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Nicht dass irgendwas schiefgegangen wäre, ganz im Gegenteil. Sie bezweifelte, dass die Sache besser hätte klappen können, wenn sie die Ermordung ihres Mannes monatelang geplant hätte. Hätte sie das getan, hätte sie wahrscheinlich alles vermasselt, indem sie das Ganze zu kompliziert geplant hätte. Im Gegensatz zu Bob war Planung nicht ihre Stärke.

Es hatte keine Autopsie, keine bohrenden Fragen gegeben. Ihre Story war unkompliziert, glaubhaft und beinahe ja auch wahr. Ihr wichtigstes Plus war das felsenfeste Fundament, auf dem sie ruhte: Sie hatten fast drei Jahrzehnte lang eine gute Ehe geführt, die nie durch ernsthafte Auseinandersetzungen getrübt worden war. Was gab es da eigentlich noch zu fragen?

Der Geistliche bat die Angehörigen vorzutreten. Das taten sie.

»Ruhe in Frieden, Paps«, sagte Donnie und warf einen Klumpen Erde ins Grab. Der Brocken landete auf dem glänzend polierten Sargdeckel. Darcy fand, dass er wie ein Hundehäufchen aussah.

»Daddy, du fehlst mir so sehr«, sagte Petra und warf ihrerseits eine Handvoll Erde auf den Sarg.

Darcy kam als Letzte dran. Sie bückte sich, nahm eine lose Handvoll in ihren schwarzen Handschuh und ließ sie aus den Fingern rieseln. Sie sagte nichts.

Der Geistliche rief zu einem kurzen stillen Gebet auf. Die Trauergäste senkten den Kopf. Der Wind ließ die Äste der Friedhofsbäume knarren. In nicht allzu weiter Entfernung brauste der Verkehr auf der I-295. Darcy dachte: Gott, wenn es dich gibt, lass dies das Ende sein.

19

Das war es nicht.

Ungefähr sieben Wochen nach der Beerdigung - inzwischen hatte das neue Jahr begonnen, und das Wetter war blau und hart und kalt - wurde an der Tür des Hauses in der Sugar Mill Lane geklingelt. Als Darcy aufmachte, stand draußen ein älterer Gentleman, der zu einem schwarzen Mantel einen roten Schal trug. Mit behandschuhten Händen hielt er einen altmodischen Homburg vor sich. Das Gesicht war von tiefen Falten durchzogen (auch von Schmerzfalten, dachte Darcy), und was er noch an grauem Haar hatte, war zu flaumigen Stoppeln geschoren worden.

»Ja?«, sagte sie.

Er fummelte in der Manteltasche herum und ließ dabei seinen Hut fallen. Darcy bückte sich und hob ihn

»Holt Ramsey«, sagte er in einem Ton, als wollte er sich dafür entschuldigen. »Von der Generalstaatsanwaltschaft. Tut mir schrecklich leid, Sie belästigen zu müssen, Mrs. Anderson. Darf ich reinkommen? In Ihrem Kleid erfrieren Sie sonst noch hier draußen.«

»Bitte«, sagte sie und trat zur Seite.

Während sie beobachtete, dass er leicht hinkte und die rechte Hand unbewusst an die rechte Hüfte legte - als wollte er sie zusammenhalten -, erschien vor ihrem inneren Auge ein deutliches Bild: Bob, der neben ihr auf der Bettkante saß und ihre kalten Finger in seinen warmen gefangen hielt. Bob, der redete. Der sogar hämisch prahlte. Sie sollen Beadie für dumm halten, und genau das tun sie, weil sie dumm sind. Ich bin nur ein einziges Mal als Zeuge vernommen worden - ungefähr zwei Wochen nachdem BD Stacey Moore umgebracht hat. Von einem alten Kerl mit einem Hinkebein, halb pensioniert. Und hier war dieser alte Kerl nun und stand kein halbes Dutzend Schritte von der Stelle entfernt, an der Bob gestorben war. An der sie ihn umgebracht hatte. Ramsey sah krank aus und schien Schmerzen zu haben, aber seine Augen waren scharf. Sie bewegten sich flink von links nach rechts und wieder zurück, bevor sie wieder ihr Gesicht fixierten.

Sei vorsichtig, ermahnte sie sich. Nimm dich vor diesem Mann sehr in Acht, Darcellen.

