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Haarnetz!

Den Lexikonband brachte ich der alten Dame, die um ihn gebeten hatte (sie trug eine Hermelinstola, deren schwarze

Eben hat mich eine von ihnen in den Knöchel gezwickt. Als wollte sie sagen: Mach schon, deine Zeit ist fast abgelaufen. An meiner Socke ist ein kleiner Blutfleck zu sehen. Er stört mich nicht, nicht im Geringsten. Ich habe in meiner Zeit mehr Blut gesehen; im Jahr 1922 war ein ganzes Zimmer voll davon.

Und jetzt glaube ich zu hören … ist das nur meine Einbildung?

Nein.

Jemand ist zu Besuch gekommen.

Ich habe das Rohr verstopft, aber die Ratten sind trotzdem entkommen. Ich habe den Brunnen zugeschüttet, aber auch sie hat einen Weg nach draußen gefunden. Und diesmal glaube ich nicht, dass sie allein sein wird. Ich glaube, ich höre zwei Paar Füße schlurfen, nicht nur eines. Oder …

Drei? Sind es drei? Ist auch das Mädchen, das in einer besseren Welt meine Schwiegertochter geworden wäre, mit dabei?

Ich glaube schon. Drei Leichname, die den Flur entlangschlurfen, ihre Gesichter (was davon übrig ist) durch Rattenbisse entstellt. Arlette außerdem mit verschobener unterer Gesichtshälfte … durch den Tritt einer verendenden Kuh.

Ein weiterer Biss in den Knöchel.

Und noch einer!

Wie die Direktion sich …

Aua! Wieder einer. Aber sie sollen mich nicht bekommen. Auch meine Besucher nicht, obwohl ich sehen kann,

geschlacht

Die Pistole

Gott, wo ist die

aufhören

O SIE SOLLEN AUHÖREN, MICH ZU BEI

BIBLIOTHEKAR VERÜBT SELBSTMORD IN HIESIGEM HOTEL

Bizarre Szene empfängt Sicherheitsmann

Die Leiche von Wilfried Leland James, einem Bibliothekar der öffentlichen Stadtbücherei Omaha, wurde am Sonntag in einem hiesigen Hotel aufgefunden, nachdem das Personal erfolglos versucht hatte, Verbindung mit ihm aufzunehmen. Der Gast in einem benachbarten Zimmer hatte über einen Geruch wie von »verfaultem Fleisch« geklagt, und ein Zimmermädchen hatte gemeldet, es habe am späten Freitagmittag »gedämpftes Schreien oder Weinen wie von einem Mann, der starke Schmerzen leidet«, gehört.

Als nach mehrmaligem Klopfen keine Antwort kam, benutzte der Chef des Sicherheitsdiensts des Hotels seinen Generalschlüssel und entdeckte den am Schreibtisch in seinem Zimmer zusammengesackten Mr. James. »Ich habe eine Pistole gesehen und angenommen, er habe sich erschossen«, sagte der Sicherheitsmann, »aber niemand hatte einen Schuss gemeldet, und es roch nicht nach Pulverdampf. Als ich die Waffe überprüft habe, hat sie sich als kaum funktionsfähige Kaliber.25 erwiesen, die noch dazu ungeladen war.

Inzwischen war mir natürlich das viele Blut aufgefallen. Ich hatte nie etwas Vergleichbares gesehen und möchte es nicht noch mal sehen. Er hatte sich überall gebissen - in Arme, Beine, Knöchel, sogar in die Zehen. Und das war noch nicht alles. Er war offenbar damit beschäftigt gewesen, irgendetwas niederzuschreiben, aber dann hat er auch das Papier zerkaut. Es war über den ganzen Fußboden verteilt. Es hat wie Papier ausgesehen, das Ratten zerkauen, um damit ihre Nester auszupolstern. Zuletzt hat er sich die Pulsadern aufgebissen. Ich glaube, dass er daran verblutet ist. Jedenfalls kann er nicht mehr ganz richtig im Kopf gewesen sein.«

Über Mr. James ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur wenig bekannt. Ronald Quarles, Leiter der öffentlichen Stadtbücherei Omaha, hat Mr. James Ende 1926 eingestellt. »Er war offenbar vom Pech verfolgt und durch den Verlust einer Hand behindert, aber er besaß ein gutes Bücherwissen und hatte erstklassige Referenzen«, sagte Quarles. »Er war kollegial, aber distanziert. Meines Wissens hat er in einer Fabrik gearbeitet, bevor er sich bei uns beworben hat, und er hat Leuten erzählt, bevor er die Hand verloren habe, habe ihm eine kleine Farm in der Hemingford County gehört.«

