Monat anfangen.«

»Und für Mr. Cotterie«, erinnerte Henry mich. Und zu Sheriff Jones sagte er: »Mr. Cotterie hat einen Mähdrescher für den Mais. Einen Harris Giant. Fast neu. Der ist eine Wucht.«

»Ja, ja, ich hab ihn auf seinem Hof stehen sehen. Ein Riesenbastard, was?’tschuldigung. Das ganze Geld aus der Dose war verschwunden, nehme ich mal an.«

Ich lächelte säuerlich - nur war es eigentlich nicht ich, der hier lächelte; der Hinterhältige hatte die Leitung übernommen, seit Sheriff Jones am Hackklotz gehalten hatte. »Sie hat zwanzig dagelassen. Sehr großzügig von ihr. Aber mehr als zwanzig nimmt Harlan Cotterie nie als Miete für seinen Mähdrescher, also ist das in Ordnung. Und was die Landarbeiter betrifft, gewährt mir Stoppenhauser von der Bank hoffentlich einen Kurzkredit. Das heißt, wenn er nicht der Farrington Company verpflichtet ist. Jedenfalls habe ich meinen besten Landarbeiter gleich hier bei mir.«

Ich wollte Henry freundlich das Haar zerzausen. Er duckte sich verlegen weg.

»So, nun habe ich reichlich Nachrichten für Mr. Lester, nicht wahr? Gefallen wird ihm keine davon, aber wenn er so clever ist, wie ich denke, wird er wissen, dass er Ihre Frau in seinem Büro erwarten kann - und das eher früher als später. Leute tauchen meist ziemlich schnell wieder auf, wenn ihnen das Kleingeld ausgeht, nicht wahr?«

»Das ist auch meine Erfahrung«, sagte ich. »Wenn wir hier fertig sind, Sheriff, sollten mein Junge und ich uns wieder an die Arbeit machen. Wir haben da so einen nutzlosen

»Elpis.« Henry sprach wie im Traum. »Sie hat Elpis geheißen.«

»Elpis«, bestätigte ich. »Sie hat sich im Stall losgerissen, um einen Hofspaziergang zu machen, und ist auf die Abdeckung geraten, die prompt unter ihr nachgegeben hat. Hatte nicht mal so viel Anstand, von selbst zu verenden. Ich hab sie erschießen müssen. Wenn Sie mit mir hinter den Stall kommen, zeige ich Ihnen den Lohn der Faulheit, wie er seine verdammten Beine in die Luft streckt. Wir werden sie begraben, wo sie liegt, und zukünftig heißt dieser alte Brunnen bei mir Wilfreds Narretei.«

»Na, das täte ich gern, nicht wahr? Weil das bestimmt sehenswert ist. Aber ich muss diesen übellaunigen alten Richter ruhigstellen. Also ein andermal.« Er wuchtete sich ächzend in den Wagen. »Danke für die Limonade und dass Sie so umgänglich waren. Wenn man bedenkt, wer mich hergeschickt hat, hätten Sie viel unfreundlicher sein können.«

»Schon in Ordnung«, sagte ich. »Wir haben alle unsere Arbeit zu tun.«

»Und unser Kreuz zu tragen.« Sein scharfer Blick war wieder auf Henry gerichtet. »Sohn, Mr. Lester hat mir erzählt, dass du etwas verheimlichst. Er war sich seiner Sache ziemlich sicher. Und das hast du auch getan, nicht wahr?«

»Ja, Sir«, sagte Henry mit seiner tonlosen und irgendwie schrecklichen Stimme. Als ob alle seine Gefühlsregungen weggeflogen wären - wie die Dinge aus der geöffneten Büchse der Pandora. Für Henry und mich gab es jedoch keine Elpis; unsere Elpis lag tot im Brunnen.

»Wenn er mich darauf anspricht, sage ich ihm, dass er sich da getäuscht hat«, sagte Sheriff Jones. »Ein Firmenanwalt braucht nicht zu wissen, dass die Mutter eines Jungen

»Ja, Sir, sehr gern.« Henry nahm die Kurbel und ging damit zum Kühler des Maxwells.

»Pass auf dein Handgelenk auf!«, rief Jones nach vorn. »Die Kurbel schlägt aus wie ein Pferd.« Dann wandte er sich mir zu. Das forschende Glitzern war aus seinen Augen verschwunden. Auch das Grün. Sie waren glanzlos und grau und hart und erinnerten an das Wasser eines Sees unter bewölktem Himmel. Es war das Gesicht eines Mannes, der einen Landstreicher, der mit Güterzügen unterwegs war, halb totschlagen konnte, ohne deshalb auch nur eine Minute schlecht zu schlafen. »Mr. James«, sagte er. »Ich muss Sie etwas fragen. Unter uns Männern.«

»Nur zu«, sagte ich und bereitete mich auf die Frage vor, die bestimmt kommen würde: Liegt in Ihrem Brunnen eine weitere Kuh? Eine namens Arlette? Aber ich hatte mich getäuscht.

