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»Ich werde es versuchen.«

»Ich danke Ihnen. So viele große Dinge werden heutzutage bei uns erreicht. Aber Sie von der anderen Seite wissen nichts davon. Wenn Ihre Leute mehr davon wüßten, würden sie schneller zu uns kommen.«

Martino sagte nichts darauf. Eine peinliche Minute verstrich. Dann sagte Doktor Kothu: »Wir müssen sehen, daß wir Sie nun fertig bekommen. Dazu fehlt uns noch eine Kleinigkeit.« Er lächelte wieder wie zuvor. »Der Arm, wissen Sie. Ich rufe jetzt die Schwester, damit sie Sie zurecht macht. Wir sehen uns im Operationssaal wieder. Wenn das vorbei ist, sind Sie so gut wie neu.«

»Danke vielmals, Doktor.«

Als Kothu den Raum verlassen hatte, traten zwei Krankenschwestern herein. Ihre weißen Kittel waren frisch gestärkt und ihre dunklen Haare bis auf einen kleinen Rand unter einer weiten Haube versteckt. Ihre Gesichter waren ohne Ausdruck. Sie preßten ihre Lippen zusammen, wie sie es in der Krankenschule gelernt hatten, und es war unmöglich, auch nur die geringste Spur von Puder oder Lippenstift zu entdecken.

Die beiden Frauen, deren Alter unmöglich zu schätzen war, zogen Martino aus, wuschen ihn und betteten ihn auf eine fahrbare Liege. Sie arbeiteten, ohne ein Wort zu sprechen. Martino glaubte, ihnen ansehen zu können, daß sie diese Arbeit gleichermaßen richtig und flüssig hätten erledigen können, wenn sie die Augen geschlossen hielten.

* * *

Azarin schritt über den Flur auf Martinos Zimmer zu. Neben ihm lief Kothu.

»Ja, Herr Oberst, wie ich schon sagte, er ist noch nicht sehr stark, aber das wird er, sobald er genügend Genesungsruhe hat. Die Operationen waren alle ein großer Erfolg.«

»Kann er längere Zeit sprechen?«

»Vielleicht nicht heute. Es hängt vom Thema ab. Eine zu große Belastung wäre nicht gut für ihn.«

»Das hängt fast ausschließlich von ihm ab. Ist er hier drin?«

»Ja, Herr Oberst.« Der kleine Doktor öffnete die Tür, und Azarin marschierte in das Zimmer.

Er blieb stehen, als habe ihm jemand einen Dolch in den Magen getrieben und starrte auf das teuflische Ding in dem Bett vor ihm.

Martino sah ihn aus seiner schmalen, dunklen Augenhöhle an. Sein gesunder Arm war unter der Decke, der künstliche lag quer über das weiße Bettzeug und sah aus wie der Greifapparat eines Wesens vom Mond. Martino sagte nichts. Er lag unbeweglich, mit starr auf die Tür gerichtetem Blick in seinem Bett.

Azarin schaute zu Kothu: »Sie haben mir nicht gesagt, daß er so aussieht.«

Kothu stand da wie vom Blitz getroffen. »Aber doch, Herr Oberst. Ich habe Ihnen alles ganz genau beschrieben und gesagt, daß alle diese Wunderwerke der Technik tadellos funktionieren. Ich gebe zu, sein Kopf ist nicht gerade reif für einen der alliierten Schönheitswettbewerbe, aber Sie haben den ganzen Aufbau genehmigt.«

»Dennoch, Sie haben mir nicht gesagt, wie er zum Schluß aussehen würde. Bitte, stellen Sie mich vor.«

»Aber selbstverständlich«, sagte Kothu nervös. Er drehte sich zu Martino herum. »Dies ist Oberst Azarin. Er kommt, um sich nach Ihrem Befinden zu erkundigen.«

Azarin zwang sich, zu dem Bett hinüberzugehen. Sein Gesicht sollte so etwas wie ein Lächeln hervorbringen, aber es wurde nur eine freundliche Grimasse. »Wie geht es Ihnen?« fragte er auf Englisch und streckte Martino seine Hand entgegen.

Der Kranke reichte Azarin seine gesunde Hand. »Es geht mir schon besser, danke.« Martinas Stimme klang unpersönlich. »Und wie geht es Ihnen?«

Azarin schüttelte seine Hand, sie fühlte sich menschlich an. »Danke. Möchten Sie sich etwas unterhalten? Bitte, Doktor Kothu, bringen Sie mir einen Stuhl.« Der Arzt holte einen Stuhl und brachte ihn zu Azarin ans Bett. »So, und nun werden Sie uns allein lassen, Doktor. Wenn ich fertig bin, werde ich Sie rufen.«

»Natürlich, Herr Oberst. Ich wünsche Ihnen einen schönen Nachmittag«, sagte er zu Martino.

