Ich dachte darüber nach. Schließlich sagte ich: »Die Versuchung ist sehr groß, Sir. Das will ich nicht leugnen…«
»Ist auch nicht nötig. Ein Bankiersbüro, der Beichtstuhl eines Geistlichen - sehr wenig Unterschied. Die besten Männer dieser County haben auf diesem Stuhl gesessen, Wilf. Die allerbesten.«
»Aber ich bin nur wegen eines Kurzkredits hier - den Sie mir freundlicherweise gewährt haben -, und über diesen neuen Vorschlag muss ich erst ein bisschen nachdenken.« Dann kam mir eine neue Idee, die überraschend erfreulich war. »Und ich sollte ihn mit meinem Jungen besprechen, mit Henry … oder Hank, wie er jetzt genannt werden will. Er kommt in das Alter, in dem er einbezogen werden muss, weil er eines Tages erben wird, was jetzt mir gehört.«
»Verstanden, völlig verstanden. Aber Sie können nichts Besseres tun, glauben Sie mir.« Er stand auf und streckte mir die Hand hin. Ich stand ebenfalls auf und schüttelte sie. »Sie sind hergekommen, um einen Fisch zu kaufen, Wilf. Ich bin bereit, Ihnen eine Angelrute zu verkaufen. Ein weit besserer Deal.«
»Danke.« Und als ich die Bank verließ, dachte ich: Ich werde es mit meinem Sohn besprechen. Das war ein guter Gedanke. Ein warmer Gedanke für ein Herz, dem seit Monaten fröstelte.
Der Verstand ist ein komisches Ding, nicht wahr? Ich war in Gedanken so mit der Hypothek beschäftigt, die Mr. Stoppenhauser
Ich blieb einen Augenblick so stehen: halb in dem T, halb draußen, eine Hand am Rahmen der Windschutzscheibe, die andere unter dem Sitz, unter dem ich die Kurbel aufbewahrte. Ich wusste vermutlich, warum Henry die Schule geschwänzt und diesen Tausch vorgenommen hatte, noch bevor ich seine Mitteilung unter dem improvisierten Briefbeschwerer herauszog und den Zettel auseinanderfaltete. Auf längeren Strecken war der Lastwagen zuverlässiger. Zum Beispiel auf einer Fahrt nach Omaha.
Papa,
ich habe den Lastwagen genommen. Du weißt wahrscheinlich, wohin ich will. Lass mich in Ruhe.
Ich weiß, dass du mich von Sheriff Jones zurückholen lassen kannst, aber wenn du das tust, erzähle ich alles. Du denkst vielleicht, dass ich mir die Sache anders überlegen werde, weil ich »nur ein Kind« bin, ABER DAS TU ICH NICHT. Ohne Shan ist mir alles egal. Ich hab dich lieb, Papa, auch wenn ich nicht weiß, wieso, nachdem alles, was wir getan haben, mir nur Ehlend gebracht hat.
Dein dich liebender Sohn
Henry »Hank« James
Ich fuhr wie benommen zur Farm zurück. Ich glaube, einige Leute winkten mir unterwegs zu - sogar Sallie Cotterie, die an ihrem Straßenstrand Gemüse verkaufte, winkte mir zu, glaube ich -, und ich erwiderte ihr Winken vermutlich, aber ich habe keine Erinnerung daran. Zum ersten Mal, seit Sheriff Jones auf die Farm gekommen war und seine freundlichen, keine Antworten erfordernden Fragen gestellt und alles mit seinen kalt forschenden Augen betrachtet hatte, erschien mir der elektrische Stuhl als reale Möglichkeit - so real, dass ich beinahe die Schnallen auf der Haut spüren konnte, während die Lederriemen um meine Handgelenke und Oberarme angezogen wurden.
Ich würde geschnappt werden, ob ich nun den Mund hielt oder nicht. Das erschien mir unvermeidlich. Er hatte kein Geld, nicht mal sechs Dollar, um den Lastwagen vollzutanken, also würde er marschieren müssen, lange bevor er auch nur Elkhorn erreichte. Wenn es ihm glückte, irgendwo Benzin zu stehlen, würde er gefasst werden, sobald er sich dem Heim näherte, in dem sie jetzt lebte (als Gefangene, wie Henry vermutete; sein unreifer Verstand war nie auf den Gedanken gekommen, sie könnte dort freiwillig zu Gast sein). Bestimmt hatte Harlan der Leiterin - Schwester Camilla - Henrys Personenbeschreibung gegeben. Selbst wenn er die Möglichkeit, der empörte Liebhaber könnte aufkreuzen, wo seine Geliebte hinter Schloss und Riegel saß, nie in Betracht gezogen hatte, würde Schwester Camilla daran gedacht haben. In ihrer Tätigkeit hatte sie bestimmt schon so einige Erfahrungen mit empörten Liebhabern gesammelt.