»Was kann ich für Sie tun, Mr. Ramsey?«

»Nun, ich könnte - wenn das nicht zu viel verlangt ist - bestimmt eine Tasse Kaffee brauchen. Ich bin ganz ausgekühlt. Bei meinem Dienstwagen funktioniert die Heizung

»Durchaus nicht. Aber ich denke gerade … könnte ich Ihren Dienstausweis noch mal sehen?«

Er überließ ihr bereitwillig die Lederhülle und hängte den Hut an den Garderobenständer, während sie den Ausweis studierte.

»Dieser Stempel ›a. D.‹ unter dem Dienstsiegel - bedeutet der, dass Sie pensioniert sind?«

»Ja und nein.« Seine Lippen teilten sich und ließen Zähne sehen, die viel zu gleichmäßig waren, um etwas anderes als ein Gebiss zu sein. »Mit achtundsechzig musste ich in den Ruhestand gehen, wenigstens offiziell, aber ich habe mein ganzes Leben lang in der State Police oder beim GSA gearbeitet - beim Generalstaatsanwalt, wissen Sie - und bin nun sozusagen ein altes Feuerwehrpferd, das einen Ehrenplatz im Stall hat. Eine Art Maskottchen, wissen Sie.«

Ich glaube, dass du weit mehr bist.

»Darf ich Ihren den Mantel abnehmen?«

»Nein danke, den behalte ich lieber an. So lange bleibe ich nicht. Wenn es draußen schneien würde, dann würde ich ihn natürlich aufhängen, damit er Ihnen nicht den Boden volltropft, aber das tut es ja nicht. Es ist nur verflixt kalt, wissen Sie. Zu kalt für Schnee, hätte mein Vater gesagt, und in meinem Alter spüre ich die Kälte viel mehr als vor fünfzig Jahren. Oder selbst vor fünfundzwanzig.«

Während sie in die Küche vorausging - langsam, damit Ramsey Schritt halten konnte -, fragte sie ihn, wie alt er sei.

»Im Mai achtundsiebzig.« Er sagte das hörbar stolz. »Wenn ich es erlebe. Das füge ich immer an, damit es Glück bringt. Bisher hat es funktioniert. Was für eine hübsche Küche Sie haben, Mrs. Anderson - einen Platz für alles, und alles

Seine blinzelnden Augen - jung und alert in von Schmerzfalten umgebenen Höhlen - musterten ihr Gesicht.

Er weiß es. Ich weiß nicht, woher, aber er weiß es.

Sie überzeugte sich davon, dass in der Maschine Kaffee war, und schaltete das Gerät ein. Als sie Tassen aus dem Schrank nahm, fragte sie: »Wie kann ich Ihnen heute behilflich sein, Mr. Ramsey? Oder sollte ich Detective Ramsey sagen?«

Er lachte, aber das Lachen ging in ein Husten über. »Oh, mich hat schon ewig kein Mensch mehr Detective genannt. Ramsey können Sie auch auslassen; wenn Sie gleich zu Holt übergehen, ist es mir am liebsten. Und eigentlich wollte ich mit Ihrem Mann reden, wissen Sie, aber er ist natürlich dahingegangen - nochmals mein Beileid -, also kommt das nicht mehr infrage. Tja, das kommt gar nicht mehr infrage.« Er schüttelte den Kopf und setzte sich auf einen der Hocker, die um den Hackklotz-Tisch standen. Sein Mantel raschelte. Irgendwo in seinem hageren Körper knarrte ein Gelenk. »Aber ich will Ihnen was erzählen: Ein alter Mann, der in einem möblierten Zimmer wohnt - was ich tue, auch wenn es ganz hübsch ist -, langweilt sich manchmal, wenn er nur den Fernseher als Gesellschaft hat, und deshalb habe ich mir gedacht, hol’s der Teufel, fahr einfach nach Yarmouth und stell deine paar kleinen Fragen trotzdem. Sie wird nicht viele davon beantworten können, habe ich mir gesagt, vielleicht überhaupt keine, aber wozu nicht trotzdem hinfahren? Du musst mal wieder raus, bevor du hier Rost ansetzt, habe ich mir gesagt.«

»An einem Tag, für den höchstens minus zwanzig Grad vorausgesagt sind«, sagte sie. »In einem Dienstwagen mit defekter Heizung.«

»Jaja, aber ich habe meine Thermounterwäsche an«, sagte er bescheiden.

»Haben Sie kein eigenes Auto, Mr. Ramsey?«

»Doch, doch«, sagte er, als wäre ihm das erst jetzt eingefallen. »Kommen Sie, setzen Sie sich, Mrs. Anderson. Ich bin zu alt, um zu beißen.«