»So, Herr Martino, Doktor der Wissenschaften, jetzt können wir uns ein wenig unterhalten. Bis heute habe ich darauf gewartet, daß Sie genesen. Jetzt ist es soweit. Ich hoffe, daß ich Sie nicht belästige. Aber Sie verstehen sicher, eine Menge Dinge müssen nachgeholt werden. Sie wissen ja: Berichte, Fragebogen und so weiter, nichts als Papierkram.«

»Kann ich mir denken«, sagte Martino. Azarin fand es schwierig, seine normale Stimme mit seiner abscheulichen Fratze in Einklang zu bringen. »Ich nehme an, daß meine Leute Ihre Vorgesetzten ganz nett mit meiner Freilassung belästigt haben. Und das natürlich bedeutet eine Menge Schreibarbeit.«

Azarin war nicht wenig überrascht über die Raffinesse, mit der dieses Wesen vor ihm innerhalb der ersten Minute herauszubringen gedachte, ob man sich von seiner Seite aus um ihn bemüht hatte.

»Es gibt immer Papierarbeit zu erledigen«, sagte Azarin mit einem Lächeln. »Als Sektionschef dieses Grenzabschnittes verlangt man von mir, daß ich Berichte verfasse.« So, jetzt konnte der Kranke sich denken, was er wollte. »Sind Sie hier zufrieden? Ich hoffe sehr, daß Sie es sind. Ich habe veranlaßt, daß man Ihnen die neuesten medizinischen Erkenntnisse zugute kommen läßt.«

»Meinen verbindlichsten Dank, Herr Oberst.«

»Ich bin überzeugt, daß Sie als Wissenschaftler von dem Resultat Ihrer Behandlung noch tiefer beeindruckt sein werden als ich, der ich nur ein einfacher Soldat bin.«

»Mein Gebiet ist die Elektronentechnik, nicht die Servomechanik.«

Damit hat er sich verraten, dachte Azarin, und jetzt sind wir gleich. Gleich? Nein. Martino hatte noch keine Anzeichen gegeben, daß er wirklich entgegenkommend war. Aber schließlich waren diese Aufwärm-Gespräche nie sehr produktiv. Sie bestimmten lediglich, in welchem Ton und auf welche Art die weiteren Unterhaltungen verlaufen würden. Jetzt mußte Azarin sich entscheiden, welche Taktik er gegen Martino anzuwenden hatte.

Aber wie war etwas herauszubekommen, wenn dieser Mann niemals seine Gefühle zum Ausdruck bringen konnte? Sein Gesicht war kein Gesicht, es war eine Metallmaske ohne Bewegung. Azarin sah finster drein. Er sah Schwierigkeiten voraus, aber tief im Inneren war er überzeugt, daß er gewinnen würde, daß er diesem Untier seine Geheimnisse entreißen würde.

Azarin sah auf sein Opfer. Wie lange würde er es noch in seiner Hand haben? Sechs Wochen hatte man schon die Alliierten hingehalten. Ob er es noch schaffen würde? Er zweifelte. »Sagen Sie mir, Doktor Martino, verwundert es Sie nicht, daß Sie in einem unserer Krankenhäuser sind? Und wie, glauben Sie, ist das gekommen?«

»Ich nehme an, daß Ihre Leute schneller waren als die unsrigen.«

Azarin war es jetzt ganz klar, daß dieser Mann ihm keine Ansatzpunkte geben würde. Wenigstens nicht freiwillig. »Ja.« Er grinste aus seinem breiten Gesicht, »aber glauben Sie nicht, daß die Alliierten größere Sicherheitsanstrengungen hätten machen sollen?«

»Ich fürchte, ich habe mir nie sehr viel Gedanken darüber gemacht.«

Der Mann wollte also nicht sagen, ob die Explosion des K-88 eine ganz normale Explosion war, oder etwas anderes.

»Und worüber haben Sie sich Gedanken gemacht?«

Die Gestalt im Bett schien die Schultern hochzuziehen. »Eigentlich über nichts Besonderes. Ich warte nur darauf, daß man mich hier herausläßt. Ich bin immerhin schon eine geraume Zeit hier und kann mir nicht denken, daß Sie mich noch länger halten wollen.«

Jetzt versuchte das Wesen sogar, ihn, Azarin, bewußt zu ärgern. Er wußte selber gut genug, wieviel Zeit schon vergangen war. »Mein lieber Doktor, fast sind Sie es allein, der darüber entscheidet, wann Sie gehen wollen.«

»Ganz recht — fast!«

Er wußte also, wie die Dinge standen und war bereit, den Kampf zu beginnen. Schade, daß er kein Gesicht hatte, in dem nach einiger Zeit dampfender Angstschweiß ausbrechen würde.