»Ich kann ihren Namen und ihre Personenbeschreibung telegrafisch verbreiten, wenn Sie wollen. Sie ist bestimmt nicht weiter als bis nach Omaha gekommen, nicht wahr? Nicht mit nur hundertachtzig Scheinchen. Und eine Frau, die zeitlebens nur Hausfrau war, hat keine Ahnung, wie man sich versteckt. Sie ist wahrscheinlich in einer Pension im Osten der Stadt, wo sie billig sind. Ich könnte sie zurückholen lassen. An den Haaren zurückzerren lassen, wenn Sie wollen.«

»Das ist ein großzügiges Angebot, aber …«

Die glanzlosen Augen musterten mich. »Denken Sie darüber nach, bevor Sie Ja oder Nein sagen. Manchmal braucht ein Mädel handfesten Zuspruch, wenn Sie wissen, was ich

»Das tue ich.«

Der Motor des Maxwells sprang knatternd an. Ich streckte die Hand aus - die rechte, mit der ich ihr die Kehle durchgeschnitten hatte -, aber Sheriff Jones sah sie nicht. Er war damit beschäftigt, die Zündung zurückzustellen und das Handgas zu regulieren.

Zwei Minuten später war er nur noch eine Staubwolke auf der Landstraße.

»Er hat nicht mal reinschauen wollen«, stellte Henry verwundert fest.

»Nein.«

Und das sollte sich als sehr gute Sache erweisen.

Wir hatten so eifrig und schnell geschaufelt, als die Staubfahne näher gekommen war, dass von Elpis nur noch ein halbes Bein aus der Erde ragte. Der Huf befand sich ungefähr anderthalb Meter unter dem Brunnenrand. Eine ganze Fliegenwolke umkreiste ihn. Darüber hätte der Sheriff sich bestimmt gewundert, und er hätte sich noch mehr gewundert, dass das Erdreich vor dem herausragenden Huf auf und ab pulsierte.

Henry ließ seine Schaufel fallen und packte mich am Arm. Es war ein heißer Nachmittag, aber er hatte eine eiskalte Hand. »Das ist sie!«, hauchte er. Sein Gesicht schien nur noch aus Augen zu bestehen. »Sie versucht rauszukommen!«

»Sei kein so gottverdammter Dämlack«, sagte ich, aber auch ich konnte den Blick nicht von diesem Kreis aus pulsierender Erde wenden. Als ob der Brunnen lebendig wäre und wir das Schlagen seines verborgenen Herzens sähen.

Dann flogen Erdbrocken und Kieselsteine nach allen Seiten, und eine Ratte tauchte auf. Glänzend jettschwarze Augen blinzelten im Sonnenschein. Sie war fast so groß wie eine ausgewachsene Katze. In ihren Schnurrbarthaaren hatte sich ein blutbefleckter Fetzen Sackrupfen verfangen.

»O du Wichser!«, brüllte Henry.

Etwas zischte haarscharf an meinem Ohr vorbei, dann spaltete die Kante von Henrys Schaufel der Ratte den Schädel, während sie noch ins Helle blinzelte.

»Sie hat sie geschickt«, sagte Henry. Er grinste. »Die Ratten gehorchen jetzt ihr.«

»Ausgeschlossen. Du bist nur durcheinander.«

Er ließ die Schaufel fallen und ging zu dem Haufen mit großen Steinen, die wir aussortiert hatten, um sie als letzte Füllschicht zu verwenden. Er setzte sich und starrte mich gespannt an. »Weißt du das bestimmt? Weißt du bestimmt, dass sie uns nicht heimsucht? Die Leute sagen, dass Ermordete zurückkommen, um die zu verfolgen, die …«

»Die Leute sagen alles Mögliche. Dass der Blitz nie zweimal an derselben Stelle einschlägt, dass ein zerbrochener Spiegel sieben Jahre Unglück bringt, dass ein Ziegenmelkerschrei um Mitternacht einen Todesfall in der Familie ankündigt.« Ich bemühte mich, vernünftig zu sprechen, aber ich musste weiter die Ratte anstarren, die Henry mit seiner Schaufel halbiert hatte. Und den blutbefleckten Fetzen Sackrupfen. Von ihrem Haarnetz. Sie trug es dort unten im Dunkel weiter, nur hatte es jetzt ein Loch, aus dem ein Haarbüschel ragte. Das ist in diesem Sommer bei toten Frauen der letzte Schrei, dachte ich.