Meine einzige Hoffnung war, dass Henry, wenn er in die Fänge der Justiz geriet, so lange schweigen würde, bis er erkannte, dass er nicht auf meine Veranlassung hin, sondern wegen seiner töricht romantischen Vorstellungen geschnappt worden war. Darauf zu hoffen, dass ein Heranwachsender
Als ich auf den Hof fuhr, schoss mir ein verrückter Gedanke durch den Kopf: den Motor laufen lassen, eine Reisetasche packen und nach Colorado weiterfahren. Diese Idee hielt nur zwei Sekunden lang vor. Ich hatte zwar Geld - nämlich 75 Dollar -, aber der T würde liegenbleiben, lange bevor ich bei Julesburg die Staatsgrenze erreichte. Aber das war nicht das Entscheidende; wäre es das gewesen, hätte ich nach Lincoln fahren und dort den T und 60 meiner Dollar gegen einen zuverlässigeren Wagen eintauschen können. Nein, entscheidend war die Farm. Die Heimstätte. Meine Heimstätte. Ich hatte meine Frau ermordet, um sie zu behalten, und würde sie jetzt nicht verlassen, nur weil mein törichter, unreifer Komplize es sich in den Kopf gesetzt hatte, zu einem romantischen Ritterzug aufzubrechen. Wenn ich die Farm verließ, würde es nicht in Richtung Colorado, sondern ins Staatsgefängnis gehen. Wo man mich in Ketten halten würde.
Das Ganze war am Montag vorgefallen. Weder am Dienstag noch am Mittwoch gab es Neuigkeiten. Sheriff Jones kam nicht, um mir mitzuteilen, Henry sei auf dem Highway von Lincoln nach Omaha als Anhalter aufgegriffen worden, und Harl Cotterie kam nicht, um mir (zweifellos mit puritanischer Befriedigung) zu erzählen, die Polizei in Omaha habe Henry auf Schwester Camillas Ersuchen verhaftet und er sitze jetzt im Knast und erzähle wilde Geschichten von Messern und Brunnen und Rupfensäcken. Auf der Farm blieb alles ruhig. Ich arbeitete im Garten, ich reparierte einen Zaun, ich lud Scheffelkörbe mit Gemüse auf einen Hänger, den der T ziehen konnte, ich molk die Kühe, ich fütterte die Hühner - und tat alles wie benommen. Irgendwie glaubte ich, ziemlich fest sogar, dass alles
Am Donnerstag kam dann Mrs. McReady - die liebenswerte, füllige Witwe, die an der Hemingford School allgemeinbildende Fächer unterrichtete - mit ihrem eigenen Model T vorbei, um zu fragen, ob mit Henry alles in Ordnung sei. »In der Schule macht eine … eine Magenverstimmung die Runde«, sagte sie. »Ich frage mich, ob er sich wohl vielleicht angesteckt hat. Er ist ganz plötzlich hinausgestürmt.«
»Er leidet tatsächlich«, sagte ich, »aber er ist liebeskrank statt magenkrank. Er ist weggelaufen, Mrs. McReady.«
Unerwartete Tränen, brennend und heiß, stiegen mir in die Augen. Ich zog mein Taschentuch aus der Brusttasche meiner Latzhose, aber ein paar liefen mir übers Gesicht, bevor ich sie wegwischen konnte.
Als ich wieder klar sehen konnte, erkannte ich, dass Mrs. McReady, die es mit allen Kindern - auch den schwierigen - gut meinte, selbst den Tränen nahe war. Sie musste geahnt haben, worunter Henry wirklich litt.
»Keine Angst, er kommt wieder, Mr. James. Ich habe so was schon mehrfach erlebt und rechne damit, es noch ein-, zweimal zu erleben, bevor ich pensioniert werde, obwohl dieser Zeitpunkt nicht mehr so fern ist, wie er früher war.« Sie senkte die Stimme, als befürchtete sie, George der Gockel oder jemand in seinem gefiederten Harem könnte ein Spion sein. »In Acht nehmen sollten Sie sich vor ihrem Vater. Er ist ein harter, unbeugsamer Mensch. Kein schlechter Mensch, aber hart.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Und ich vermute mal, dass Sie wissen, wo seine Tochter jetzt ist.«