Der World-Herald nimmt Anteil am Schicksal des unglücklichen Mr. James und bittet um Informationen von Lesern, die ihn vielleicht gekannt haben. Bis die Angehörigen nähere Anordnungen treffen, liegt der Tote im Leichenhaus der Omaha County. »Sollten sich keine Angehörigen melden«, sagte Dr. Tattersall, ärztlicher Direktor des Leichenhauses, »dürfte er wohl in einem Gemeindegrab beigesetzt werden.«

Aus dem Omaha World-Herald, 14. April 1930

BIG DRIVER

 1

Tess akzeptierte jährlich zwölf Vorträge gegen Honorar, wenn sie sie bekommen konnte. Bei zwölfhundert Dollar pro Auftritt kamen so über vierzehntausend Dollar zusammen. Das war ihr Pensionsfonds. Auch nach zehn Büchern war sie mit dem Strickclub Willow Grove durchaus noch zufrieden, aber sie bildete sich nicht etwa ein, über ihn schreiben zu können, bis sie in den Siebzigern war. Was würde sie auf dem Boden des Fasses finden, wenn sie das tat? Der Strickclub Willow Grove fährt nach Terre Haute oder Der Strickclub Willow Grove besucht die Internationale Raumstation? Nein. Nicht mal wenn die Literaturzirkel für Frauen, die ihre Hauptstütze waren, sie lasen (was sie vermutlich tun würden). Nein.

Also war sie ein braves kleines Eichhörnchen, das vom Ertrag seiner Bücher gut lebte … aber auch Bucheckern für den Winter sammelte. Im vergangenen Jahrzehnt hatte sie jedes Jahr zwischen zwölf- und sechzehntausend Dollar in ihren Geldmarktfonds eingezahlt. Wegen der Kursschwankungen an der Börse war die Gesamtsumme nicht so hoch, wie sie sich gewünscht hätte, aber sie sagte sich, wenn sie weiterschuftete, werde sie vermutlich zurechtkommen; sie war die kleine Lokomotive, die es schaffen konnte. Und sie trat mindestens dreimal im Jahr gratis auf, um ihr Gewissen zu beschwichtigen. Diese oft lästige innere Stimme hätte ihr nicht zusetzen dürfen, nur weil sie für ehrliche Arbeit ehrliches Geld nahm, aber das tat sie manchmal. Wahrscheinlich

Außer einem Mindesthonorar von zwölfhundert Dollar musste eine weitere Bedingung erfüllt sein: Sie musste den Ort der Lesung mit dem Auto erreichen können, ohne auf der Hin- und Rückfahrt mehr als einmal übernachten zu müssen. Das bedeutete, dass sie selten südlicher als Richmond oder westlicher als Cleveland auftrat. Eine Nacht in einem Motel war ermüdend, aber hinnehmbar; nach zweien war sie eine Woche lang zu nichts zu gebrauchen. Und Fritzy, ihr Kater, hasste es, allein zu Hause zu sein. Das machte er ihr klar, indem er sich auf der Treppe zwischen ihre Füße schlängelte und auf ihrem Schoß sitzend häufig wahllos seine Krallen gebrauchte, wenn sie wieder heimkam. Und obwohl Patsy McClain von nebenan ihn bereitwillig fütterte, fraß er nie viel, bis Tess wieder zu Hause war.

Es lag nicht daran, dass sie Flugangst hatte oder es ihr widerstrebte, den Organisationen, die sie engagierten, ihre Reisekosten in Rechnung zu stellen, genau wie sie ihnen ihre Motelzimmer berechnete (stets nett, nie elegant). Sie hasste nur alles: das Gedränge, die Demütigung, ihre Schuhe ausziehen und die Taschen ausleeren zu müssen, die Art, wie die Airlines heute für alles kassierten, was früher umsonst gewesen war, die Verspätungen … und die unentrinnbare Tatsache, dass man anderen ausgeliefert war. Sobald man die endlosen Sicherheitskontrollen passiert hatte und an Bord gehen durfte, musste man seinen kostbarsten Besitz - sein Leben - in die Hände fremder Leute legen.

Natürlich traf das auch auf die Turnpikes und Interstates zu, die sie fast ausschließlich benutzte: Ein Betrunkener konnte ins Schleudern geraten, über die Mittelleitplanke fliegen und ihr Leben durch einen Frontalzusammenstoß beenden (während er überleben würde; das taten die Betrunkenen Illusion, alles unter Kontrolle zu haben. Und sie fuhr gern Auto. Das war beruhigend. Ihre besten Ideen hatte sie, wenn sie mit Tempomat und ausgeschaltetem Radio fuhr.